Mülheim. .
Schluss mit dem blauen Dunst! In ihrer ersten Sitzung hat die rot-grüne Landesregierung das umstrittene Nichtraucherschutzgesetz auf den Weg gebracht. Es sieht vor, das Qualmen in der Gastronomie lückenlos zu verbieten. Mit Ausnahmen für Raucherclubs oder Festzelte soll dann Schluss sein. Sonst drohen saftige Bußgelder. Der Gesetzentwurf soll nach dem Willen von Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) bereits zum Jahresanfang 2013 in Kraft treten. In Mülheim stößt der Plan auf ein geteiltes Echo.
"Das ist Überregulierung"
Der Verbandssprecher. „Das ist Überregulierung“, ärgert sich Jörg Thon über die Gesetzesnovelle. Der Vorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Kreisverein Mülheim, hält nichts vom strikten Rauchverbot: „Im Rahmen der Selbstbestimmung sollte jeder selbst entscheiden, ob er raucht oder nicht und ob er eine Gaststätte besucht, in der geraucht wird oder nicht.“ Das Gesetz in seiner bisherigen Form habe doch „sehr gut geklappt“.
Viele Gastronomen hätten tief in die Tasche gegriffen, um extra (Nicht-)Raucherräume zu schaffen und so die gesetzlichen Richtlinien zu befolgen. Dass diese Investitionen aus Sicht der Wirte nun verpuffen, „ist nicht in Ordnung“, findet der Verbandssprecher. Umsatzeinbußen seien vor allem für Eckkneipen, in denen bisher noch munter beim Bier gequalmt werden durfte, zu befürchten – bis hin zum Personalabbau und zu drohender Pleite. „Die Kneipenkultur würde dadurch stark eingeschränkt.“
"Für Vereine und Institutionen ist es bitter"
Der Veranstalter. Grundsätzlich, so betont Heiner Jansen vom Groß-Mülheimer Karneval, begrüße er das Rauchverbot. Er selbst sei Nichtraucher. Aber: „Für die Vereine und Institutionen ist es bitter.“ Auch für die Karnevalsvereine. „Viele Besucher rauchen und sind froh, dass sie nicht ‘raus müssen“, weiß Jansen. Schließlich ist die fünfte Jahreszeit auch nicht die wärmste. Müssen die Raucher in Zukunft vor die Tür, „werden weniger zu den Veranstaltungen kommen“, fürchtet er. Mit Folgen für das Brauchtum: „Wir brauchen ja ausverkaufte Hallen, glücklich ist das nicht.“
"Man muss die Nichtraucher schützen"
Der Mediziner: Dass Rauchen ungesund ist, sagt Hausarzt Uwe Brock, müsse er wohl nicht erklären. „Passivraucher rauchen auch“, bringt er das Problem auf den Punkt. Und es sei – wenn auch wissenschaftlich nicht bewiesen – davon auszugehen, dass das Passivrauchen genauso schädlich ist wie das Rauchen. „Deshalb muss man die Nichtraucher schützen“, folgert der Vorsitzende der Ärztekammer NRW, Kreisstelle Mülheim. Er unterstützt die Pläne der Ministerin: „Ich halte es für konsequent zu sagen, dass es keine Ausnahmen geben soll – weil die medizinisch keinen Sinn machen.“
"50 Prozent und mehr Gästeeinbußen"
Der Wirt. „Was kommt als nächstes?“ Das fragt sich Claus Kandelhardt. Er ist Wirt im „Rauchfang“, in diesem Jahr feiert die kleine Eckkneipe ihr 60-jähriges Bestehen. Nun keimen Existenzängste auf: „Das Nichtraucherschutzgesetz bedeutet für die Einraumkneipen 50 Prozent und mehr Gästeeinbußen“, sagt er. Vor zwei Jahren erst hätten er und Inhaberin Petra Glass rund 3000 Euro in eine Abgasanlage investiert, die den Rauch nach draußen leitet. „Wer bezahlt mir diese Investition?“, fragt er sich nun. Mit dem strikten Rauchverbot gehe ein Stück Kultur verloren. „Warum kann man die kleinen Eckkneipen nicht auslassen, damit der Raucher irgendwo noch in Ruhe sein Bier trinken kann?“, fragt der Wirt.
Promi-Raucher aufgepasst!