Mülheim. .
Aus der Leineweberstraße ließe sich was machen, ein Boulevard mit viel Verweil-Atmosphäre. Davon ist der Kontaktkreis Mülheimer Architekten überzeugt.
Der Kreis, der seit 25 Jahren immer wieder Anregungen zur Stadtplanung macht, mischt sich nun in die scheinbar nie enden wollende Diskussion um die Innenstadt-Allee ein. Verkehrsflächen verändern, den Verkehr entschleunigen, nennen die Architekten Peter Schnatmann und Bruno Wüsthoff als vordringliche Aufgabe.
„Wir müssen weg von der Vorstellung, dem Verkehr alles unterzuordnen“, sagt Schnatmann, das sei eine längst überholte Vorstellung von Innenstadt. Die Sprecher des Kontaktkreises plädieren für Schritt-Tempo, für die Gleichberechtigung von Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern auf der Leineweber und denken dabei an die Theatinerstraße in München oder an Düsseldorf am Carshhaus.
Bus statt Straßenbahn
Die Straßenbahn, erklären sie im Gespräch mit der WAZ, würden sie aus der Leineweber herausnehmen und durch einen Bus ersetzen, ein Vorschlag, den auch die CDU jüngst machte. Für die Kreuzung Kaiserstraße/Leineweber greifen die Architekten eine alte Idee wieder auf: Kreisverkehr mit einer grünen Insel. Und um die Allee für den Autofahrer trotz des Schritt-Tempos interessant zu machen, empfehlen die Fachleute zusätzlichen Parkraum entlang der Straße, „damit man auch mal schnell in ein Geschäft springen kann.“
Ein Mangel an Parkflächen wurde immer wieder von Einzelhändlern und Kunden beklagt, von Stadtplanern dagegen bestritten. Sie weisen auf ein großzügiges Angebot in den Parkhäusern hin. Parken an der Leineweber, auch das gehört für die Architekten zur Steigerung der Attraktivität, sollte zumindest an den Samstagen kostenfrei sein.
Mehr Freizeitcharakter mit Bistros und Cafes
Ähnlich, wie es für die Altstadt angedacht ist, wünschen sich Schnatmann und Wüsthoff für die Leineweber eine Ebene für alle Verkehrsteilnehmer, barrierefrei ohne Bordsteinkarten. Teilweise würden sie befestigte Flächen auch entsiegeln, den Freizeitcharakter einer Straße somit heben, wie sie meinen.
Der Ausbau von Einzelhandelsflächen sollte ihrer Ansicht nach tabu sein. „Vielmehr sollten wir uns bemühen, hochwertigen Ladenbesatz zu fördern: kleiner Weinladen, kleiner Buchladen, kleiner Blumenladen. „Es gibt gute Ansätze“, sagt Schnatmann und wünschte sich dazu mehr Bistros und Cafes ähnlich wie in Rüttenscheid, was für den Kontaktkreis der Mülheimer Architekten ein gelungenes Beispiel sehr guter Stadtentwicklung ist.
Neuer und schönerer Wohnraum
Zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität hält Wüsthoff ein Lichten der dichten Baumkronen für zwingend erforderlich. Mittlerweile sei die Verschattung so groß, dass auch die Abgase kaum noch entweichen könnten. Unbegreiflich ist für die Architekten, dass die Übergänge hin zur Altstadt so wenig bisher aufgewertet wurden. Barrieren und Ampeln Richtung Altstadt sollten ganz beseitigt werden, da sie bei einer Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer und bei Schritt-Tempo überflüssig wären.
Schnatmann und Wüsthoff sind überzeugt, dass die Neugestaltung und Aufwertung der Leineweber nicht allein von Politik und Stadtverwaltung zu schaffen sein wird. Die Immobilienbesitzer spielen in ihren Überlegungen eine zentrale Rolle: Aufwertung des Wohnraumes, Umwandlung von Geschäftsräumen in Wohnflächen, Neubau von Wohnraum für junge Familien in der nördlichen Innenstadt – dazu müssten die Eigentümer als Investoren gewonnen werden, gemeinsam. Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, wie positiv sich Quartiere entwickeln können – mit beachtlicher Wertsteigerung.