Mülheim. Was lange währt, wird endlich gut: Nach langer Bauphase und Ärger mit den Nachbarn freuen sich Mülheims Top-Wissenschaftler auf ruhigere Zeiten.
Rund zwölf Jahre nach den ersten Planungen und etwa sechseinhalb Jahre nach dem symbolischen Spatenstich steht ein Mülheimer Großprojekt absehbar vor seiner Vollendung. Mitte 2025, so hieß es nun, wird auch das letzte der vier neuen Gebäude des Max-Planck-Institutes für chemische Energiekonversion (MPI CEC) fertig sein. Vertreter der Max-Planck-Gesellschaft aus München reisten jetzt zur formellen Übergabe der ersten drei Gebäude an. Ein guter Zeitpunkt für Prof. Dr. Walter Leitner, Geschäftsführender Direktor, um Bilanz zu ziehen.
Auch wenn es in den vergangenen Jahren Rückschläge gab, Kosten- und Zeitpläne mehrfach nicht einzuhalten waren und nachjustiert werden mussten: Mittlerweile laufen die Dinge auf dem Kahlenberg rund, sagt Leitner. Seit das Werkstattgebäude in Betrieb genommen wurde, seit zudem das neue Labor- und das neue Bürogebäude bezogen worden sind, sind knapp zwei Jahre vergangen. In diesen habe man die Funktionstüchtigkeit der Gebäude auf Herz und Niere überprüft, erzählt der 61-jährige Chemiker, und für wirklich gut befunden. Der Umzug sei ja eine große Nummer gewesen, „anders, als wenn man nur ein paar Leitz-Ordner einpacken muss“. Unter anderem habe man hochkomplexe Geräte anschließen müssen. „Dennoch waren wir innerhalb von sechs Wochen wieder voll arbeitsfähig.“
Insgesamt zählt man am Mülheimer MPI CEC jetzt 380 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
Laut Leitner hat man gute Erfahrung damit gemacht, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen. „Die neuen offenen Laborflächen werden auch deshalb so gut angenommen, weil sich unsere Techniker und Laboranten gemeinsam mit der Arbeitssicherheit selbst neu organisiert haben.“ Das habe auch dazu beigetragen, die Ende 2023 eingerichtete Abteilung des neu gewonnenen Direktors, Prof. Dr. Siegfried Waldvogel, „problemlos zu integrieren“. Die dritte im Direktoren-Trio ist Prof. Dr. Serena DeBeer. Und auch aus dem Team von Gründungsdirektor Prof. Dr. Robert Schlögl, der mittlerweile im Ruhestand ist, arbeiten noch Wissenschaftler am Institut. Insgesamt zählt man dort jetzt 380 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Wenn eines Tages auch die angestrebte vierte Direktorenstelle besetzt sein wird, werden bis zu 450 Menschen am MPI CEC arbeiten, berichtet Leitner. „Wir stehen allerdings noch ganz am Anfang der Suche nach dem neuen Mitglied im Direktorium.“
Die Bilanz fällt erfreulich aus, einen kleinen Schönheitsmangel aber gibt es nach wie vor an den neuen Gebäuden: Der Brücken-Übergang zwischen Labor- und Bürogebäude ist noch immer nicht geschlossen, nur provisorisch mit einer grünen Plane abgedeckt. Feuchtigkeit kann dort eindringen, weshalb es dringend Fensterscheiben braucht. Von der ersten Firma, die mit dieser Arbeit beauftragt war, musste man sich trennen, berichtet Michele Andre Vukovic, stellvertretender technischer Betriebsleiter. Und es dauere nun mal lange, bis eine neue Firma ans Werk gehen könne: Das Vergaberecht sei ohnehin aufwendig und die Auftragsbücher der Unternehmen seien voll, so der 47-Jährige. „Mittlerweile aber war der Statiker am Werk, jetzt wird ein Gerüst aufgestellt und dann sind wir hoffentlich in den nächsten Monaten damit durch.“
Seit zwei Monaten wächst nun der Rohbau des Elektronenmikroskopgebäudes heran
Ein wenig länger wird es noch dauern, bis der letzte große Bauabschnitt erledigt ist: Seit etwa zwei Monaten wächst im Innenhof des Institutes der Rohbau des rund 550 Quadratmeter großen, eingeschossigen Elektronenmikroskopgebäudes heran. Im Sommer soll er stehen, dann folgt der aufwendige Innenausbau. Der ist alles andere als banal, erklärt Leitner. Man errichte dort „sehr empfindliche Geräte, die besonderer Vibrationsdämpfung bedürfen“, um mit diesen dann später auch allerkleinste Materialien darstellen zu können. „Wir gehen runter bis auf atomare Auflösung.“ Auch der Verbindungsbau zum ehemaligen Hauptgebäude des Instituts muss noch erstellt werden.
Im Vorfeld der aktuellen Maßnahme war es zu weiteren Verzögerungen des Mülheimer Mammutprojekts gekommen, weil sich längere Zeit kein Bauunternehmer fand, der den Job übernehmen wollte. Mittlerweile aber sind die großen Probleme auf dem Kahlenberg abgearbeitet. Die Direktoren und ihr Team können sich wieder vorrangig um die inhaltliche Arbeit kümmen, die dem einen großen Ziel dient: möglichst effizient erneuerbare Energien speichern, verteilen und nutzen zu können. Ein Ende des Ausbaus ist in Sichtweite: Leitner spricht von Mitte 2025. In den allerersten groben Planungen 2013 hatte es geheißen, man werde voraussichtlich 2017/2018 fertig sein.
Auch finanziell musste auf dem Kahlenberg im Laufe der Jahre mehrfach nachgebessert werden
Auch finanziell musste im Laufe der Jahre mehrfach nachgebessert werden. 2021 war bereits die Rede davon, dass die anfangs geplanten 38 Millionen Euro Baukosten auf 60 Millionen geklettert seien. 2022 hieß es dann vom Institut, dass man auch damit nicht hinkommt. Prof. Walter Leitner zieht jetzt jedoch auch insofern ein positives Fazit: „Die Kosten haben sich seither zwar noch gesteigert, aber nur im normalen Rahmen. Wir haben keine wesentliche Abweichung vom Plan mehr.“
Und auch in puncto Nachbarschaft habe sich alles zum Guten entwickelt: Lange Zeit hatte es mit Anwohnern zum Beispiel erbitterten Streit um Parkplätze in den umliegenden Straßen gegeben. Das habe sich „deutlich entspannt“, man verzeichne „keine Beschwerden“ mehr. „Wir haben zu einem guten Miteinander gefunden“, sagt der Direktor. Und so habe man sich jüngst für zusätzliche Schallschutzmaßnahmen für das auf dem Dach des neuen Werkstattgebäudes befindliche Rückkühlwerk für die Kältemaschine entschieden. „Wir halten schon jetzt die Grenzwerte ein, wissen aber, dass das für Anwohner der Stiftstraße und des Höhenwegs möglicherweise etwas unangenehm sein kann.“
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