Mülheim. In Mülheim steht die Kirche Herz Jesu zum Verkauf, samt Kita. Nun kommt plötzlich der Name der Parkstadt-Investoren Soravia ins Spiel.
Tränen sind geflossen, Herzen wogen schwer, als am 25. Februar die letzte Messe in der Broicher Herz-Jesu-Kirche gefeiert wurde. Die Gemeinde muss sich von ihrem Gotteshaus trennen, das Gebäude steht zum Verkauf. Doch während die einen noch trauern, werfen andere schon Netze aus.
Seit Ende September wird die Liegenschaft Herz Jesu im Immobilienportal des Bistums Essen angeboten. Zum Verkauf stehen zwei Grundstücke an der Ulmenallee und an der Hermannstraße, das eine etwa 6912 m², das andere 1810 m² groß, bebaut mit Kirche, Gemeindehaus, Jugendheim, Pfarrhaus und Kindertagesstätte, wobei Kirche und Pfarrhaus denkmalgeschützt sind. Das Angebotsverfahren sollte eigentlich am 24. März enden. Nun wird es verlängert, und zugleich blinkt bei den Ersten Alarm auf. Denn offenbar hat Soravia die Kirche Herz Jesu im Auge, anscheinend sogar auf Initiative des Bistums. Nur wenige hundert Meter entfernt realisiert der österreichische Immobilienkonzern das Großprojekt Parkstadt Mülheim.
Mülheimer Kirchenverkauf: Soravia offenbar interessiert
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Es gebe „erste Informationen“, wonach Soravia auch die Kirche Herz Jesu erwerben möchte, erklärte der Mülheimer Dr.-Ing. Bernhard Leidinger gegenüber dieser Redaktion. Leidinger ist Anwohner und gehört dem kritischen Netzwerk „Parkstadt Mülheim - aber richtig!“ an. Die Information habe er persönlich aus Gemeindekreisen bekommen, sagte er auf Nachfrage. Angeblich plane Soravia auf dem Herz-Jesu-Areal „ein Kulturzentrum mit darüber liegender vielgeschossiger Wohnbebauung“.
Falls dem so sein sollte, wittert Leidinger eine neue Herausforderung für die Gegner einer hohen, verdichteten Bebauung zwischen Broich und Speldorf. Er warnt vorsichtshalber schon jetzt: „Wenn die Stadt hier wie auch auf dem ehemaligen Tengelmanngelände gegen die Empfehlungen der Nachbarschaft eine höhere Bebauung zulassen möchte, wird sich das spätestens bei der Kommunalwahl 2025 zeigen.“ Ärger und Sorgen der Anwohner seien inzwischen sehr groß. Die Politik sollte auf beiden Flächen maximal vier bis sechs Geschosse zulassen. „Andernfalls wird sich das Netzwerk auch dem Thema Herz Jesu widmen“, glaubt Leidinger.
Soravia-Sprecherin: „Bistum ist auf uns zugekommen“
Hat Soravia tatsächlich Interesse am Kirchen-Areal oder kocht hier nur ein Gerücht hoch. Die Antwort des Unternehmens überrascht: „Das Bistum ist direkt auf uns zugekommen“, erklärt eine Sprecherin von Soravia Deutschland auf Anfrage. „Und wir überlegen gerade, ob wir es uns näher anschauen, und führen dazu eine technische Ersteinschätzung intern durch.“
Alle anderen Beteiligten halten sich sehr bedeckt. Pfarrer Christian Böckmann, bei dem die Fäden in Sachen Grundstücksverkauf zusammenlaufen, möchte ein Angebot von Soravia weder bestätigen noch dementieren. Er könne zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Namen nennen, so Böckmann. Unterschiedliche potenzielle Investoren seien an das Bistum herangetreten und hätten Gespräche aufgenommen. Der Termin am vergangenen Freitag sei verstrichen, die Frist werde verlängert, dies bestätigte auch die Immobilienabteilung des Bistums Essen. Bis wann, ist noch offen. „Es sind viele Nachfragen da, aber bislang ist noch nichts so weit entwickelt, dass eine Entscheidung greifbar wäre“, erläutert der Pfarrer.
Neue Eigentümer müssen „angemessene Nutzung“ garantieren
„Wir machen uns viele Gedanken über dieses Projekt“, ergänzt Böckmann. Die Stadt sei ebenfalls beteiligt, Bauordnungsamt, Stadtplanungsamt, Denkmalbehörde, die Begleitung bis jetzt „ausgesprochen gut“. Einige Vorgaben, die neue Eigentümer beachten müssen, enthält das Immobilienangebot. So ist für alle Gebäude, die erhalten bleiben sollen, eine „angemessene Nutzung“ zwingend vorgeschrieben, was Vergnügungsstätten ebenso ausschließt wie eine Nutzung durch nichtchristliche Religionsgemeinschaften.
Schon seit Längerem ist bekannt, dass das 131 Jahre alte Kirchengebäude massive Bauschäden aufweist und für einen siebenstelligen Betrag saniert werden müsste. Das Gemeindehaus habe aus Brandschutzgründen geschlossen werden müssen, berichtet Pfarrer Böckmann, nachdem im Rahmen einer Brandschau Mängel festgestellt wurden. Auch dort müsse nachgebessert und fünfstellig investiert werden. Aktuell sei nur die Bücherei weiter geöffnet.
Pfarrer verspricht: „Kita bleibt, muss aber erweitert werden“
Auf jeden Fall gesichert sei die katholische Kita „Broicher Rasselbande“ an der Hermannstraße, deren Gebäude zum Verkaufspaket gehört. „Die Kita bleibt, muss aber erweitert und modernisiert werden“, erläutert der Pfarrer. Ebenfalls vor Ort bleiben müsse „ein pastoraler Ort“ für die Gläubigen, an welcher Stelle, unter welchem Dach auch immer.
Da das Grundstück der Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt gehört, liegt die Verkaufsentscheidung letztlich auch bei ihr, genauer: beim Kirchenvorstand. Ab einer bestimmten Größenordnung müsse eine kirchenaufsichtliche Genehmigung eingeholt werden, erläutert Ulrich Lota, Sprecher des Bistums Essen. Auch er möchte sich nicht zu potenziellen Interessenten namentlich äußern, betont aber, die entscheidenden Gremien seien mit Leuten aus Broich und Speldorf besetzt, „und auch wir als Bistum versuchen, mit den Menschen vor Ort eine gute Zukunft zu planen“. Eine Menge Arbeit wartet noch auf alle Beteiligten. Pfarrer Christian Böckmann meint: „Es wird mit Sicherheit noch viele Monate dauern, bis dieses komplexe Projekt unterschriftsreif ist.“