Mülheim. Wer Gebührenbescheide oder Rechnungen nicht fristgerecht bezahlt, bekommt in Mülheim ab sofort schneller eine Mahnung zugeschickt. Eine Maßnahme gegen die Finanznot - denn zum Stichtag 31. Dezember 2011 beliefen sich die Forderungen gegenüber Bürgern, Unternehmen und anderen Behörden auf 34,8 Millionen Euro.

Not macht erfinderisch. Und die Stadt ist bekanntlich in Not, in Finanznot. Der Haushalt 2011 schloss mit einem Defizit von 132 Millionen Euro ab. In diesem Jahr droht ein Minus von mindestens 75 Millionen Euro. Für Investitionen müssen langfristige Kredite in Höhe 450 Millionen Euro aufgenommen werden, für kurzfristige Liquiditätskredite sogar rund 700 Millionen Euro.

Sie muss sich also was einfallen lassen, um an Geld zu kommen, die Stadt. Eine Idee, die jetzt umgesetzt wird: Wer der Stadt Geld schuldet, erhält schneller eine Mahnung. Statt 8 oder 9 sogenannter Mahnläufe im Jahr, bei denen jeweils rund 3700 Mahnungen verschickt werden, wird es nun 16 geben. Alle drei Wochen gehen also Schreiben an jene raus, die die Zahlungsfrist nicht eingehalten haben.

Wie hoch sind die Außenstände?

Zum Stichtag 31. Dezember 2011 beliefen sich die Forderungen gegenüber Bürgern, Unternehmen und anderen Behörden auf 34,8 Millionen Euro. Die Summe setzt sich wie folgt zusammen: 15 Millionen Euro sind erst einmal nur die ganz normalen Bescheide (für Gebühren, Beiträge oder Steuern) beziehungsweise Rechnungen (zum Beispiel die Einforderung von Sozialhilfekosten, weil Unterhaltspflichtige nicht bezahlen) herausgegangen. Mahnungen wurden bereits für 4,3 Millionen Euro verschickt. Und bei der danach folgenden Vollstreckung geht es um gut 15,5 Millionen Euro.

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Die Außenstände der Stadt in Höhe von 34,8 Millionen Euro (Stand 17. Januar) teilen sich grob in zwei Bereiche: in öffentlich-rechtliche und in privatrechtliche.

Zu den öffentlich-rechtlichen Forderungen von 30 Millionen Euro zählen Gebühren (zum Beispiel für Abfallentsorgung, Straßenreinigung oder Mahn- und Pfändungsgebühren), Beiträge (wie etwa Elternbeiträge für Kita und OGS oder Erschließungsbeiträge), Steuerforderungen (Gewerbe-, Hunde-, Grund- oder Vergnügungssteuer), Forderungen aus Transferleistungen (zum Beispiel Rückzahlungen von Sozialhilfe) sowie Säumniszuschläge, Zinsen, Verwarnungsgelder. Mit 12,12 Millionen Euro gibt es bei der Gewerbesteuer die höchsten Forderungen.

Bei den privatrechtlichen Forderungen von etwa 4,8 Millionen Euro handelt es sich zum Beispiel Beträge, die die Stadt von Unterhaltspflichtigen für Sozialhilfekosten verlangt (3,44 Millionen Euro) und um Verpflegungskosten im Bereich der Kitas.

Was bedeutet Vollstreckung?

Im Gegensatz zu Privatleuten oder Unternehmen muss die Stadt nicht zum Amtsgericht gehen, um sich einen Pfändungstitel zu besorgen. „Wir haben eine eigene Vollstreckungsbehörde mit eigenen Vollziehungsbeamten“, erklärt Mario Niggemann, Leiter des Amtes für Beteiligungs- und Finanzsteuerung. Die städtischen Mitarbeiter schellen beim Schuldner an, um entweder doch noch den ausstehenden Betrag bar zu kassieren oder um Wertgegenstände zu pfänden. Im Bereich der Vollstreckung gibt es etwa 8800 laufende Verfahren. In Einzelfällen geht es um bis zu sechsstellige Beträge.

Wie steht es um die Zahlungsmoral?

„Die Zahl der Mahnungen und die Höhe der Gesamtforderungen hat sich kaum verändert. Doch nach dem Eingang einer Mahnung zahlen mittlerweile einige etwas schneller als in der Vergangenheit“, sagt Kämmerer Uwe Bonan.

Wer schuldet der Stadt Geld?

Die Schuldner sind sehr unterschiedlich: Die Spannbreite reicht von dem unverschuldet in eine missliche Lage geratenen und zeitweise zahlungsunfähigen Bürger bis zu Menschen, die bewusst alle Mahnungen ignorieren. Und es gibt Behörden, die der Stadt Geld schulden, auf das sie Ansprüche hat, das sind etwa Kostenerstattungen oder Zuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs. „Das ist aber kein Problem. Wenn noch was offen ist, bekommen wir das Geld immer“, sagt Niggemann.