Mülheim. Die Stadt will die Zahl der Urnengrabstelen erhöhen und in einer Urnenwand 216 neue Grabkammern schaffen.
Es ist kein schönes Thema, aber eines, dass uns alle früher oder später totsicher betrifft: die letzte Ruhestätte. Wie der Vorsitzende der aus sieben Familienunternehmen bestehenden Bestatterinnung, Stefan Helmus-Fohrmann, und die bei der Stadt für die Friedhöfe zuständige Amtsleiterin Silvia Waage bestätigen, geht der Trend zur Urnenbestattung, weil sie die geringsten Folgekosten für die Grabpflege nach sich zieht. In einer Stadt, in der immer mehr alte Menschen ohne Familienangehörige leben, ist das ein wichtiges Argument. Der demografische Wandel lässt grüßen. Waage beziffert die Zahl der jährlichen Urnenbeisetzungen auf 1103. Das entspricht einem Anteil von 68,3 Prozent aller Begräbnisse.
Besonders beliebt ist die Urnenbeisetzung in Grabstelen, Urnenwänden und Urnengemeinschaftsgrabstellen. Das führt Waage auch darauf zurück, dass sich hier Ehepartner gemeinsam in einer Urnenkammer beisetzen lassen können.
Umweltausschuss entscheidet am 10. Februar
Wie berichtet, werden die Grabstelen am Schildberg-Friedhof in Dümpten die Grabkammern knapp. Dort gibt es derzeit noch zwölf Grabstelen mit 45 freien Grabkammern, in denen man jeweils maximal drei Urnen beisetzen kann. Insgesamt stehen dort 61 Grabstelen. Um dem Bedarf gerecht zu werden sollen auf dem Broicher Friedhof 17 weitere Grabstelen errichtet werden. Außerdem will die Stadt in einer Urnenwand auf dem Dümptener Friedhof an der Oberheidstraße in vier Bauabschnitten schrittweise 216 Grabkammern einrichten. Gesamtkosten: 166.100 Euro. In einem ersten Bauabschnitt sollen ab März zunächst 54 Grabkammern erstellt werden. Kostenpunkt: 66.800 Euro. Am 10. Februar entscheidet der Umweltausschuss über die Vorlage, die am Donnerstag bereits einstimmig in der Bezirksvertretung 2 gebilligt wurde.
Laut Waage verkauft die Stadt auf den Friedhöfen in Broich und Dümpten jährlich etwa 80 Grabkammern. Bestatter Helmus-Fohrmann schätzt den jährlichen Bedarf auf stadtweit etwa 300 Grabkammern. Aufgrund der Nachfrage empfiehlt er der Stadt zu prüfen, ob sie nicht auch auf den Friedhöfen in Heißen und Speldorf Urnengrabkammern und Grabstelen errichten könnte. Auf dem Hauptfriedhof und in Styrum sind nach seiner Einschätzung vor allem Urnengemeinschaftsgräber besonders gefragt.
Nur geringe Chancen für eine Gebührensenkung
Fragt sich, wie die Stadt auf den veränderten Bestattungsbedarf reagiert und ob sie aufgrund der hohen Nachfrage im Sinne eines Masseeffekts die Gebühren senken könnte. Zur Erinnerung: Die 30 Jahre währende Bestattung in einer Grabstele kostet 2160 Euro, zuzüglich 159 Euro Grundgebühr. Das Urnenreihengrab ist für 1377 Euro zu haben.
Renate aus der Beek (SPD), Bernd Dieckmann (CDU) und Wolf Jürgen Richter (Grüne), die sich als Fachpolitiker im Umweltausschuss mit diesem Thema auseinandersetzen, sind sich einig, dass die Stadt auf die Nachfrage reagieren und eingehen muss, um einen Bestattungstourismus zu verhindern.
Die zuständige Amtsleiterin Waage plädiert dafür, die erst im letzten Jahr beschlossene Friedhofssatzung zunächst einmal zwei Jahre in der Praxis zu testen, um zu sehen, welche Bestattungsform wie angenommen wird. Sie weist darauf hin, dass die im Sommer 2012 beschlossene Gebührensatzung auf dem politisch gewollten Prinzip der Kostendeckung basiert. Außerdem warnt sie mit Blick auf Grabstelen und Urnenwände davor, „die Landschaft einfach zuzupflastern.“
"Friedhofsgebühren ehrlich kalkulieren"
Im Sinne der Kostendeckung sehen auch die Fachpolitiker nur wenig Spielraum für künftige Gebührensenkungen. Aus der Beek (SPD) sagt: „Es wäre eine Milchmädchenrechnung, zu glauben, dass die Urnenbeisetzung in Grabstellen oder Urnenwänden durch die Masse billiger würde. Denn die Pflegekosten für die Friedhöfe, zu denen alle beitragen müssen, bleiben ja. Deshalb haben wir eine gute Gebührensatzung beschlossen, auch wenn sie weh tut.“
Ihr Ausschusskollege Dieckmann (CDU) fordert: „Die Friedhofsgebühren müssen ehrlich kalkuliert werden und auch die Infrastrukturkosten berücksichtigen. Sollten wir aber im Rahmen der Ausschreibungsergebnisse zu Einsparungen kommen, müssten diese auch über geringere Friedhofsgebühren an die Bürger weitergegeben werden.“
Der grüne Ratsherr Wolf Jürgen Richter glaubt: „Wenn überhaupt, gibt es da nur ganz geringe Einsparpotenziale.“ Der einzig gangbare Weg zu Gebührensenkungen bestünde für ihn in einer drastischen Reduzierung der Grünpflege. „Ich glaube aber nicht, dass sich da jemand politisch ran traut und dass die Bürger wucherndes Unkraut auf den Friedhöfen akzeptieren würden“, meint Richter.