Mülheim. Mülheimer Kinderärzte können ihre kleinen Patienten nicht immer mit dem gewünschten Medikament versorgen – gerade antibiotische Säfte sind knapp.
Wenn das Kind krank ist, ist die Sorge an sich schon groß. Zusätzlich belastet werden Eltern in solch einer Situation zunehmend dadurch, dass manche Medikamente für Kinder nicht lieferbar sind. Mülheimer Betroffene berichten, was ihnen widerfahren ist. Worauf Mütter und Väter achten sollten, erklärt der Mülheimer Kinderarzt Olaf Kaiser.
Die gute Nachricht vorweg: Die Lage bei den Fiebersäften hat sich im Laufe des Jahres verbessert, ordnet Kinderarzt Olaf Kaiser ein, Obmann für Mülheim im Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Gleichwohl registriert auch er, dass antibiotische Säfte für seine kleinen Patientinnen und Patienten nicht immer verfügbar sind und weiß: „Eltern sind dann gezwungen, mit dem fiebernden Kind quer durch die Stadt zu fahren und eine Apotheke nach der anderen abzuklappern.“ Als Arzt sei er wegen der Mangellage bei gewissen Medikamenten mitunter gezwungen, die Leitlinien zu verlassen und Mitteln zu verordnen, die „stärker wirken, obwohl man es eigentlich gar nicht bräuchte, weil das reine Penizillin gerade nicht zur Verfügung steht“, schildert Kaiser.
Mutter aus Mülheim: „Diese Angst möchte ich nicht noch mal haben müssen.“
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Dass Arznei nicht verfügbar ist, hat auch Sabrina Konarkowski bereits schmerzhaft erlebt: „Unsere vierjährige Tochter hatte Scharlach, ihr ging es sehr schlecht. Antibiotika waren nur sehr schwer zu bekommen – manche Apotheker sagen: Wir haben dieses Medikament nicht und tschüss, manche Apotheker tun alles, um irgendwie eine Lösung zu finden.“ Es mache ihr Angst, sagt die zweifache Mutter aus Mülheim, wenn Medizin für ihre Kinder nicht zu haben ist: „Oft gibt es auch kaum Alternativen wegen Alter und Gewicht. Ich bin ehrlich: Ich habe dieses Jahr mehr Fiebermittel gekauft, damit wir über den Herbst und Winter kommen. Diese Angst möchte ich nicht noch mal haben müssen.“
Auch Vater Thomas Frohn hat leidige Erfahrungen gemacht: „Wir mussten wegen Ohrenschmerzen zum Kindernotdienst in Oberhausen, da haben wir nach langem Warten ein Rezept für Schmerzmittel bekommen. Die erste Apotheke in Oberhausen hatte nix, dann haben wir das Kind heimgebracht und sind in Mülheim zur Apotheke an der Zeppelinstraße gebrettert.“ Nach der Odyssee fragt sich Frohn: „Wieso gibt es keinen Medikamenten-Automaten im Krankenhaus? Oder Anlieferung nach Hause per Drohne?“
Vater aus Mülheim hat Hustensaft für die Kinder in den Niederlanden gekauft
Betroffen von der Medikamentenknappheit ist auch Mario Walter; er selbst muss wegen Diabetes Tabletten nehmen. „Leider bekomme ich das Rezept jetzt anstatt für drei Monate nur für vier Wochen und soll ein erneutes Rezept beim Arzt holen, da es massive Schwierigkeiten gibt mit der Lieferung des Medikamentes.“ Um seine Kinder mit ausreichend Hustensaft versorgen zu können, ist der Mülheimer nach Venlo gefahren, berichtet er: „Komischerweise gab es dort alles in Fülle.“
Selbst der Kinderarzt Olaf Kaiser sagt: „Fiebersaft kann man in Holland kaufen.“ Ansonsten bittet Kaiser, sich nicht mit Medikamenten aus den Apotheken vor Ort zu bevorraten – das vergrößere das Problem, fürchtet er. Stattdessen rät der Mediziner, in der Arztpraxis, die das Rezept ausstellt, zu fragen, ob dort etwas über die Verfügbarkeit der verordneten Arznei bekannt ist. „Mittlerweile werden dazu zwischen Praxen und Apotheken Listen ausgetauscht.“
Mülheimer Kinderarzt: „Die geringen Fiebersaft-Kapazitäten gehen schnell zur Neige.“
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Mit Blick auf Notdienstzeiten, sagt Kaiser, würde er im Zweifel vorab versuchen, in Erfahrung zu bringen, welche Medikamente in der Notdienst habenden Apotheke überhaupt vorrätig sind.
Die eher ruhige Ferienzeit habe aktuell zu weniger Verbrauch geführt, doch der Sprecher der Kinderärzte sagt: „Wir bangen vor dem Schulbeginn, hatten jetzt schon wieder einige Fälle mit Corona-Infektionen.“ Dass spätestens im Herbst die nächste Infektwelle kommt, sei zu erwarten. „Das kann uns eiskalt erwischen, denn ich bin mir nicht sicher, ob die Reserven reichen. Die geringen Fiebersaft-Kapazitäten gehen dann schnell zur Neige.“
Ein Mittel, um Engpässe zu minimieren, könne nach Kaisers Ansicht nur sein, „Medikamente vermehrt in Europa zu produzieren und sich nicht von Rohstofflieferungen aus China abhängig zu machen.“ Der Kinderarzt rät Eltern, nicht für jede leichte Erkältung mit dem Kind in die Praxis zu kommen: „Solange ein Kind kein Fieber hat, sondern nur einen Schnupfen und weiter gut isst, trinkt und Lust hat zu spielen, muss es nicht vorgestellt werden.“ Olaf Kaiser betont aber: „Wir empfehlen inzwischen, alle Kinder gegen Grippe zu impfen, weil wir dann zumindest diesen Infekt ausbremsen können.“
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