Mülheim. Per Bürgerentscheid haben sich Mülheims Bürger für den Erhalt der VHS in der Müga ausgesprochen. Nun heizen akute Schäden die Abriss-Debatte an.
Stehen die Zeichen vielleicht schon absehbar auf Abriss der alten VHS in der Müga? Akute Schäden sind laut Stadtkämmerer Frank Mendack aufgetaucht, deren Beseitigung womöglich eine Millionen-Investition verschlingen würde, ohne dass überhaupt geklärt wäre, ob jemand noch viel mehr Geld in die Hand nehmen werde, um das seit fünf Jahren gesperrte Denkmal zu sanieren und wieder nutzbar zu machen.
Von „Wegwerfkosten“ spricht Mendack, der aktuell noch mal eine dramatische Zuspitzung in der offenen VHS-Frage sieht. Schon zuletzt soll der Kämmerer, der gleichzeitig Chef der Mülheimer Immobilienverwaltung ist, von jüngst aufgetauchten Schäden in nicht-öffentlicher Sitzung des Finanzausschusses berichtet haben. Am Donnerstag soll er dies – wiederum unter Ausschluss der Öffentlichkeit – am Ende der Ratssitzung wiederholt haben.
Akuter Dachschaden: Regen tropft von der Decke in Mülheims alte VHS
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In einer Präsentation für die Ratspolitikerinnen und -politiker hat Mendack dem Vernehmen nach von zwei Gebäudeschäden berichtet, die bei wöchentlichen Begehungen durch Immobilienservice und Sicherheitskräfte neu aufgetaucht sein sollen. Die Rede ist dabei etwa von einem Schaden an den Flachdächern, durch die Wasser in das Gebäude eindringen soll. Mendack soll im Stadtrat ein Bild gezeigt haben, auf dem zu sehen sein soll, wie Wasser in einem Raum von der Decke tropft, samt Wasserlache auf dem Boden.
Ein Sachverständiger habe die Schadenslage bereits geprüft; Mendack soll gegenüber der Politik auch schon Summen genannt haben, die in die Hand zu nehmen wären, um zumindest der eigenen Verkehrssicherungspflicht für die Immobilie nachzukommen. Die Rede ist in diesem Fall von mindestens rund 450.000 Euro. Wolle man die betroffenen Dachflächen komplett sanieren, sei mit Kosten in Höhe von rund einer Million Euro zu kalkulieren.
Mülheims VHS: Komplettes Regenabwassersystem im Dachbereich soll marode sein
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Ein weiterer Schaden soll noch weitaus größer sein: Das komplette Regenabwassersystem im Dachbereich soll demnach marode sein. Dacheinläufe seien nicht dort verbaut, wo sie laut Bauplänen sein müssten, soll Mendack berichtet haben. Den Plänen gar nicht zu entnehmen sei, welchen Verlauf die Abwasserrinnen nähmen. Decken seien zu öffnen, um sich einen Überblick zu verschaffen und schadhafte Stellen auszumachen. Da sei man womöglich schnell auch bei einer Schadstoffsanierung, soll der Kämmerer der Politik gesagt haben.
Um das Regenwassersystem wieder instandzusetzen, ist dem Vernehmen nach laut erster Einschätzung ein Millionenbetrag nötig, auf jeden Fall deutlich mehr als zur Behebung des Dachschadens. Der Schaden soll jetzt noch gutachterlich bewertet werden.
Suche nach privaten Investoren bislang nicht von Erfolg gekrönt
Die Verwaltungsspitze sieht mit den aktuellen Hiobsbotschaften die Zeit gekommen für die Politik, sich ernsthaft und zeitnah darüber Gedanken zu machen, ob aus wirtschaftlichen Gründen allein ein Abriss des Gebäudes sinnvoll wäre. Die überschuldete Stadt selbst will, so haben es die entsprechenden Ratsmehrheiten in den vergangenen Jahren deutlich gemacht, ihre knapp bemessenen Investitionsmittel zunächst weiter in die Sanierung und Erweiterung von Schulen stecken. Die Suche nach einem privaten Investor, der das alte VHS-Gebäude sanieren könnte, einen Teil selbst nutzt und daneben Platz herrichtet für die Rückkehr von VHS-Einheiten an die Bergstraße, war laut Darstellung Mendacks bisher nicht von Erfolg gekrönt.
Es seien konkrete Gespräche mit Interessenten geführt worden, so zur Ansiedlung von weiteren Bildungseinrichtungen oder einer Altenpflege, soll der Kämmerer dem Stadtrat berichtet haben. Wegen der immensen Sanierungskosten und auch den zusätzlichen Erfordernissen aufgrund des Denkmalschutzes hätten Interessenten aber abgewunken. Etwa der Denkmalschutz mache Veränderungen im Gebäude, die Investoren für zwingend erforderlich hielten, nicht möglich. Aktuell führt die Stadt dem Vernehmen nach noch Gespräche mit zwei Interessenten, ist aber wohl wenig zuversichtlich, dass es zur Investition in den Altbestand kommen wird, auch wegen der Energiebilanz des Hauses.
Schäden an Mülheims VHS-Gebäude: „Dringender Handlungsbedarf“
Es bestehe insofern „dringender Handlungsbedarf“, soll Mendack die Politik für den Fall eingeschworen haben, dass zeitnah womöglich auch die letzten verbliebenen Interessenten abspringen. Ohne Investition und Nachnutzungskonzept Millionen allein in die Verkehrssicherung des Gebäudes zu stecken, sei wirtschaftlich nicht zu verantworten, ein Abriss sei für diesen Fall in Betracht zu ziehen.
Mit diesem könne Platz frei werden für einen (mutmaßlich mit deutlich geringeren Kosten zu realisierenden) Neubau, der dem Ratsbeschluss gerecht werde, diesen Ort weiter mit öffentlichen Nutzungen zu belegen – und in Kombination damit auch Raum zu schaffen, damit die VHS zumindest in Teilen wieder zurückkehren könne an die Bergstraße. Sollte die politische Mehrheit diese Einschätzung teilen, müsste die Stadtverwaltung bei der Oberen Denkmalbehörde des Landschaftsverbandes ihren Standpunkt vertreten, dass ihr eine Sanierung des Denkmals wirtschaftlich unmöglich ist.
Mülheims Stadtkämmerer: „Wir werden uns den Realitäten stellen müssen“
Kämmerer Frank Mendack bestätigte zwischenzeitlich die Informationen aus den nicht-öffentlichen Sitzungen, wollte aber keine konkreten Beträge nennen. „Wenn das Gutachten zum Schaden im Abwassersystem vorliegt, werden wir uns den Realitäten stellen müssen“, appelliert er an die Politik, sich einer womöglich unpopulären Entscheidung nicht zu verschließen. Für diesen Montag habe OB Marc Buchholz ein Gespräch mit Vertretern der Bürgerinitiative zum Erhalt der VHS in der Müga ausgemacht. Man sei weiterhin bestrebt, eine Kompromisslösung zum Bürgerentscheid zu finden.