Mülheim. Nach jahrelangem Zoff um die VHS hatte Mülheims Stadtspitze die Initiative und Politik zum Gespräch geladen. So bilanzieren die Beteiligten.

Für manchen war das ein überraschendes wie begrüßenswertes Novum: Nach jahrelangem öffentlich ausgetragenen Zoff um die Zukunft der VHS an der Bergstraße hatte die Stadtspitze am Montag zum Informationsgespräch eingeladen. Für andere verbarg sich darin eine Tücke: Denn im selben Zug hatte der Kämmerer der Politik erneute Kosten für das denkmalgeschützte Gebäude dargelegt. Sollte die Gesprächsrunde etwa nur den vermeintlich unvermeidbaren Abriss nahelegen? Das sagen diejenigen, die dabei waren.

Björn Maue, finanzpolitischer Sprecher der Grünen und Fraktionsmitglied in jenem Wahlkreis, in dem auch die VHS liegt, wertet die Einladung des OB als positives Signal, das sich aus seiner Sicht auch in der Gesprächsrunde fortgesetzt habe: „Die Aussprache war gut, jeder konnte seine Position noch einmal vermitteln. Der Termin hat gezeigt, dass das Reden miteinander wichtig ist. Bislang hat man nur übereinander gesprochen.“

Stadtspitze würde der Politik und Initiative gegebenenfalls Neubau vorschlagen

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In einer Pressemitteilung schildert die Stadtspitze den Verlauf so: Es sei im Gespräch darum gegangen, „vor allem der Bürgerinitiative das beabsichtigte weitere Vorgehen der Verwaltung sehr frühzeitig aufzuzeigen, bevor in einem nächsten Schritt Gespräche zu planungsrechtlichen Optionen, unter anderem mit der Denkmalbehörde, geführt werden“. Kämmerer Frank Mendack habe über den aktuellen Zustand des Gebäudes berichtet. Neben den schon bekannten großen Aufwendungen beim Brandschutz seien mittlerweile weitere große Schäden offenkundig geworden.

OB Buchholz habe ergänzt, dass mehrere Interessenten zwar den Standort für gut befunden, das leerstehende VHS-Gebäude aber als dysfunktional bezeichnet hätten. Die weiter unbenannten Investoren offenbar aus dem Bildungssektor würden prüfen, ob der Standort für sie infrage käme. „Sofern sich hieraus Möglichkeiten für einen Neubau unter Einbeziehung von Teilen der VHS ergeben könnten, würde der Oberbürgermeister der Politik und der VHS-Bürgerinitiative dies als Vorschlag unterbreiten“, sagt die Stadt.

Grüne wollen Umsetzung von reinen Investorinteressen nicht akzeptieren

Konkrete Ergebnisse habe es noch nicht gegeben, betont Maue, auch nicht in Richtung eines Abrisses: „Es gab keine Versuche des OB, die Thematik zu steuern – das wäre auch nicht richtig.“ Aus Sicht des Grünen müsse erst vom Land entschieden werden, „ob der bestehende Denkmalschutz überhaupt aufgehoben werden kann. Dann muss privates Kapital auch verfügbar sein. Und erst dann gilt es, darüber nachzudenken.“

Vorstellbar wäre für den Grünen eine solche Lösung – Abriss und Neubau durch private Hand schon – aber nicht ohne eine VHS als Teilnutzer: „Wir werden nicht akzeptieren, dass dort rein private Interessen umgesetzt werden.“

Indes sind für SPD-Fraktionsmitglied Filip Fischer einige Fragen offen geblieben und ein zwiegespaltener Eindruck: „Einerseits hat die Stadtspitze die Kommunikation mit der Initiative gesucht, um eine Lösung zu erarbeiten, andererseits aber den gemeinsamen Prozess nicht wirklich geleitet“, ist dem SPDler das Ziel des Treffens unklar geblieben.

SPD-Stadtverordneter Fischer bemängelt Widersprüche zum Ratsbeschluss

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Fischer sieht dagegen weiterhin sowohl inhaltliche als auch Verfahrensprobleme. „Denn der Eindruck verfestigt sich, dass die obere Denkmalbehörde wohl einem Abriss des Gebäudes genehmigend gegenüberstehen würde. Doch diese sich selbst stellende Frage wurde nicht beantwortet“, so Fischer. Ob der Petitionsausschuss sich dem VHS-Thema erneut vornehme müsse, aufgrund des neuen Vorschlags des OB wurde nicht thematisiert

Das jetzt gewählte Verfahren entspreche zudem nicht der Beschlusslage, mit der der Rat am 5. Dezember 2019 die Verwaltung beauftragt habe, beanstandet Fischer. Damals votierten die Fraktionen dafür, dass die Verwaltung im Vorfeld einer Beschlussfassung zur Gebäudesanierung – unter Beteiligung der Öffentlichkeit – ein Nachnutzungskonzept für das VHS-Gebäude an der Bergstraße erstellt. „Berücksichtigt werden soll das bereits vorhandene Flächennutzungskonzept der VHS als auch mögliche Nachnutzungen freier ,Restgebäudeflächen’, die die VHS für ihren Betrieb nicht benötigt. Berücksichtigung finden sollen hier Nutzungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.“

Braucht es erneut eine offene Beteiligung der Öffentlichkeit?

Aus Sicht des SPD-Stadtverordneten aber fehle eine solche offene Öffentlichkeitsbeteiligung und müsse selbst dann nachgeholt werden, selbst wenn es einen neuen Vorschlag der Stadtspitze für einen Neubau gebe: „Es gibt vielleicht keine rechtliche Verpflichtung der Politik, den Bürger dabei einzubeziehen, aber eine moralische. Eine Gesprächsrunde mit der Initiative kann das nicht ersetzen. Das erweckt in der Bevölkerung den Eindruck von Hinterzimmergesprächen und erzeugt weitere Verständnislosigkeit für die Kommunalpolitik insgesamt.“

An die Initiative richtet Fischer allerdings auch den Anspruch, „mit einem konstruktiven Vorschlag zu kommen, wie das Gebäude erhalten und weiterentwickelt werden kann“.

In der Bürgerinitiative wertet man das Gespräch mit der Verwaltung und den Mitgliedern der Ratsfraktionen als positives Zeichen. Mit Sorge und Fragen schaue man auf die düsteren Ausführungen des Kämmerers zum Zustand des Gebäudes. „Für uns ist nicht erkennbar, welche konkreten Maßnahmen zwischenzeitlich ergriffen wurden, um weiteren Wassereintritt zu stoppen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Initiative begrüßt Gespräche, weist aber einen Abriss zurück

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Den vom Kämmerer verwendeten Begriff der „Wegwerfkosten“ für die Aufwendungen am Dach, hält die Initiative für unangemessen. Und ebenso, dass man sich offenbar bereits bemühe, das Gebäude aus der Denkmalliste zu löschen.

Die Hoffnung des OB, die Initiative davon überzeugen zu können, mit einem Neubau zumindest einen Teil der VHS an die Bergstraße zurückholen zu können, dürfte sich so nicht erfüllen: „Dies mit dem Bürgerentscheid in Einklang bringen zu wollen, wäre völlig unglaubwürdig, Kern des Bürgerentscheids ist die Erhaltung des Gebäudes in Gestalt und Funktion“, entgegnet die Initiative.

Man vermisse daher eine Strategie, das Gebäude zu erhalten: Das Schicksal des VHS-Gebäudes könne nicht vom Investor abhängig gemacht werden, denn schließlich sei die Stadt nicht nur Eigentümer, sondern habe auch eine Aufgabe als Denkmalschutzbehörde.

Wie kann es nun weitergehen? Zumindest haben sich alle Beteiligten bereiterklärt, die Gespräche fortzusetzen. Zum nächsten Gespräch nach dem Jahreswechsel soll auch ein Vertreter des Amtes für Denkmalpflege im Rheinland eingeladen werden. Man sei „weiterhin gern bereit, an einer Lösung der mit der Erhaltung der VHS verbundenen Probleme mitzuarbeiten“, sagt ein Sprecher der Initiative, verbindet die Beteiligung jedoch mit der Bedingung, nicht nur vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.