Mülheim. Erneut zeigt Mülheims AfD keine Scheu davor, Partei-Rechtsaußen als Gastredner einzuladen. Wie Parteichef Alexander von Wrese das rechtfertigt.

Einmal mehr sorgt Mülheims AfD mit einer brisanten Einladung für Aufsehen: Für eine Veranstaltung zum Politischen Aschermittwoch am 22. Februar ist ein Bundestagsabgeordneter eingeladen, dem selbst die AfD-Fraktion im Berlin bis heute die Zusammenarbeit verwehrt.

Schon 2019 hatte der Mülheimer Kreisverband Schlagzeilen gemacht, als er zu seinem Oktoberfest den damaligen Spitzenkandidaten zur brandenburgischen Landtagswahl, Andreas Kalbitz, nach Mülheim geholt hatte, damit dieser in seiner Rede Flüchtlinge abschätzig als „Goldstückchen“ und „Horden, die über die Grenze kommen“, diffamieren konnte. Oder die deutsche Bildungspolitik als „staatlich institutionalisierte Verblödung“, die deutsche Justiz als „68er-durchseucht“ oder SPD-Politiker als „asoziale Demokraten“ und linke Landtagsabgeordnete mit „Darmverschluss-Gesicht“. „Deutschland, Deutschland“ sollen Mülheims AfD-Anhänger damals bei der Veranstaltung auf der Heimaterde lauthals skandiert haben.

AfD-Redner in Mülheim, den die Bundestagsfraktion nicht in ihren Reihen haben will

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Nun ist mit Matthias Helferich zum Politischen Aschermittwoch der AfD an einem unbekannten Ort in Mülheim (Bekanntgabe nur nach Anmeldung) ein ebenso umstrittener Politiker geladen. Er soll neben dem Kreisverbandsvorsitzenden Alexander von Wrese und Irmhild Boßdorf, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin des AfD-Bundestagsabgeordneten Rüdiger Lucassen tätig ist, eine Rede halten.

Obwohl über die AfD-Landesliste im Herbst 2021 in den Bundestag gewählt, gehört Helferich bis heute nicht der AfD-Bundestagsfraktion an. Noch in diesem Januar lehnte es die Fraktion mit 53 Prozent der Stimmen ab, überhaupt über einen aktuellen Aufnahmeantrag Helferichs zu befinden. Helferich war 2021 zunächst als fraktionsloser Abgeordneter in Berlin angetreten, weil es in der AfD-Fraktion Diskussionen um seine Person gegeben hatte.

Helferich wird dem völkisch-nationalen Flügel unter Björn Höcke zugerechnet

Der Abgeordnete ist wegen Äußerungen in älteren Chats umstritten, wird dem völkisch-nationalen Flügel unter Björn Höcke zugerechnet. Helferich bestritt später nicht, sich in einem der besagten Chats 2017 als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnet zu haben, jedoch sei der Begriff lediglich eine Fremdzuschreibung von linken Bloggern gewesen, die er „persifliert“ habe. Der AfD-Politiker aus Dortmund erwähnte in dem Chat demnach auch Kontakte in die Neonazi-Szene der Stadt. Sein bürgerliches Image pflege er nur zum Schein. Zudem soll er damit geprahlt haben, Kornblumen im Garten zu züchten - „geheimes symbol der nationalsozialisten während des verbots in österreich (sic)“, so seine Kommentierung dazu.

Die Einladung Helferichs zum Politischen Aschermittwoch seiner Mülheimer AfD rechtfertigt der Vorsitzende des Mülheimer AfD-Kreisverbandes, Alexander von Wrese, auf Nachfrage damit, dass ihm daran gelegen sei, Vertreterinnen und Vertreter aller Strömungen innerhalb der AfD zu Wort kommen zu lassen. „Wir laden grundsätzlich quer durch die Partei ein.“ Helferich sei nun mal für die AfD im Bundestag, wenn auch nicht Fraktionsmitglied.

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Mülheims AfD-Chef zu Helferich: Aktuell sei nichts „skandalös oder anrüchig“

Helferichs frühere Aussagen wolle er nicht kommentieren, so von Wrese, um gleichsam Wert auf die Feststellung zu legen, dass dies nicht zu verstehen sei als „Solidarisierung“ mit jenen Äußerungen Helferichs, die diesen in Verruf gebracht haben. Mit seinen Reden im Bundestag erziele der Dortmunder Politiker „durchaus Reichweite“, äußert von Wrese, dass ihm aus dem Bundestag keine Reden Helferichs bekannt seien, die „skandalös oder anrüchig“ seien.

Eine Themenvorgabe habe Helferich für seinen Auftritt in Mülheim nicht, so von Wrese. Die Örtlichkeit für die Zusammenkunft will von Wrese weiterhin öffentlich nicht bekannt machen – aus Sorge vor Gegenprotesten, die es in Mülheim ja schon in der Vergangenheit häufiger gegeben hatte. (mit dpa)