Mülheim. .

Große Projekte, denen die Unterstützung von Bürgern fehlt: Auch in Mülheim ist das für den scheidenden SPD-Vorsitzenden Frank Esser ein Problem. Strittige Themen sollten deshalb in öffentlichen Runden diskutiert werden - etwa Schulschließungen.

Der „Wutbürger“. Für den scheidenden SPD-Unterbezirksvorsitzenden Frank Esser ist es ein grauenhaftes Wort, das in Deutschland die Runde macht. Doch den Bürger, der sich über die Politik ärgert, der sich nicht verstanden und ausgegrenzt fühlt, den gebe es eben auch in Mülheim.

„Warum ist das so“, fragt Esser, „dass wir in Mülheim große Projekte wie die Ruhrpromenade, die Verkehrsführung Innenstadt auf den Weg bringen, demokratisch legitimiert beschließen, wir aber dann feststellen, dass es uns nicht gelingt, einen Großteil der Bevölkerung wirklich mitzunehmen?“ Selbstkritisch betont Esser, dass auch die SPD zu wenig darauf geachtet habe, die Menschen am Ort von vornherein mitzunehmen. Die Mitbestimmung des Bürgers an Politik müsse auf neue Füße gestellt werden.

"Große Chance für die Ortsvereine"

Der SPD-Vorsitzende Frank Esser beim Unterbezirksparteitag im November 2010.
Der SPD-Vorsitzende Frank Esser beim Unterbezirksparteitag im November 2010. © WAZ

Sechs Jahre war Esser Parteivorsitzender in Mülheim, im März stellt er sich nicht zur Wiederwahl. Er hätte in der Zeit diesen neuen Polit-Stil forcieren können, um die kommunikative Brücke zwischen Bürger und Politik, wie er es nennt, zu bauen, zu festigen. Jetzt sind andere gefragt.

Fraktionschef Dieter Wiechering kramt ein altes Wort von Johannes Rau hervor, das nach wie vor Gültigkeit habe: „Ein Plakat kann nicht das Gespräch mit dem Bürger ersetzen.“ Er sieht hier eine „große Chance für die Ortsvereine“. In einigen habe die Auseinandersetzung mit Bürgern nachgelassen, so seine Kritik. In diesem Jahr will die Fraktion – auch im eigenen Interesse – große öffentliche Runden mit Bürgern, mit Betroffenen auf den Weg bringen. Es sind strittige kommunale Themen, die anstehen.

Die Bildungsentwicklungsplanung ist für Wiechering die bedeutendste politische Aufgabe des Jahres: Welche Schule bleibt in Mülheim, welche wird geschlossen, welche vielleicht ausgebaut? „Es geht dabei nicht nur um Anmeldezahlen, sondern auch um den Zustand der Schulbauten, um das soziale Umfeld. „Diese Themen müssen wir in den Stadtteilen mit den Betroffenen erörtern. Die Zeit drängt.“

Auch Nahverkehr soll diskutiert werden

Das zweite große Thema des Jahres ist aus Sicht der SPD die Liniennetzoptimierung beim ÖPNV. „Busse und Bahnen – das Thema kann nicht nur wie zuletzt in einem Aufsichtsrat diskutiert werden.“ Auch hier plädiert der Fraktionschef der SPD für öffentliche Diskussionsforen. Bürger sollen sagen, wo und in welchen Zeitabständen Busse oder Bahnen fahren sollten. Und: Wo würde der Mülheimer beim ÖPNV sparen?

Bus oder Bahn? Die Straßenbahnlinien U 18, 901 und 102 müssen, so Wiechering, beibehalten werden, bei allen anderen Linien lasse sich über einen Austausch gegen eine Buslinie reden. Busse sind deutlich preiswerter als Straßenbahnen.

Die angespannte Haushaltslage und damit die Sanierung der Finanzen bleibt eine zentrale Aufgabe des Rates. Hier hatte es im vergangenen Jahr mehrere öffentliche Bürgerforen gegeben, diese , so Wiechering, sollten fortgesetzt werden. Die Stadt hat erst einen kleinen Schritt aus der Schuldenkrise getan. Zu wenig, erst Recht aus Sicht der nachfolgenden Generationen.

Dass die Innenstadt-Entwicklung auch in 2011 oben auf der politischen Agenda steht, hat für den Fraktionschef mit der anhaltenden Unzufriedenheit zu tun. Doch was tun? Weitere Daten fordert die Politik. Beispiel: „Wir wissen einfach zu wenig über Wohnungsbestand, über die Zusammensetzung der Anwohner in der Innenstadt.“ Weitere sozialräumliche Untersuchungen seien nötig.

Und Ruhrbania: „Ich bin überzeugt, wir werden Ende des Jahres einen erheblichen Teil an Neuerungen sehen.“