Mülheim. .

Wie bei den Haushaltsrunden in den vergangenen Jahren wird auch von der Bürgerbeteiligung in der ÖPNV-Debatte nicht viel bis gar nichts übrig bleiben. Lediglich für zwei Bürgervorschläge sieht die Stadtverwaltung einen Anlass zur Prüfung. Ansonsten lässt die Verwaltung die Bürger abblitzen. Zur Frage, warum das Angebot der MVG nicht grundlegend überarbeitet werde, heißt es kurz und lapidar, in einem Satz: „Das gesamte ÖPNV-Netz wurde untersucht und dabei festgestellt, dass das ÖPNV-Netz der Nachfrage gut angepasst ist.“

Es muss wenig wundern, dass ob solch einer Feststellung manch ein Teilnehmer der drei Bürgerversammlungen in den Stadtbezirken vom Glauben abfällt, dass der Meinung von Bürgern tatsächlich Gewicht beigemessen wird. „Wofür“, fragte dieser Tage einer, „wofür werden die Bürger überhaupt gefragt, wenn ohnehin alles abgebügelt wird?“ Die Verärgerung ist groß, auch weil Kritik an Sauberkeit, Zuverlässigkeit und technischem Zustand der MVG-Fahrzeugflotte zwar von der Verwaltung protokolliert wurde, aber in der aktuellen Diskussion um die sogenannte Liniennetzoptimierung keine Rolle spielen soll. Als ob diese „Qualitäten“ nicht auch eine Bedeutung dafür hätten, wie gut ein ÖPNV-Angebot angenommen, wie viel Geld letztlich über den Ticketverkauf zur Deckung der Ausgaben eingespielt wird.

Ein Blick auf die Buslinien

Über die Haltung der Verwaltung zu Vorschlägen, wie und wo künftig noch Straßenbahnen rollen sollen, hat die WAZ bereits in ihrer Ausgabe vom vergangenen Samstag berichtet, heute wirft sie einen Blick auf die Buslinien. Wie gesagt: Lediglich zwei Bürgervorschläge will die Verwaltung zum Anlass nehmen, deren Sinnhaftigkeit zu prüfen: Die ÖPNV-Erschließung der Boverstraße in Winkhausen, so die Bürgermeinung, sei nicht ausreichend. Ein anderer Bürger forderte, wenn schon die Straßenbahn 110 durch eine Buslinie ersetzt werden solle, eine Verlängerung bis zum Ruhrstadion.

Ausnahmslos alle anderen Anregungen werden mit kurzen Begründungen abgetan, auch wenn die städtische Verkehrsplanung zum vielfach beklagten Angebot rund um die Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Winkhausen immerhin sagt, dass auf der Route Heißen – Schule – Dümpten eine Verbesserung „wünschenswert“ sei. Letztlich aber kommt das Totschlagargument: Mehr Angebot an dieser Stelle sei nicht ohne finanziellen Mehraufwand zu haben. Für den ÖPNV aber gilt der politische Beschluss: Sparen!

Ablehnung von Ringlinien

Ablehnung erfahren auch die umfassenden Liniennetzkonzepte der Grünen und der Piraten. Die Grünen hatten unter anderem eine im 30-Minuten-Takt verkehrende Ringbuslinie vorgeschlagen, die alle Stadtteilzentren anbindet (Speldorf, Raffelbergbrücke, Bahnhof Styrum, Heifeskamp, Winkhausen, Heißen Kirche, Fischenbeck, Holthausen, B1, Saarn, Straßburger Allee, Saarner Straße). Die Piraten wollen gar zwei Ringlinien: auf einem inneren Ring (Oppspring, Von-Bock-, Aktienstraße, Hafen, Lierberg, Holzstraße), eine auf einem äußeren Ring (Nordstraße, Dümpten Friedhof, Sültenfuß, Bahnhof Styrum, Hafen, Speldorf Friedhof, Heuweg, Alte Straße, Fischenbeck). Darüber hinaus hatten die Piraten ein ganz neues Busnetz entworfen, mit sieben das Stadtgebiet diagonal durchquerenden Linien.

Sowohl für die Grünen als auch für die Piraten kommt die Verwaltung zu dem Schluss: um Millionen Euro zu teuer! Die Konzepte seien nur mit einer erheblichen Erweiterung der Busflotte möglich. Kritik an der diesbezüglichen Stellungnahme kommt vom verkehrspolitischen Sprecher der Grünen, Axel Hercher. Nachdem er inzwischen selber die Umläufe berechnet habe, komme er auf lediglich zwei Busse mehr für das Grünen-Konzept als die aktuell von der MVG eingesetzten 58 Busse (inklusive Schülerbusse). Die Stadt hatte ursprünglich einen Mehrbedarf von 14 Bussen für das Grünen-Konzept errechnet, aber schon eingestanden, hiermit zu hoch zu liegen.

Die Wünsche der Bürger

Daneben existiert der Auftrag der SPD, die Machbarkeit einer „Ringbuslinie“ von Saarn über Holthausen nach Heißen zu prüfen. Eine Bewertung der Verwaltung hierzu wie zu allen spät eingereichten SPD-Vorschlägen steht noch aus. Ideen der MBI wies die Verwaltung ebenso in Gänze ab. Zu viele Linien seien über Stadtgrenzen hinaus gesponnen, wo die Nachbarstädte verantwortlich seien, viele gedachte Linienführungen führten über nicht für den Busverkehr geeignete Straßen. Anderswo gebe die Nachfrage ein Angebot nicht her.

Zurück zu den Wünschen der Bürger: Hier macht die Stadt oft deutlich, dass sie das Angebot am jeweiligen Ort des Begehrens für ausreichend hält. So etwa seien die Hauptachsen Speldorf (Saarner, Kirch- und Duisburger Straße) „gut erschlossen, die Feinerschließung ist angemessen“. Auch im südlichen Speldorf sei aufgrund „ungünstiger Siedlungsstruktur“ und „vieler Anliegerstraßen“ nichts zu machen. Eine Taktverdichtung der Busse am Kassenberg entlang nach Saarn wird ebenso abgelehnt. Einsatzwagen sorgten bereits heute für die Verdichtung im Zehn-Minuten-Takt. Das Angebot sei: gut.