Mülheim. .

Die Mintarder lieben ihren Stadtteil. Beim Spaziergang über Sachsensiedlung und Bauordenweg sagt Peter Loef es aus vollem Herzen: „Es ist schön, hier zu wohnen.“ Auch Claudia Weiß nennt es „ein schönes Fleckchen Erde“, doch das kostet die Mutter einer einjährigen Tochter richtig Nerven. Hätte sie es vorher gewusst, möglicherweise wäre sie nie „in dieses Niemandsland zwischen den drei Städten“ gezogen. Denn einen Kindergartenplatz zu finden, kann für Mintarder Eltern zur kraftraubenden Angelegenheit werden.

Viele fühlen sich zwischen Mülheim, Essen und Ratingen herumgeschubst und alleingelassen. Die Bürgergemeinschaft „Wir in Mintard“ (WIM) und die Mülheimer Grünen wollen das Thema nun auf Initiative von Peter Loef, der in beidem aktiv ist, im Stadtrat auf die Tagesordnung bringen.

Mintarder sind chancenlos

Die Situation in Mintard ist für Außenstehende nicht leicht zu verstehen, aber Peter Loef kann sie als „eingeborener Mitarder“ aufdröseln: Ein Grund für das Problem ist die Fusion der katholischen Gemeinden Mintard und Kettwig. Damit, sagt das WIM-Mitglied, schwand nicht nur ein wichtiger Mittelpunkt des Dorfs, auch der Gemeinde-Kindergarten mitten in der Siedlung wurde vor etwa vier Jahren geschlossen.

Seitdem sind die Mintarder Katholiken Teil der Kettwiger Gemeinde und dort ist auch der Kindergarten. Evangelische Mintarder gehören – ebenso wie die meisten Selbecker – derweil gemeindemäßig zu Linnep in Ratingen-Breitscheid. Konfessionsunabhängig sind sie alle Mülheimer und da ist die nächste Kita in Saarn. Viele Möglichkeiten, möchte man meinen, doch letztlich sind Mintarder meistens überall chancenlos. In den Nachbarstädten ist die Finanzierung der Grund, in Saarn schlicht die große Nachfrage.

Janine Foggiato hat es erlebt, als sie Plätze für ihre Zwillinge suchte. 17 Kindergärten in Mülheim, Essen und Ratingen hat sie besucht – 16 Mal erfolglos. Dass in Kettwig und Linnep zuerst „eigene Kinder“ berücksichtigt werden, erfuhr sie da etwa. Und dass in Saarn die Nachfrage so groß sei, dass man zuerst „Kinder aus der Nachbarschaft“ aufnimmt. Im Betreuungsbüro der Stadt, berichtet die Mutter, gab man ihr die Auskunft, dass ihr zwar ein Kindergartenplatz in Mülheim zustehe – dass damit aber die gesamte Stadt gemeint sei und eben nicht nur das nahe Saarn.

Mülheim zahlt nur für Mülheimer

Der Tipp: Sie solle es mal in Styrum versuchen. Doch das kam für sie nicht in Frage: „Es ist logistisch überhaupt nicht möglich, die Kinder viermal am Tag nach Styrum zu fahren. Es ist ja jetzt schon ein Problem, dass die Kinder ihre Freunde in Breitscheid haben.“ Denn dort wurden die Vierjährigen vor einem Jahr aufgenommen – allerdings zu einem rund 60 Euro höheren Beitrag als Ratinger ihn bezahlen.

Denn Einrichtungen, die Kinder aus anderen Städten aufnehmen, werden laut Peter Loef von den Kommunen nicht finanziell unterstützt. Mülheim zahlt nur für Mülheimer, die in Mülheim einen Kindergarten besuchen. Gehen sie nach Kettwig, bekommen die Essener nichts. „Und in Ratingen ist das dritte Kindergartenjahr frei“, sagt Loef, „da nehmen die doch keine Mülheimer Kinder auf.“ Janine Foggiato berichtet von Eltern, die sich haben umgemeinden lassen, um in Saarn einen Kindergartenplatz zu bekommen. Sie selbst nimmt die höheren Gebühren in Kauf.

Interkommunale Lösung finden

All diese Aspekte wollen WIM und Grüne von der Politik im Rat diskutiert wissen. Wolfgang Budde, zweiter WIM-Vorsitzender, wünscht sich, dass sich die Städte einigen und eine interkommunale Lösung finden. So weit geht Peter Loef (noch) nicht. Erst einmal fordert ein Antrag der Grünen von der Verwaltung einen Sachstandsbericht sowie Lösungsvorschläge. Doch dass das Problem angegangen werden muss, steht für alle Mintarder außer Frage, denn in den nächsten Jahren – so die WIM-Prognose – wird es sich verschärfen. Viele junge Familien seien in den vergangenen Jahren in den Stadtteil gezogen, berichtet Loef. An zwei Stellen entstehen zudem aktuell Einfamilienhäuser. Von „rund 20 Kindern“, die momentan betroffen sind, spricht Loef, aber: „Es werden mehr werden.“

Beleg dafür ist Janine Foggiato. Ihr drittes Kind ist unterwegs, und sie denkt schon jetzt mit Schrecken an die Kindergartensuche. Ihren ursprünglichen Wunsch, nicht noch einmal drei Jahre zu Hause zu bleiben, wird sie sich wohl nicht erfüllen können. Denn bei der beschriebenen Suche nach einem Kita-Platz geht es nicht einmal um U3-Betreuung. „Da“, sagt Janine Foggiato, „haben wir gar keine Chance.“