Mülheim. .
Schon so manches böse Wort mussten sich die ehrenamtlichen Landschaftswächter in den Ruhrauen anhören. Sie wurden beschimpft, beleidigt, verachtet. Der Ton hat sich nicht nur verschärft, die Situation ist eskaliert. Die Stadt hat sich nun dazu entschlossen, den Dienst der Landschaftswächter an den Ruhrauen bis auf weiteres einzustellen. Die Männer und Frauen, die im Dienste des Naturschutzes an der Ruhr unterwegs sind und auf die Einhaltung von Regeln achten, wurden massiv bedroht, so dass ihre Sicherheit derzeit nicht mehr gewährleistet werden kann.
In der kommenden Woche, kündigte Umweltamtsleiter Dr. Jürgen Zentgraf an, werde sich die Umweltbehörde mit Ordnungsamt und der Polizei zusammensetzen und das weitere Vorgehen beraten. Der jüngste traurige Höhepunkt ist die Androhung einer Gruppe gegenüber einem Landschaftswächter, dass sie ihn fesseln, an einen Baum binden und dann zusammenschlagen wollen. Welcher Landschaftswächter schreitet unter diesen Bedingungen noch ein? Auch Bedrohungen mit einem Messer soll es gegeben haben.
Grenzen werden überschritten
Die Konflikte spielen sich insbesondere in den Bereichen des Ruhrufers am sogenannten Entenschnabel und in Höhe der Betonplatte ab. Schutzzäune, die eine Verschlechterung der Natur verhindern sollen, wurden eingerissen, Gräben, die zum Schutz von Brutvögeln ausgehoben, wurden mit Steinen wieder zugeschüttet , um ans Wasser zu kommen. Das Zelten in Schutzgebieten wird schon seit längerem beklagt. Leere Alkoholflaschen und Fäkalien sind die Spuren, die zurückblieben. Und: Knallkörper explodierten in Schutzzonen.
Wer steckt dahinter? Aus der Politik, die die Sorgen zu hören bekommt, gibt es unterschiedliche Aussagen: Unter anderem ist von Anglern die Rede, die sich ihren Weg zum Ufer bahnten. Bei den Angler selbst sind die Konflikte ein Thema. Erst in den vergangenen Tagen haben sie darüber beraten, denn auch Fischereiaufseher sollen bereits bedroht worden sein.
Fischer kämpfen gegen Zerstörung der Ruhrauen
„Es gibt eine Gruppe, die sich sehr aufsässig verhält“, berichtet Hans-Jochen Keienburg von unguten Entwicklungen. Bekannt seien die Personen nicht. Keienburg ist Fischereiberater der Stadt Mülheim, Fischereiaufseher und Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Anglervereine an der Ruhr, die sich auch dem Umweltschutz verschrieben haben. „Ich kann mir nicht vorstellen“, sagt er im Gespräch mit der WAZ, „dass es sich hier um Mitglieder aus unseren Vereinen handelt.“
In so einem Fall würde man umgehend mit dem Entzug der Anglererlaubnis und mit Anzeige reagieren, betont Keienburg und fügt hinzu: Den organisierten Anglern seien die Vorgänge höchst peinlich, sie verurteilen die Zerstörungen, erst recht die Bedrohungen. „Auch wir haben ein hohes Interesse daran, dass die Leute ausfindig gemacht werden.“ In kleinen Gruppen wollen die Fischereiaufseher die Kontrollen verschärfen, allein ist auch ihnen die Situation inzwischen zu brenzlig.
Niehoff setzt auf Deeskalation
Für den Vorsitzenden des Umweltausschusses, Hubert Niehoff, spiegelt die Entwicklung auch ein gesellschaftliches Problem in den Städten wider. „Ich weiß, dass die Landschaftswächter einen schwierigen Job machen.“ Aber in Ballungsräumen, wo Mensch und Naturschutz vereint werden müssten, ließen sich manche Probleme nur schwer lösen, wenn die Natur zugleich auch Erholungszone sei. Schädigungen in Brutgebieten seien jedoch nicht hinzunehmen, Übergriffe jeglicher Art gegen Personen erst recht nicht.
Niehoff glaubt, dass man mit ordnungsdienstlichen Maßnahmen nicht weiterkommt. Er setzt auf Deeskalation, auf ein vernünftiges, ruhiges miteinander Reden. „Es müsste bei allen ankommen, dass wir auf dieses schöne Ruhrtal stolz sein können und es gemeinsam auch schützen sollten.“