Mülheim. Corona hat die Stadt Mülheim Millionen gekostet, die wirtschaftliche Entwicklung macht ebenso Sorge. Wie der Kämmerer die aktuelle Lage bewertet.
Corona und die wirtschaftlichen Verwerfungen im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine werfen dunkle Schatten auf Mülheims Kraftanstrengungen, die Haushaltskrise zu bewältigen. Der aktuelle Stand.
Kämmerer Mendack hatte zuletzt im Stadtrat seinen Jahresabschluss für das Jahr 2021 vorgelegt. Die Bilanz weist dabei zum dritten Mal in Folge ein positives Ergebnis aus. Mit Hilfe der Stärkungspakt-Millionen und politischer Sparbeschlüsse ist es der Stadt gelungen, die Kurve zu bekommen. Das extrem hohe Verschuldungstempo in diesem Jahrtausend ist gestoppt. Teilweise hatte die Stadt innerhalb eines Jahres eine dreistellige Millionensumme neuer Schulden angehäuft, so etwa 113 Millionen Euro im Jahr 2013.
Mülheims Kämmerer hat Risiken abgeräumt, die ihm seine Vorgänger hinterlassen hatten
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Auch Mendack hat an der Wende seinen Anteil. Er hat erhebliche Risiken, die seine Vorgänger Uwe Bonan und Gerd Bultmann ihm hinterlassen hatten, – wenn mitunter auch kostspielig – abgeräumt, um sicher durch den Stärkungspakt-Prozess hin zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Mendack hat die Niedrigzinsphase zum Abschluss langfristiger Kredite genutzt, er hat die Stadt von den desaströsen Zinswetten ebenso befreit wie von den unheilvollen Krediten, die auf dem Schweizer Franken dotiert waren.
Trotz aller Lichtblicke ist Mülheim natürlich längst nicht über den Berg. Statt die Kommunen von den immensen Corona-Kosten zu befreien, hat das Land ihnen nur erlaubt, die Millionen in Form einer „Bilanzkosmetik“, wie Mendack es nennt, ergebnisneutral im Haushalt zu isolieren. Die Schulden sind damit aber trotzdem eine Last für die Zukunft. Beispiel Gewerbesteuern: Hier beklagt Mendack, dass ihm über die gewählte Systematik, Ausgleichszahlungen an den Einnahmen aus den Jahren 2018 und 2019 – mit riesigen Steuerausfällen in Mülheim – abzuleiten, „24 Millionen Euro echtes Geld fehlen“.
Mülheims Kämmerer: „Die Zinsentwicklung macht riesige Sorgen“
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Die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Krise tut ihr Übriges, dass der Kämmerer sorgenvoll in die Zukunft blicken muss. Insbesondere drohen immense Belastungen für den Haushalt durch die Zinssteigerungen. Da können bei einer Gesamtschuld von 2,1 Milliarden Euro schon kleine Ausschläge nach oben großes Unheil anrichten. „Die Zinsentwicklung macht riesige Sorgen“, auch wenn die Stadt über Bundesanleihen zuletzt noch Negativzinsen bekommen könne bei neuen Kreditaufnahmen, so Mendack in der Juni-Sitzung des Stadtrates.
OB Marc Buchholz: „Es ist weiter nicht die Zeit für „Wünsch dir was’“
Die aktuellen Krisen lassen nichts Gutes erwarten. „Es ist weiter nicht die Zeit für „Wünsch dir was’“, machte OB Marc Buchholz jüngst klar. Die Inflation geht an der Stadtkasse nicht vorbei, wirtschaftliche Verwerfungen dürften die Steuereinnahmen erheblich schmälern und die Kosten der sozialen Sicherung steigen lassen.
Komme es aufgrund der Inflation und entsprechend hoher Tarifabschlüsse zu einer Lohn-Preis-Spirale, treffe dies den Haushalt noch zusätzlich, so Mendack. „Die gesamtwirtschaftliche Störung kann nicht vor Ort aufgefangen werden“, sagt der Kämmerer. Ob aber angesichts der Krisenbelastungen bei Bund und Land ein Durchbruch für eine Altschuldenlösung gelinge, sei fraglich.
„Ich bin noch nicht an dem Punkt, dass wir den Haushalt noch mal aufmachen müssen“
Und welche konkreten Folgen sind womöglich schon kurzfristig für den städtischen Haushalt zu erwarten, wollte MBI-Fraktionschef Lothar Reinhard in der Ratssitzung zuletzt etwa wissen, ob Mendack einen Nachtragshaushalt vorzulegen gedenke, um „nicht nur mit fiktiven Zahlen“ ins Ungewisse zu steuern?
„Ich bin noch nicht an dem Punkt, dass wir den Haushalt noch mal aufmachen müssen“, so Mendack. Als „vorsichtiger Kaufmann“ habe er den Doppelhaushalt 2022/23 konservativ angelegt, noch komme man klar. Allerdings sei die Lage aktuell als „Ruhe vor dem Sturm“ zu bezeichnen. „Wenn nötig, werde ich sehr frühzeitig agieren“, versprach der Kämmerer.