Mülheim.
Verspätungen, Ausfälle, Verschmutzungen, überfüllte Waggons – Fahrgäste der Mülheimer Straßenbahnen beklagen regelmäßig und seit Jahren die unterschiedlichsten Mängel. Das bereitet Frust. Gefrustet sind allerdings auch Mitarbeiter, die tagtäglich mit den unterschiedlichsten Problemen zu kämpfen haben. Die NRZ sprach mit einem Insider, der – aus verständlichen Gründen – seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
„Die Wartung der Bahnen ist unter aller Sau“, lautet seine ebenso knappe wie alarmierende Bilanz all der Schwierigkeiten, Verschlechterungen und Probleme im tagtäglichen Betrieb. Den Mitarbeitern, die nächtens die Bahnen warten, macht er allerdings keine Vorwürfe. „Wie sollen die Kollegen das denn alles schaffen? Zwei bis drei Mann sind für 25 Straßenbahnen zuständig. Rechnen Sie mal aus, wie viel Zeit da bleibt. Die Züge müssen morgens ja wieder raus. Da kann vieles nur notdürftig repariert werden.“ Die Folge: Kurze Zeit später ist derselbe Schaden wieder da.
Gang und gäbe sei es, dass ein Fahrer mit zwei, drei Mängeln an seiner Bahn losfahren müsse. „So lange nicht vier, fünf im Wagenbuch notiert sind, tut sich eh nichts.“ Eine defekte Tür etwa sei längst kein Grund, die Bahn in der Halle zu lassen. „Ginge ja auch gar nicht. Wir haben keine einzige Straßenbahn in Reserve. Uns fehlen mindestens zehn. Immerhin sollen 2014 ja fünf neue kommen. Ich bin mal gespannt.“
"Die Bahnen sind völlig veraltet"
Gespart habe man aber nicht nur am Fuhrpark, sondern auch an Personal. „Es gab mal sogenannte Streckenelektriker. Die kamen zur Endhaltestelle und reparierten, was sie vor Ort reparieren konnten. Die Stellen gibt’s nicht mehr. Wegrationalisiert.“
Ein anderes Problem sei der Fahrzeugpark: „Die Bahnen sind völlig veraltet. Da gibt’s für einige überhaupt keine Ersatzteile mehr. Unser Materiallager ist so gut wie leer.“ Ein Beispiel? „Die Platinen, die für das Öffnen und Schließen der Türen zuständig sind. Wenn so eine Platine ausgetauscht werden muss, können wir nicht einfach eine neue bestellen. Unsere Techniker müssen sie inzwischen selbst zusammenbauen.“ Andere Teile würden nicht mehr in Serie, sondern nur noch auf Bestellung hergestellt. „Das ist wahnsinnig teuer.“
Für Verzögerungen sorge auch ein in den zurückliegenden Jahren stetig gestiegener Formalismus. „Heute muss alles schriftlich gemacht werden. Da kann der Elektriker in der Halle nicht selbst entscheiden, was gemacht werden muss oder nicht. Er benötigt eine schriftliche Anweisung. Liegt die nicht vor, bleibt der Defekt. Punkt.“
Der Fahrgast wird’s am nächsten Tag merken. Der Fahrer auch.