Mülheim. Mülheim wird auf Sicht eines seiner drei Freibäder verlieren. Für die Fläche steht bereits ein Investor parat mit konkreten Plänen. Die Details.
Das traditionsreiche, privat betriebene Freibad an Kämpgens Hof in Dümpten wird keine lange Zukunft mehr haben. Die Familie Kämpgen plant den Rückzug – und hat das rund 26.000 Quadratmeter große Grundstück schon an Investoren veräußert, die es für Wohn- und Gewerbezwecke entwickeln wollen.
Die „Kli.Sen Holding GmbH“ mit Sitz in Mülheims Altstadt hat das Grundstück erworben und zur Entwicklung bereits die Projektgesellschaft „Home Project“ gegründet. Die Projektentwickler Michael Klihm und Rainer Sensener stehen nach eigener Auskunft seit zwei Jahren im Kontakt mit der Stadtverwaltung, um ein Investitionsprojekt abzustimmen. Schon 2020 habe es eine erste Ortsbegehung mit dem heutigen Planungsdezernenten Felix Blasch gegeben, mehrfach sei man im städtischen Gestaltungsbeirat vorstellig geworden, um Baupläne mit den Vorstellungen von Verwaltung und Politik in Einklang zu bringen, heißt es.
Nach Freibad-Aus in Mülheim: Machbarkeitsstudie für Wohn- und Gewerbeentwicklung
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Zwischenergebnis ist laut Klihm eine Machbarkeitsstudie in neunter Überarbeitung, die nun möglichst Grundlage sein soll für einen baldigen Bauantrag, sollte der städtische Gestaltungsbeirat dafür in einer nächsten Sitzung grünes Licht geben. Das Saarner Architekturbüro Smyk Fischer hat die Pläne dafür ausgearbeitet. Sollte es die Baugenehmigung geben, rechnet Klihm mit einer Bauzeit von drei bis fünf Jahren.
Die Investoren planen für das Gebiet mit der Adresse Denkhauser Höfe 46-54 mit Wohnen und Gewerbe. Eine Investition im zweistelligen Millionen-Bereich ist kalkuliert. Verkehrlich erschlossen werden soll das Areal in Gänze über die heutige Geländezufahrt an der Hildegardstraße. Am Ende der Stichstraße soll die Haupterschließung ins Hinterland erfolgen, mit einem Wendekreis im Süden des Areals. Am Kopf der neuen Erschließungsstraße planen die Investoren einen Neubau mit Büros, nördlich entlang jener neuen öffentlichen Straße mit Neubauten für betreutes Wohnen und wiederum Büros. 5000 Quadratmeter Wohn- und Bürofläche sollen es allein an diesen Stellen sein.
60 bis 70 neue Wohnungen sollen an einer Spielstraße entstehen
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Von der neuen Erschließungsstraße aus soll eine Spielstraße auch den nördlichen Teil des Grundstücks zugänglich machen. Hierfür planen die Projektentwickler mit dem Bau von mehrgeschossigen Wohnhäusern mit Tiefgaragen. In der Summe wolle man 60 bis 70 Wohnungen dort schaffen, so Klihm. Im Sinne einer gemischt zusammengesetzten Mieterklientel im Quartier setze man auf Zwei-, Drei- und Vier-Raum-Wohnungen mit Größen zwischen 50 und 90 Quadratmetern. Öffentlich geförderte Wohnungen seien aktuell, auch wegen der aktuellen Unsicherheiten in der Förderlandschaft, kein Thema, weil „nicht seriös damit zu planen ist“.
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Zwei bis vier Geschosse hoch wollen die Investoren bauen. Wer sich in Zukunft in der östlich benachbarten Einfamilienhaus-Siedlung rund um die Nikolaus-Ehlen-Straße aufs Dach stelle und auf das neue Quartier blicke, werde nicht auf eine erhöhte, störende Bebauung blicken, verspricht Klihm und hofft damit sicher, Kritik aus der Nachbarschaft möglichst gering halten zu können. Die Neubauten würden sich in die Umgebung einfügen.
Mülheimer Investor verspricht „Refugium für alle Dümptener Bürger“
Klihm sieht gar Vorteile für die Dümptener Nachbarschaft, denn das Gelände werde künftig an 365 Tagen im Jahr öffentlich zugänglich sein, auch über einen Geh- und Radweganschluss an der Nikolaus-Ehlen-Straße. Dieser Weg soll auch an einer Wasserfläche vorbeiführen, die den stillgelegten Forellen-Teich am Kämpgens Hof, in den 1950er-Jahren als Schwimmbecken angelegt, ersetzen soll. Alles zusammen ergibt laut Klihm auch ein „Refugium für alle Dümptener Bürger“. Die alte, momentan ungenutzte Gewerbehalle im Südosten des Areals soll ertüchtigt werden für neue Nutzer mit wohnverträglichem Gewerbe.
Erstmals wird der Investor an diesem Mittwoch seine Pläne einer breiten Schar aus Rats- und Bezirkspolitik vorstellen. Eingeladen seien via Dümptener Bürgerverein auch interessierte Anwohnerinnen und Anwohner, heißt es zu der Veranstaltung ab 16.30 Uhr im Hostel Veritas an der Essener Straße 259 in Oberhausen. Bauvolumen und Verkehrserschließung dürften in der Nachbarschaft von hohem Interesse sein. Ökologie und Artenschutz sind weitere Themen, die im Zuge eines Bauantrags noch näher zu beleuchten sein werden.
Familie Kämpgen: Freibad hätte hohe Investitionen nötig, die sich aber nicht rechnen
Bei vielen Mülheimern wird viel Nostalgie und Enttäuschung mitschwingen, wenn das Ende des privaten Freibads am Kämpgens Hof eingeläutet wird. Klihm selbst sagte am Dienstag, er habe dort das Schwimmen gelernt. Insbesondere aber für Familie Kämpgen ist der Schritt hochemotional, ist doch die Familiengeschichte durch den Betrieb von Freibad, Hotel und Restaurant stark geprägt. Entsprechend emotional sei es in den Verkaufsverhandlungen zugegangen, die sich über eineinhalb Jahre hingezogen hätten, so Investor Klihm. „Es liegt viel Herzblut in und an den Grundstücken“, sagt er.
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Kevin Kämpgen äußerte sich am Dienstag als einer von zwei Söhnen des Betreiber-Ehepaares zur familiären Entscheidung, das Hofgelände und die Betriebe (das Restaurant ist bereits seit dem ersten Corona-Lockdown geschlossen) aufzugeben. Was vor Jahrzehnten der Opa aufgebaut habe, sei wirtschaftlich nicht mehr tragfähig für die Zukunft, verwies Kämpgen auf Großinvestitionen, die in das Freibad zu tätigen wären, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Allein die explodierten Energiepreise würden keinen kostendeckenden Betrieb möglich machen. Außerdem hätten sein Bruder und er andere Zukunftspläne, als den elterlichen Betrieb weiterzuführen.
Kämpgen kündigte aber an, dass es noch eine Freibadsaison im kommenden Sommer geben werde – und womöglich noch eine weitere, solange das Neubauprojekt noch nicht starten werde und es die veraltete Badtechnik zulasse.