Mülheim. Wohnraum ist knapp, daher müsse Mülheim auch Hochhaus-Bau erwägen, schlägt der Haus-und-Grund-Chef vor. Womit Vermieter aktuell zu kämpfen haben.
Mülheim muss den Mut haben, auch Hochhäuser zu bauen, anders lasse sich der Bedarf an Wohnraum in der Stadt nicht decken. Das sagt der scheidende Geschäftsführer von Haus und Grund in Mülheim, Andreas Noje, der mit Jahresbeginn zu der Eigentümer- und Vermietervertretung nach Essen wechselt. Auch sein Nachfolger Christian Reiff hat klare Vorstellungen für Mülheim als Wohnstadt.
Explodierende Energiekosten und Preissteigerungen in nahezu allen Bereichen – das sind die alles überstrahlenden Themen, die derzeit auch bei Haus und Grund, der Vertretung der privaten Vermieter, beinahe täglich für Gesprächsbedarf sorgen. Geschäftsführer Andreas Noje und sein Team beraten Immobilienbesitzer, die auch Vermieter sind.
Belastung für Heizkosten steigt bei Vermietern in Mülheim um Tausende Euro pro Monat
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„Die finanziellen Belastungen und die Belastungen durch Instandsetzungen, die vorgeschrieben werden, werden für die Vermieter immer größer“, schildert Andreas Noje und nennt ein Beispiel: „Wenn ich als Vermieter ein Mehrfamilienhaus habe mit sechs bis acht Parteien, das über eine Zentralheizung beheizt wird, dann zahle ich erstmal die Abschläge an den Versorger im Voraus. Diese Abschläge sind bei manchen Vermietern inzwischen von 2000 Euro auf 5000 Euro im Monat hochgegangen.“ Wer in solch einer Situation als privater Vermieter nicht etwas zurückgelegt hat, bekäme durchaus Existenzängste, hat der Rechtsanwalt in Gesprächen mit den Mitgliedern erfahren.
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Noje zeigt ein Dilemma auf: „Als Vermieter kann man die Mieter nicht zwingen, die monatlichen Abschläge etwa fürs Heizen jetzt schon zu erhöhen, auch wenn sie nur so die hohen Kosten im Rahmen der Jahresabrechnung vermeiden können, damit es nicht zu einer hohen Nachzahlung kommt.“ Nojes Nachfolger Christian Reiff, der die Geschicke von Haus und Grund im Januar übernehmen wird, verdeutlicht: „Das trifft private Vermieter mehr als die Wohnungsgesellschaften. Wer privat vermietet, der läuft auch Gefahr, dass hohe Nachzahlungen nur schleppend oder vielleicht gar nicht gezahlt werden.“
Private Vermieter in Mülheim wollen gute Mieter mit konstanten Mieten halten
Dabei seien Mülheimer und Mülheimerinnen, die Wohnraum in ihrer Immobilie vermieten, eher geneigt, die Kosten für ihre Mieter konstant zu halten. „Die privaten Vermieter erhöhen die Mieten eher wenig, teils seit Jahrzehnten nicht, um gute Mieter zu halten“, weiß der scheidende Haus-und-Grund-Chef.
Rund 3500 Mitglieder hat die Interessenvertretung der Vermieter derzeit, bilanziert Noch-Geschäftsführer Andreas Noje und ordnet ein: „Wir haben ein eher altes Klientel, manches Mitglied haben wir dadurch verloren, weil derjenige altersbedingt seine Immobilie verkauft hat, denn die Kinder sind oft in alle Welt verstreut und wollen das Haus in Mülheim nicht übernehmen.“ Hinzu komme, dass sich Vermieter in den vergangenen Jahren immer mehr Hürden gegenüber sahen, verdeutlicht der Rechtsanwalt. „Die Auflagen, die etwa aufgrund von energetischer Sanierung und Instandhaltung zu erfüllen sind, sind erhöht worden.“
In Mülheim, so sagt Noje, gebe es fast nur noch Raum zum Bauen, wenn alte Häuser aufgekauft und abgerissen werden. Zudem sei es erklärtes Ziel der Stadt, so wenig wie möglich an weiterer Freifläche zu versiegeln. „Man wird künftig damit leben müssen, dass höher gebaut wird, um alle unterbringen zu können“, sagt der Experte, ahnt jedoch: „Wenn es in die Höhe geht, kommt bei vielen das Gefühl von Ghettoisierung auf, das erleben wir ja gerade bei der neuen Parkstadt.“
Warum Hochhaus nicht als Synonym für sozialen Brennpunkt verstanden werden sollte
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Seiner Ansicht nach müsse Hochhaus keinesfalls als Synonym für unwirtliches Wohnen und sozialen Brennpunkt verstanden werden, ansprechende Architektur könne auch hohe Bauten attraktiv machen – dazu lohne ein Blick in andere Länder wie Spanien oder die Niederlande, wo auf freundliche Gestaltung, teils mit Fassadenbegrünung, gesetzt werde. Ob es in der Ruhrstadt zu dieser Entwicklung kommt, bleibt abzuwarten angesichts immens verteuerter Baumaterialien, hoher Handwerkerlöhne und gestiegener Bauzinsen, die laut Noje derzeit Neubauten generell nahezu unbezahlbar machten.
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Aktuell kämpften Eigentümer zudem mit den Folgen der Grundsteuer-Reform, Anfragen dazu landen auch bei Haus und Grund. „Wir können noch gar nicht sagen, was der neue Grundsteuerbetrag wird, weil wir den Hebesatz, der ja durch den Rat festgelegt wird, noch nicht kennen.“ Spannend werde es, sagt Noje, wenn sich herausstellen sollte, dass Kommunen durch die Grundsteuer-Reform mehr einnehmen als bislang. „Dann müssen sie laut Gesetzgeber den Hebesatz runtersetzen. Da werden wir ein großes Augenmerk drauf haben.“
Wechsel in der Geschäftsführung der Mülheimer Vermieter-Vertretung Haus und Grund
Der 50-jährige Andreas Noje wird nach fast 16 Jahren als Geschäftsführer von Haus und Grund in Mülheim im Januar nach Essen wechseln. Dort wird Noje, der auch in Essen lebt, neben der Funktion des Geschäftsführers auch die Aufgabe des Verbandsdirektors für Haus und Grund Ruhr übernehmen und somit auch auf Landesebene tätig sein.
Nojes Nachfolger Christian Reiff, 45 Jahre alt, war seit 2005 als Rechtsanwalt in einer Essener Kanzelei tätig und war dort bereits vielfach mit Mietrecht befasst. An seiner neuen Aufgabe reize ihn neben der Beratung der Mitglieder vor allem auch die Möglichkeit der gesellschaftlichen Mitgestaltung. Reiff will mit Haus und Grund auch als Schnittstelle zu Politik und Verwaltung agieren können. Geplant ist bei Haus und Grund zudem, die Mitglieder im kommenden Jahr wieder zu Informationsabenden einzuladen, sofern es die Pandemie-Situation zulässt.