Mülheim. In Mülheim werden die Klassenräume nicht kühler, aber die Heizungen sparsam eingestellt. Warum das erst mal 25.000 Euro kostet – pro Schule!
Energiesparen ist derzeit eines der größten Themen, es soll überall greifen, auch an den Schulen. Die Stadt Mülheim verzichtet zwar darauf, die Temperatur in den Klassenräumen auf 19 Grad zu senken, so wie etwa das Wasser in den Schwimmbädern spürbar kälter wurde. Die Kinder sollen weiterhin bei 20 Grad unterrichtet werden, doch das Energiesparpotenzial an den Schulen ist offenbar riesig.
Allein durch einen sogenannten hydraulischen Abgleich der Heizungssysteme sollen rund 15 Prozent Energie gespart werden. Ein Versuch an der Barbaraschule in Dümpten war 2019 schon erfolgreich – lange bevor sich die Energiekrise zuspitzte. Nun nimmt sich die Stadt Mülheim, unterstützt vom Energiedienstleister Medl, auch die anderen Schulstandorte vor. Das Ganze kostet pro Schule 25.000 Euro. Wer laienhaft annimmt, dort müsse doch nur an einem Hauptventil gedreht werden, wird diese Summe für einen Wucherpreis halten.
Zunächst an fünf Mülheimer Schulen werden die Heizungssysteme neu eingestellt
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Dass dahinter ein äußerst aufwendiges Verfahren steckt, erläutern Stadtkämmerer Frank Mendack sowie Fachleute der Medl und des städtischen Immobilienservice beim Ortstermin an der Rembergschule. Die Raadter Förderschule gehört zu den ersten fünf Schulen, in denen der hydraulische Abgleich durchgeführt wird. Die anderen vier sind die Realschule Mellinghofer Straße, die Grundschulen am Oemberg und an der Zunftmeisterstraße sowie die Wilhelm-Busch-Förderschule.
Entscheidend für die Auswahl waren laut Mendack das Alter der Schulen, der Energieverbrauch und die Heizungstechnik. Man beginnt mit den Standorten, die das größte Einsparpotenzial haben – wo momentan die meiste Heizenergie verschwendet wird. Die Techniker arbeiten weitgehend bei laufendem Unterrichtsbetrieb. Zwischenzeitlich müssten allerdings auch Heizungen abgeschaltet werden, sagt Volker Weißhuhn, Abteilungsleiter für Wärme bei der Medl. Dafür nutze man die Weihnachtsferien.
Pro Jahr und Schule sollen 10.000 Euro Heizkosten gespart werden
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Die Stadt Mülheim kalkuliert, dass im Schnitt 10.000 Euro Heizkosten pro Jahr und Schule gespart werden können, wenn die Heizungsanlagen optimal reguliert sind. Dann hätte sich die Investition von 25.000 Euro pro Standort tatsächlich schnell rentiert. Die Gasheizung der Rembergschule mit zwei voluminösen Kesseln stammt laut Immobilienservice aus dem Jahr 1983. Außerdem verfügt die Förderschule über ein eigenes Schwimmbad, dessen Wasser aufgeheizt werden muss.
Entsprechend ist der Keller mit einem imposanten System silbern ummantelter Rohre bestückt, einer Verteileranlage, die sich von hier aus durch das gesamte Gebäude verzweigt, jeden Winkel beheizt, und das idealerweise mit einer gleichmäßigen Vorlauftemperatur von 20 Grad. So also, dass in jedem Heizkörper die gleiche Menge Wasser, die gleiche Temperatur ankommt.
Insgesamt 165 Heizkörper in der Rembergschule
Die gesamte Anlage muss untersucht, die Leitungen müssen in kompletter Länge durchgemessen werden. Teilweise liegen sie in einem Kriechkeller, was die Prozedur noch schwieriger macht. Insgesamt umfasst die Anlage der Rembergschule 165 Heizkörper und ebenso viele Ventile – „das bedeutet: 165 Eingriffe vor Ort“, erläutert Edin Gracic, Leiter des Planungsteams beim städtischen Immobilienservice.
Sobald der hydraulische Abgleich vollzogen ist, muss an den Einstellungen nichts mehr geändert werden. „Man kommt auch vor Ort gar nicht mehr dran“, ergänzt Medl-Experte Volker Weißhuhn, „man müsste sich einen speziellen Schlüssel besorgen.“ Nur wenn sich am Gebäude selber etwas ändert, etwa durch bessere Wärmedämmung, müsse das Heizungssystem erneut angepasst werden. Nach und nach sollen alle Schulstandorte in Mülheim abgearbeitet werden. „Bis zum nächsten Winter wollen wir damit durch sein“, sagt Kämmerer Frank Mendack.
Luisenschule hat einen Heizungstechniker im Hausmeister-Team
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Mülheimer Schulen, die in den vergangenen zehn Jahren saniert wurden, haben schon optimierte Heizungsanlagen. Das gilt beispielsweise für die Luisenschule, die im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) betrieben wird, ebenso wie das Karl-Ziegler-Gymnasium und die Willy-Brandt-Gesamtschule. Die Bauunternehmen Strabag und Züblin als privatwirtschaftliche Kooperationspartner stellen auch das Hausmeisterteam. „Und wir haben das Glück, dass einer unserer Hausmeister ausgebildeter Heizungstechniker ist“, sagt Dr. Heike Quednau, Leiterin der Luisenschule.
Das Gymnasium sei schon seit seiner Sanierung vor rund zehn Jahren mit einer Pelletheizung ausgestattet, ergänzt die Schulleiterin, „und wenn es Probleme gibt, haben wir einen Ansprechpartner vor Ort“. Auf energiesparendes Heizen werde geachtet, darauf, dass die Heizungen nur laufen, wenn sie auch wirklich benötigt werden. Die Anlage sei kürzlich noch überprüft worden. „Es ist allerdings eine Herausforderung, in so einem großen Gebäude alle Räume auf denselben Stand zu bringen“, so Dr. Heike Quednau.
Grundschulleiter: Energiesparen war bei uns immer schon ein Thema
An der Schildbergschule in Dümpten lassen sich die einzelnen Heizungen noch manuell regulieren. „Die Kolleginnen und Kollegen regeln die Temperatur in den Klassenräumen eigenverantwortlich“, erklärt Schulleiter Andreas Illigen. Probleme mit zu kalten oder überhitzten Räumen gebe es nicht, darauf werde geachtet. „Energiesparen war bei uns immer schon ein Thema“, so Illigen.
Auch am Gymnasium Broich scheint die Raumtemperatur keine größeren Schwierigkeiten zu bereiten. „Hier läuft die Heizung sehr gut“, berichtet Schulleiterin Angela Huestegge. In den Büros könnten die Heizkörper separat mit Thermostatventilen geregelt werden, in den Klassenräumen sei die Temperatur voreingestellt. Allerdings müssen an allen Mülheimer Schulen immer wieder die Fenster aufgerissen werden, aus bekannten Gründen. Die Coronapandemie fordert weiterhin häufiges Stoßlüften und kostet wertvolle Heizenergie.