Mülheim. Mit Maßnahmen zum Klimaschutz wollen Mülheims Sozialdemokraten neues Vertrauen und Wahlen gewinnen. Das sind die Pläne der SPD für die Stadt.
Mit neuen Leitlinien für den Klimaschutz, einem Hitzeschutzplan und einem deutlichen Nein zum Abbau von weiteren Straßenbahnlinien hat sich die Mülheimer SPD auf ihrem Unterbezirksparteitag positioniert. Das Klima als alles bestimmenden Thema haben die Genossen „mit Blick auf die Dringlichkeit“ und das Wahljahr 2025 erkannt. Vor allem die jungen Sozialisten trieben die Klimafragen voran. Heißt die Steigerung von „Grün“ also künftig „grüner – Rot“? Das wollen die Sozialdemokraten.
Intern will sich die Partei dafür fachlich aufstellen: Eine Arbeitsgruppe aus den Unterbezirksvereinen und der Fraktion soll alle Politikfelder und des gesellschaftlichen Lebens bearbeiten und ein „konkretes Arbeitsprogramm erstellen, um den vielfältigen sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen, die der Klimawandel für uns bereithält, angemessen begegnen zu können“.
Forderung 1: Mehr Hitzeschutz in den Innenstädten
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Als ersten Arbeitsauftrag hatten die Jusos und der Ortsverein Broich der SPD-Ratsfraktion schon am Parteitag ins Aufgabenheft geschrieben: Die Stadtverordneten sollten sich für einen städtischen Hitzeschutzplan stark machen, der nicht nur die kostenlose Bereitstellung von Trinkwasser an öffentlichen Plätzen beinhalte, sondern die Einrichtung von mehr Grün an Hitzeinseln in der Stadt sowie von Kühlzonen nach Wiener Vorbild.
Der umweltpolitische Sprecher Daniel Mühlenfeld meldete daraufhin bereits „Vollzug“ im Umweltausschuss vor drei Monaten. Allerdings hatte die Stadt zur Augustsitzung nur auf ihre Handlungsstrategie zur Klimaanpassung verwiesen und sah ansonsten aber „keine Möglichkeit, einen solchen Plan zu erstellen, da schon die bereits beschlossenen Maßnahmen aus dem Klimaanpassungskonzept unter den gegebenen personellen und finanziellen Rahmenbedingungen kaum umgesetzt werden können“. Die SPD-Fraktion wolle aber am Thema dranbleiben, sicherte Mühlenfeld zu.
Forderung 2: Umsetzung einer sozial-ökologischen Verkehrswende
Deutlich wurden die Jusos gegenüber der SPD-Fraktion auch bei ihrer Forderung nach einer verkehrspolitischen Wende. Aus ihrer Sicht sollen alle Straßenbahnlinien sowie die künftigen Metrobuslinien im Zehn-Minuten-Takt fahren – bislang sieht der Entwurf des neuen Nahverkehrsplans einen 15-Minuten-Takt vor.
Zwar hat der Entwurf theoretisch einen 7,5-Minuten-Takt vorgesehen, der bedarfsweise auf bestimmten Linien und zu bestimmten Zeiten umgesetzt werden könnte. Doch wann und wie eine bestimmte Linie fährt, verrät der Liniensteckbrief.
Grundsätzliche Takterhöhung auf zehn statt 15 Minuten für bestimmte Linien
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Hier stehen Verwaltung und Politik noch im Konflikt, denn Stadt und Ruhrbahn wollen Steckbriefe erst erarbeiten, sobald der Nahverkehr im Rat beschlossen ist. Die Politik hingegen fordert Klarheit über die Linien, bevor sie einem neuen Nahverkehrsplan zustimmen will. Grundsätzlich aber widerspricht die Zehn- und 20-Minuten-Taktung der Jusos dem geplanten Rhythmus (7,5-15,30-60 Minuten) der Stadt.
Auch im Nachtverkehr wollen die jungen Sozialdemokraten mehr als bislang geplant ausbauen: Alle Haltestellen des NE4 / NE9 sollen erhalten bleiben, zwischen Friesenstraße und Stadtzentrum soll sogar eine neue Verbindung geschaffen werden – im Plan hat die Nachtexpresslinie T9 keine direkte Anbindung weder zur einen noch zur anderen Seite.
Zwickmühle: Kein Abbau der Straßenbahn-Infrastruktur
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Und noch in einem weiteren Punkt stiegen die Jusos in den Ring – nicht nur mit dem Entwurf, sondern gleich auch mit der eigenen Fraktion: Es dürfe keinerlei Abbau der wertvollen Straßenbahn-Infrastruktur geben, „die SPD soll standhaft in ihrer Position ,Mobilität für alle’ bleiben“, beantragten sie. Zuspruch kam von Falken: „Wenn wir hier kürzen, kürzen wir bei allen Themen: soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz.“
Und setzten damit die Ratsfraktion auf Koalitionskurs für die Entscheidung im Dezember. Denn der aktuelle Nahverkehrsentwurf sieht zur Einsparung eine Kürzung der Linie 104 am Kahlenberg vor. Daniel Mühlenfeld, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion, sah sich nicht nur hier „in einer Zwickmühle zwischen ,Wollen’ und ,Können’“. Denn aus seiner Sicht sprächen haushalterische Gründe gegen einige der Forderungen: „Unsere Beschlüsse werden dann als ,nicht umsetzbar’ behandelt“, schlug Mühlenfeld vor, die Straßenbahn-Frage im Arbeitskreis der Fraktion zu behandeln.
Das jedoch stieß auch beim Ortsverein Stadtmitte auf Granit: „Lasst uns den Antrag beschließen und nicht den Eindruck erwecken, eine gute Idee im Arbeitskreis kaputtmachen zu wollen“, erwiderte Hermann Klauer. Auch Rodion Bakum unterstützte die Anträge der Jusos aus Perspektive der Landespartei: Im Landtag sei über den Systemwechsel debattiert worden. Mehr Mittel seien für den ÖPNV durch den Bund zur Verfügung gestellt, „wir erleben gerade eine Revolution in diesem Bereich. Die Ratsfraktion sollte schauen, was das Land mit den Mitteln macht und ob sie in Mülheim ankommen“, schlug der SPD-Landtagsabgeordnete vor.
Forderung 3: Stoppt den Ausbau der A40
Deutlich legte sich die Mülheimer SPD auch gegen einen sechsspurigen Ausbau der A40 auf Mülheimer Gebiet fest. „Das Gesamtprojekt sollte nicht weiterverfolgt werden“, beantragten die Ortsvereine aus Styrum, Dümpten und Heißen-Heimaterde. Ohnehin würde der Bundesverkehrswegeplan im kommenden Jahr auf den Prüfstand gestellt.
Rodion Bakum verwies dabei auf die jüngste Entscheidung des grünen Landesverkehrsministers Oliver Krischer, der sich aufgrund von Verkehrsbelastungen gegen den Ausbau der Autobahnen A3 und A1 bei Leverkusen ausgesprochen hatte.
Die geplanten Lärmschutzmaßnahmen an der A40 seien daher umzusetzen, „ohne die Kröte ,Ausbau’ schlucken zu müssen“, bekräftigte Mühlenfeld. Ein optimierter Lärmschutz solle „im Bestand realisiert“ und dafür die geplanten Mittel von rund 30 Millionen Euro eingesetzt werden.
Forderung 4: Sozial- und klimagerechtes Bauen in der Parkstadt
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Und nicht zuletzt stimmten die Sozialdemokraten ohne Wenn und Aber für deutliche Klimamaßnahmen bei den Plänen für die Parkstadt. Dies bedeutet neben einer Begrenzung auf 450 Wohneinheiten ebenso eine klimaneutrale Bilanz etwa durch kreislauffähiges Baumaterial, verpflichtende Photovoltaik-Anlagen auf den Gebäuden, Wärmepumpen und Anschluss an Fernwärme oder vergleichbare ökologisch wirksame Versorgung, Starkregenvorsorge sowie eine Pflanzenkläranlage für den See.
Susanne Dodd bekräftigte für die Ortsvereine Broich und Speldorf: „Unsere Forderungen sind kein Wünsch-Dir-Was, sondern sie tragen eine soziale Handschrift. Klimapolitik ist soziale Politik.“