Mülheim. NRZ-Serie Spurensuche: Wer verbirgt sich hinter den Namen auf Straßenschildern? Heute: Franz Fischer

Wir gehen tagtäglich durch sie hindurch, leben in ihnen. Und natürlich nennen wir fortwährend ihre Namen. Die Straßen der Stadt. Sie sind aber mehr als Ortsbezeichnungen, in ihnen spiegelt sich auch die Geschichte wider. Ein Arbeitskreis der VHS hat sich nun mit den Biographien der Namensgeber von Mülheimer Straßen auseinandergesetzt.


In vier Semestern zum Examen

Herausgekommen ist bei dieser „Spurensuche“ ein gleichnamiges Buch. Die NRZ nimmt dies zum Anlass, einige dieser Namensgeber vorzustellen. Das Buch ist, nachdem die ersten Ausgaben bereits vergriffen sind, in seiner zweiten Auflage im örtlichen Buchhandel zu erhalten.

Von dieser Semesterzahl können heutige Studenten nur träumen. Da ändert auch die Umstellung in das Bachelor/Master-System wenig. In vier Semestern zum Examen dürfte auch in Zukunft eine Ausnahme sein. So ein Ausnahmewissenschaftler war in jedem Fall Franz Fischer, der langjährige Leiter des Max-Planck-Instuts für Kohlenforschung, das zu seiner Zeit freilich noch nach Kaiser Wilhelm benannt war.

Aufenthalt in Paris

Franz Fischer weist denn auch einen typischen Lebensweg eines Akademikers des wilhelminischen Zeitalters auf. 1877 als Sohn eines Kaufmanns in Freiburg geboren, leistet er nach seinem Abitur zunächst seinen Wehrdienst ab - damals ein wichtiger Eckpunkt im Lebenslauf.


Dann folgte eben jenes kurze Studium an zwei verschiedenen Orten. Zunächst zwei Semester Chemie und Elektrochemie an der Technischen Hochschule in München und dann zwei weitere in Freiburg. Ein Jahr nach dem Examen folgte auch schon 1898 die Promotion. Schließlich fehlte auch ein Auslandsaufenthalt nicht, schon damals eine wichtige Erfahrung für angehende Forscher: Fischer vertiefte seine Studien in Paris.

Habilitation mit 26

Bevor Fischer sich aber endgültig der Wissenschaft widmete, sammelte er für ein Jahr Erfahrungen in der Privatwirtschaft. Auch dieser Aspekt ist nicht unwichtig, waren die Verfahren, die er später entwickelte, ja vor allem für die Industrie bestimmt.

1903 erfolgt dann schließlich noch - Fischer ist erst 26, also in einem Alter, in dem heutige Studenten gerne erst ihr Examen ablegen - die Habilitation. Sein Lehrmeister in dieser Zeit ist Emil Fischer.

Schüler und Lehrer

Weder verwandt doch verschwägert, teilt Franz doch mehr mit ihm als bloß den Namen: Da ist zum Einen der Forscherdrang, der Emil 1902 den Nobelpreis einbrachte. Wohl aber auch die Einsicht, dass die beste Vorsorge für eine qualitativ hochwertige Wissenschaft eine gute Lehre sei.

Denn so wie Emil Fischer den Nachwuchswissenschaftler Franz unter seine Fittiche nahm, so kümmerte sich dieser später um seinen Schüler Karl Ziegler. Vielleicht kein Zufall, dass dieser, der auch sein Nachfolger als Institutsdirektor wurde, wiederum mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.


Direktor des Instituts bis 1943

Fischer erhielt aber zunächst nach seiner Zeit bei seinem Namensvetter an der Berliner Universität 1911 den Lehrstuhl für Elektrotechnik an der technischen Hochschule zu Charlottenburg. Als dann 1912 das Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung gegründet wurde, wurde Fischer auf Vorschlag seines akademischen Lehrers zum Direktor ernannt. Wenige Monate später erfolgte auch die Bestätigung durch den Kaiser - die war damals noch nötig.

Freilich gab es diesen acht Jahre später nicht mehr - doch Fischer sollte nun, über die verschiedenen Abschnitte der deutschen Geschichte hinweg, Direktor des Instituts bis 1943 bleiben.

Weltruhm 1925

Weltruhm erlangte Fischer 1925. Zusammen mit dem Chemiker Hans Tropsch entwicklete er die sogenannte „Fischer-Tropsch-Synthese“. Ein Verfahren zur künstlichen Herstellung von Treibstoffen. Durch die Verflüssigung von Kohle war es den Wissenschaftlern gelungen, synthetische Kraftstoffe und Motoröle zu erzeugen.

Franz Fischer starb, vier Jahre nach seiner Pensionierung, 1947 in München. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er aber in Mülheim, wo seit 1959 eine Straße in Holthausen an ihn erinnert.