Mülheim. Nachdem sich ihre Ratsfraktion kurz nach der Kommunalwahl 2014 selbst zerlegt hatte, arbeitet Mülheims AfD an ihrem kommunalpolitischen Comeback.

Nach der Kommunalwahl 2014 hat es nicht einmal ein Jahr gedauert, dass sich die mit den drei Ratsmitgliedern Jochen Hartmann, Martin Fritz und Lutz Zimmermann gestartete Mülheimer AfD-Fraktion im Streit selbst zerlegt hat. Bereitete der Kreisverband das Mülheimer Comeback seiner Partei bislang unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor, geht die AfD jetzt in die Vollen.

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Für den 29. Oktober hat der Kreisverband im Schulterschluss mit dem Vor-Ort-Format der Bundestagsfraktion eine Räumlichkeit in der Stadthalle angemietet, die bis zu 300 Gäste fasst. Sie lädt ein zum Bürgerdialog. Ab 19 Uhr sind die beiden Landtagsabgeordneten Martin Vincentz und Markus Wagner angekündigt, dazu Partei-Prominenz aus Berlin: Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel.

Bisher nannte AfD Orte von Versammlungen nur auf Anfrage

Bislang hatte sich Mülheims AfD gescheut, mit eigenen Veranstaltungen in die Öffentlichkeit zu gehen. Termine wurden zwar in den sozialen Netzwerken gestreut. Doch wer erfahren wollte, wo ein Parteitreffen stattfindet, war gezwungen, sich per Mail anzumelden. So wollte die Partei ungebetene Gäste und Protest fernhalten.

Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg, war im September Gast beim Oktoberfest der Mülheimer AfD auf der Heimaterde.
Andreas Kalbitz, Landesvorsitzender der AfD in Brandenburg, war im September Gast beim Oktoberfest der Mülheimer AfD auf der Heimaterde. © dpa | Patrick Pleul

So hatte es Mitte September auf der Heimaterde ein Oktoberfest gegeben mit dem brandenburgischen Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz. In seiner Rede, die die AfD auf Youtube veröffentlicht hat, zeigte Kalbitz, welche politische Rhetorik auch im Mülheimer Wahlkampf Einzug erhalten könnte.

Spitzenkandidat aus Brandenburg lederte jüngst bei AfD-Treffen auf der Heimaterde ab

Kalbitz nannte Flüchtlinge abschätzig „Goldstückchen“ und „Horden, die über die Grenze kommen“. Er erklärte die deutsche Bildungspolitik als „staatlich institutionalisierte Verblödung“, sprach von einer „68er-durchseuchten Justiz“. Die SPD nannte er „asoziale Demokraten“, linke Landtagsabgeordnete hätten ein „Darmverschluss-Gesicht“.

Kalbitz sieht „das Land vor die Hunde gehen“. Er wolle sich in Zukunft nicht von seiner Tochter die Frage anhören müssen, was er damals dagegen getan habe. „Da will ich nicht sagen, dass ich damit beschäftigt war, mein Reihenhaus abzubezahlen. Mein abbezahltes Reihenhaus ist im Kalifat rein gar nichts wert.“ Ein Ohrenzeuge, selbst Mitglied der SPD, empörte sich im Nachgang darüber, dass die AfDler lauthals „Deutschland, Deutschland“ skandiert hätten, dass es bis nach draußen geschallt sei.

Kreisvorsitzender ruft zum Start des Kommunalwahlkampfes auf

Mülheims in sozialen Netzwerken gut verdrahtete AfD kommt langsam aus der Deckung. Der Termin mit Alice Weidel Ende Oktober in der Stadthalle könne durchaus als Start in den Kommunalwahlkampf interpretiert werden, so Kreisvorsitzender Alexander von Wrese (40) auf Anfrage der Redaktion.

Jurist von Wrese ist Allzweckwaffe des Mülheimer AfD-Kreisverbandes. Er kandidierte schon zur Bundestagswahl und ist nun Spitzenkandidat für die Kommunalwahl. Er macht keinen Hehl daraus, dass es ihn nach Berlin in den Bundestag zieht. Wrese hat mit seinem Facebook-Profil fast 6900 Follower, Mülheims AfD hat 2870. Zum Vergleich: Mülheims SPD hat 675, die CDU 522. Kampagnenfähig aufgestellt ist die AfD also schon, wenngleich viele der Follower Parteifreunde aus dem gesamten Bundesgebiet sind.

In Styrum-Süd wählt bei der Europawahl 15,5 Prozent AfD

Bei der Kommunalwahl 2014 erreichte die AfD in Mülheim 5,3 Prozent, bei der Europawahl zuletzt waren es bei knapp 7400 Stimmen 9,7 Prozent. Im Wahlbezirk Styrum-Süd war die AfD auf 15,5 Prozent gekommen. Ein Kommunalwahlprogramm will die AfD laut von Wrese „spätestens auf dem Kreisparteitag Anfang des Jahres verabschieden“. Zuletzt hatte sich die AfD für den Erhalt der VHS in der Müga oder gegen neue Gewerbeflächen „auf grüner Wiese“ ausgesprochen.