Mülheim. . Die SPD in Mülheim ist zerrissen. Der Parteitag am Wochenende zeugt von ihren Problemen: parteiinternes Unwohlsein, starke Hierarchien, Machtkämpfe und Spannungen zwischen Jung und Alt. Kritik gibt es auch an Fraktionschef Dieter Wiechering.
Nach dem Wochenende steht die SPD in Mülheim als eine zerrissene Partei da. Ja, es gab schon im Vorfeld interne Machtkämpfe, Querelen und leider auch Spannungen zwischen Jung und Alt, sagt etwa der Ortsvereinsvorsitzende von Holthausen-Raadt, Rolf Biermann. Er ist nicht der einzige, der so denkt in der SPD. Dass Margarete Wietelmann, die als stellvertretende Parteivorsitzende kandidierte, derart abgewatscht wurde und auch die OB mit einem denkbar schlechten Wahlergebnis nach Hause fahren musste, gilt als Ausdruck des parteiinternen Unwohlseins.
Hinter den Kulissen raus gedrängt
Nach dem Parteitag könnten die Gräben sogar noch tiefer sein als vorher, meint ein Genosse, der ein Hauptübel darin sieht, dass die Partei zu stark von oben nach unten geführt werde. Dass der bisherige stellvertretende Vorsitzende und für viele eine Art Hoffnungsträger der jüngeren Parteihälfte, Mathias Kocks, hinter den Kulissen aus dem Vorstand gedrängt worden ist, stößt vielen bitter auf.
Nicht ganz unschuldig daran soll der Fraktionschef der SPD, Dieter Wiechering, sein, der mit dem Hause Mühlenfeld gezielt Einfluss genommen haben soll. „Das ist absoluter Quatsch“, sagt Wiechering und betont, dass gerade er Kocks im Ortsverein gefördert habe. Der Fraktionschef ärgert sich vor allem darüber, dass es auf dem Parteitag so viel „unpolitisches Verhalten“ gab. Wenn man mit einer Kandidatin nicht einverstanden sei, sollte man dies offen sagen oder einen Gegenkandidaten aufstellen. Und dass man eine vorgeschlagene Erweiterung des Unterbezirksvorstandes ohne Diskussion ablehnt, empfindet Wiechering nach 40 Jahren Parteiarbeit mehr als verwunderlich. Er selbst bekam aber auch schlechte Voten: So landete er bei der Wahl der Delegierten für den Landesparteitag auf einen der hinteren Plätze, nur Ersatzmann. Er nimmt es gelassen, sieht sich als Fraktionschef keineswegs dadurch beschädigt.
Jüngere bleiben außen vor
Mit abgeschlagenen Plätzen mussten sich auch mehrere jüngere Parteimitglieder abfinden, ausgerechnet jene, die erst zur Kommunalwahl als erfolgreiche „Verjüngungskur“ der Partei verkauft wurden: Sascha Jurczyk gehört dazu wie Alexander Böhm, beide fielen bei der Wahl zum Vorstand durch. Sina Tiedtke schaffte gerade noch den Sprung auf einen Beisitzer-Posten. Bei den Delegierten-Wahlen blieben die Jüngeren ebenfalls weitgehend außen vor.
SPD wählt neuen Vorsitz
Gibt es tatsächlich ein Jung gegen Alt? Bei einem Parteitag vor der Kommunalwahl waren es die Jungen, die aufbegehrten. Die Partei verharre in altem Denkmuster, hieß es damals, man wolle nicht nur als billige Plakatiertruppe eingesetzt werden. Die alten Denkmuster sieht mancher der Jüngeren heute noch.
Ortsvereine bedeutend für Partei-Stärke
In der Fraktion, sagt Wiechering, habe man junge Leute sogar im Vorstand eingebunden. Er weiß, dass dies in Teilen der Partei mit Argwohn gesehen werde. Es könne nicht sein, sagt Biermann, dass die Jüngeren gleich Forderungen stellten. „Zuhören“ gehört für ihn zunächst dazu, auch „Zähne zusammenbeißen und beweisen, dass man in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen.“
In der täglichen Arbeit der Ortsvereine, nicht auf Parteitagen entscheidet sich für Wiechering die Stärke der SPD. Dort müsse sich die Partei in den nächsten Jahren weiter erneuern, mehr politische Aktivitäten entwickeln.