Helge Schneider übt herbe Kritik an Mülheimer Stadtplanung
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Lesezeit: 4 Minuten
Mülheim. .
Wenn Helge Schneider mal nicht auf Tour ist, sieht man ihn in der Stadt. Vielleicht nicht mehr ganz so oft wie früher, weil seine Lieblingseisdiele auf der Schloßstraße längst dicht ist. An der Wallstraße hat er sein Büro und wohnt im Grünen in Winkhausen. Noch. Denn münzt man sein älteres Programm „Plautze voll“ auf die Innenstadt um, so könnte daraus ein sattes „Schnauze voll“ werden.
Ihre Weihnachtskonzerte in der Stadthalle sind Kult. Warum klappt es diesmal nicht?
Helge Schneider: Ich wollte mal nach Spanien über Winter. Ist doch wirklich Scheiße hier das Wetter. Die Konzerte werden im Februar nachgeholt. Das ist aber in Ordnung. Muss nicht immer Weihnachten sein, aber ich verstehe, wenn die Menschen das gerne haben möchten.
Verfolgen Sie die Entwicklung in der Stadt?
Schneider: Die Einbahnstraßen, die Abrisse, die Umbauten und Umleitungen und so was? Seitdem ich lebe, ist das in Mülheim so.
In den letzten Wochen und Monaten wird viel über die Innenstadt diskutiert. Was sagen Sie dazu?
Schneider: Tot.
Hätten Sie Ideen zur Wiederbelebung?
Schneider: Da kannste ja nix mehr machen. Viele Häuser sind an eine Gruppe verkauft worden. Die werden dann leer gemacht oder es wird etwas Neues gemacht. Das ist ja immer so, wenn die Städte Geld brauchen, dann werden vermeintliche Investoren gesucht . . .
Riesige Brachlandschaft
Das Stadtbad ist jetzt umgebaut zu Luxuswohnungen. Würden Sie dort einziehen?
Schneider: Nee, ich will aber ins Stadtbad gehen, Halle zwei. Ich will da baden. Die sind doch bekloppt.
Was sagen Sie dazu, dass der Kaufhof leer steht und verkommt?
Schneider: Autos müssen durch die Schloßstraße fahren dürfen und die Straßenbahn. Dann haben wir es wieder so wie es früher war. Die Nordbrücke – da am Gefängnis vorbei – war ja immer umstritten. Jetzt haben sie die mal weggemacht. Na ja, es ist eine riesige Brachlandschaft entstanden in Mülheim. Das ist ja ganz klar – die Geschäfte machen alle zu. Wer verdient denn hier noch was? Da muss ja einer Millionär sein, um hier einen Einzelhandel zu haben. Um so lange auszuhalten, wie das dauert, bis die Stadt so umgeformt ist, dass hier andere Menschen wohnen und sich wohlfühlen und sich dann am Ende Schuhe kaufen würden in der Schloßstraße. Die Stadt ist kaputt – für immer und ewig. Ich wohne zwar noch hier. Ich bin jetzt bald 56 Jahre und ich wollte immer hier bleiben. Und jetzt habe ich gesagt: Das muss nicht sein. Tote Stadt.
Keine Kultur mehr
Haben Sie eine Erklärung dafür?
Schneider: Ja, das ist, wenn man solche Aktionen macht. Wir hatten unser Büro an der Schloßstraße. Dann sind ganz viele Häuser an der Schloßstraße an eine Gruppe verkauft worden. Und diese Gruppe hat sofort alle Mieten erhöht, um alles, was geht. Dann musste die Eisdiele raus, weil sie die Miete nicht mehr zahlen konnte. Dem Türken, der die Pommes-Bude hatte, ein netter Mensch, dem haben sie einfach ein paar Tausend Euro gegeben, damit er da abhaut, um eine Bankfiliale reinzudrücken, wo keiner drin lebt. Alles tot. Ich sag mal, das ist doch schon auffällig. Das ist doch unmöglich, dass so etwas überhaupt möglich ist: Dass Investmentgruppen ganze Stadtgebiete kaufen können.
Schneider: Das ist doch nichts eigenes. Das ist doch nichts Gewachsenes, nichts von hier Kommendes. Hier ist ja keine Kultur mehr. Das ist doch das Ende aller Kulturen – eine feindliche Übernahme wie der Wolf im Schafspelz. Ach, ich rege mich auch auf: Wie können Menschen so ‘ne Skulptur klauen wie den Bogenschützen?
Wenn Sie wirklich mal wegziehen sollten, wo könnten Sie sich vorstellen zu leben?
Schneider: Auf dem Mond – denn die ganze Welt ist ja so.
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