Mülheim. Jolanthe, unsere Benefiz-Aktion, unterstützt dieses Jahr das Mülheimer Arbeitslosenzentrum. Wie viel Geld für die Beratungsstelle gesammelt wurde

Sie helfen denen, die keine Lobby haben, die am Rande der Gesellschaft leben und doch alles andere wollen, als sich in der sozialen Hängematte auszuruhen. Das Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz) nimmt sich seit über 35 Jahren Mülheimerinnen und Mülheimern an, die in existenzielle Not geraten sind. Nun aber war die Beratungsstelle aufgrund weggefallener Fördergelder selbst in Existenznot geraten, daher soll der Erlös aus unserer Benefiz-Aktion Jolanthe dazu beitragen, das Fortbestehen des Malz zu sichern. Jetzt nahmen die Malz-Verantwortlichen die Spendengelder entgegen.

Ayse T., die aus einer belastenden Ehe ausgebrochen war und nun mit 40 Jahren eine Ausbildung macht, um nicht länger auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. Oday Hassan, der als Jugendlicher aus Syrien fliehen musste und inzwischen in Bochum studiert. Hayal Baki, die jeden Job annimmt, aber doch nie genug Geld zum Leben hat. Der Autist Fabian Hoff, der seine besonderen Fähigkeiten zum Beruf machen will, auf dem Weg dahin aber Unterstützung braucht. Thomas Z., der Jahrzehnte als Schlosser im selben Betrieb arbeitete, dann aber gemobbt wurde und wegen Depressionen schon seit Jahren krankgeschrieben ist. Die Rentner R., die dachten, fürs Alter gut vorgesorgt zu haben, und denen nun die Unterbringung der dementen Ehefrau das Ersparte auffrisst – sie alle haben wir während unserer Jolanthe-Benefiz-Aktion getroffen.

Mülheimer Arbeitslosenzentrum führt jährlich rund 1400 Beratungen durch

Ihre Geschichten durften wir erzählen stellvertretend für die rund 1400 Beratungen, die jährlich nach Aussage von Beraterin Gabi Spitmann im Mülheimer Arbeitslosenzentrum Malz stattfinden. Oday Hassan, Thomas Z., die alten Eheleute R. – sie alle steckten in einer finanziellen Misere, aus der sie alleine keinen Ausweg fanden. Durch die Beratung im Malz, die für die Klienten unentgeltlich ist, haben sie nun zumindest ein auskömmliches Leben. Sie eint das Ziel, herauszukommen aus dem Bezug von Sozialleistungen, finanziell auf eigenen Beinen stehen zu können.

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Ein Auskommen haben aber muss auch das Malz selbst, das von einem Verein getragen wird und dessen Arbeit in den Vorjahren stets auch durch Fördergelder finanziert worden war. Doch die Landesregierung hatte Zuschüsse aus dem Europäischen Sozialfonds gekappt und auch die Stadt hatte ihre Unterstützung eingestellt, schilderte Malz-Vorsitzende Annette Lostermann-De Nil zu Beginn der Jolanthe-Aktion die prekäre wirtschaftliche Situation der Beratungsstelle. Zwar seien sie ein Verein, doch diejenigen, die Mitglied werden – oft aus Dankbarkeit für die Beratung – können nicht viel beisteuern zur Vereinskasse, etwa 500 Euro im Jahr kommen dadurch zusammen.

Oday Hassan flüchtete 2016 mit seinem Vater und seiner Schwester aus Syrien. Dank des Mülheimer Arbeitslosenzentrums hat der junge Mann im Ruhrgebiet Fuß gefasst und studiert mittlerweile Angewandte Informatik.
Oday Hassan flüchtete 2016 mit seinem Vater und seiner Schwester aus Syrien. Dank des Mülheimer Arbeitslosenzentrums hat der junge Mann im Ruhrgebiet Fuß gefasst und studiert mittlerweile Angewandte Informatik. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Der Erlös aus der Benefiz-Aktion Jolanthe fließt in die Miete für das Malz ein

Nun aber, durch die Jolanthe-Benefiz-Aktion dieser Redaktion, sind rund 2600 Euro eingegangen, die das Malz erhalten hat. Dieser Betrag solle – wie weitere Spenden, die rund um die Berichterstattung direkt beim Malz angekommen sind – einfließen, um die Jahresmiete für die Räume im Gewerkschaftshaus an der Friedrichstraße zu decken. „Das haben wir den Spenderinnen und Spendern zu verdanken, die sich an Jolanthe beteiligt haben“, freut sich Vereinsvorsitzende Annette Lostermann-De Nil.

Aber mit der Miete alleine ist es nicht getan, im Raum stehen auch Gehälter, die gezahlt werden müssen. Doch auch was die restliche Finanzierung der Beratungsstelle anbelangt, haben die beiden Frauen die Hoffnung noch nicht aufgegeben. „Wir führen derzeit Gespräche zur Finanzierung und hoffen sehr, dass sich das Malz so zumindest für ein weiteres Jahr erhalten lässt.“ Denn eines ist sicher: Spitmann und Lostermann-De Nil wollen weiter kämpfen für diejenigen, die sonst allzuschnell in eine Schublade gesteckt werden, sich allerorten Vorurteilen ausgesetzt sehen.

Beraterin Spitmann hat zudem während der zurückliegenden Monate, in denen die Artikel über die Klienten und ihre Schicksale erschienen sind, noch einen weiteren Effekt bemerkt: „Nach jeder Berichterstattung hatten wir mehr Zulauf von Menschen, die in ähnlicher Weise betroffen sind.“ Sogar Anfragen etwa aus Berlin habe sie erhalten, erzählt Spitmann und sagt: „Das zeigt mir, wie wichtig die Themen sind, die mit den Artikeln aufgegriffen worden sind.“

Gabi Spitmann, Beraterin im Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz), hilft Menschen, die arbeitslos sind oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, unentgeltlich. Das Malz wird von einem Verein getragen, der zusätzlich zu den Mitgliedsbeiträgen in den vergangenen Jahren auf Fördergelder zurückgreifen konnte, die aber gestrichen worden sind.
Gabi Spitmann, Beraterin im Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz), hilft Menschen, die arbeitslos sind oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, unentgeltlich. Das Malz wird von einem Verein getragen, der zusätzlich zu den Mitgliedsbeiträgen in den vergangenen Jahren auf Fördergelder zurückgreifen konnte, die aber gestrichen worden sind. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Die Menschen, die ins Malz kommen, haben kaum Selbstwertgefühl, schämen sich oft

Viele der Menschen, die zu ihr kommen, hätten kaum noch Selbstwertgefühl, seien immens verunsichert und könnten teils vor sich selbst nicht bestehen – zu tief haben sich Gefühle wie Existenzängste und Scham darüber, es einfach nicht ohne Sozialleistungen zu schaffen, eingebrannt. „Für unsere Klienten war es sehr wohltuend, dass man ihnen mit Empathie begegnet ist, dass sie in den Berichten nicht vorverurteilt wurden“, schildert Spitmann.

Die Malz-Beraterin Spitmann bereitet sich unterdessen schon auf die nächsten Hilfesuchenden vor: Die Geflüchteten aus der Ukraine, die sich eine Bleibe-Perspektive in Mülheim vorstellen können, werden schon bald bei ihr an der Friedrichstraße 24 anklingeln, ist sie sicher. Frau Spitmann steht für sie – wie für alle ihre Klienten – bereit: „Ich hab schon Kontakt zu Dolmetschern aufgenommen und mir angesehen, wie die Papiere und Ausweise aussehen, die die Menschen aus der Ukraine mitbringen.“

Kontakt zum Mülheimer Arbeitslosenzentrum, Friedrichstraße 24, unter 0208/32 521 sowie per E-Mail an: arbeitslosenzentrum@gmx.de. Die Möglichkeit, für die Benefiz-Aktion Jolanthe – und damitfür das Malz – zu spenden, läuft weiter. Das Spendenkonto befindet sich bei der Sparkasse Mülheim, DE05 3625 0000 0175 0342 77, Stichwort: Jolanthe.

Lesen Sie hier unsere Berichte zum Mülheimer Arbeitslosenzentrum: