Mülheim.

423 Millionen Euro bekommen oder nicht: Für Stadtkämmerer Uwe Bonan keine Frage, dass das hoch verschuldete Mülheim die Mittel aus der zweiten Stufe des Stärkungspaktes des Landes für finanzschwache Städte und Gemeinden dringend nötig hat. Als eine von 31 NRW-Kommunen hat Mülheim nun beim Land einen Antrag auf Teilhabe an der Millionen-Hilfe gestellt.

Doch die Sache hat – wie berichtet – einen Haken: Streng genommen erfüllt Mülheim trotz fünfthöchster Pro-Kopf-Verschuldung im Land nicht die Kriterien, um Ansprüche geltend machen zu können.

Das Problem: Eine Zugriffsberechtigung auf die insgesamt milliardenschwere Hilfe des Landes haben in der zweiten Stufe des Stärkungspaktes nur Kommunen, die auf Basis ihrer Haushaltsdaten von 2010 bis zum Jahr 2016 eine Überschuldung darstellen können. Überschuldung in der Bilanz tritt dann ein, wenn die Verbindlichkeiten den Wert aller städtischen Besitztümer – Gebäude, Straßen bis hin zu Aktienbesitz – übersteigen.

Kritik an Zugangsvoraussetzung für den Stärkungspakt

Diese Überschuldung kann Mülheim jedoch nicht vorrechnen. Laut Prognose des Kämmerers aus dem Vorjahr tritt sie erst 2018 ein. Bonan und Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld haben die Zugangsvoraussetzung für den Stärkungspakt mehrfach scharf kritisiert. Das Kriterium der Überschuldung tauge nicht für die Einteilung in hilfsbedürftige und nicht hilfsbedürftige Kommunen, sagen sie mit Verweis auf ein entsprechendes Gutachten des Wirtschaftswissenschaftlers Martin Junkernheinrich.

Auch der hatte dem Land empfohlen, statt der Überschuldung die Höhe der Liquiditätskredite pro Kopf als Maßstab zu nehmen. Hier wäre, wie oben genannt, Mülheim die Stadt mit der fünftgrößten Hilfebedürftigkeit.

Aufnahme in die zweite Stufe des Paktes beantragt

Mülheim fühlt sich ungerecht behandelt. So schlägt etwa ihr riesiger RWE-Aktienbestand nun überraschend negativ zu Buche. Die Stadt musste ihre RWE-Aktien, weil sie ihr Rechnungswesen früher umgestellt hat als andere Städte, mit einem unvergleichlich hohen Kurs in die Bilanz einbringen. Eigentlich gut, aber für die Teilnahme am Stärkungspakt nun fatal: Mülheim hat rein bilanziell noch zu viel Vermögen, um einen Anspruch auf Hilfen geltend zu machen.

Trotzdem hat die Stadt nun eine Aufnahme in die zweite Stufe des Paktes beantragt, es geht für sie bis zum Jahr 2021 um exakt 423,4 Mio. Euro. Um die zu bekommen, pocht der Kämmerer beim Land darauf, dass dies die Ungerechtigkeit in Sachen Aktienbesitz und Mülheims Anstrengungen bei der Haushaltssanierung anerkennt.

Insgesamt 5,85 Mrd Euro zu vergeben - Land entscheidet Ende Mai

Das Land will bis Ende Mai die umfangreichen Haushaltsunterlagen der 31 Antragsteller prüfen und über deren Teilnahme am Stärkungspakt entscheiden. Im Pakt stehen bis zum Jahr 2020 insgesamt 5,85 Milliarden Euro für Kommunen zur Verfügung, die von einer Überschuldung bedroht sind.