Mülheim. Der Drogen-Tod dreier Teenager hat in Mülheim einen runden Tisch tagen lassen. Kann die Stadt mehr tun zur Drogenprävention? Die SPD meint: Ja!
Nachdem in Mülheim innerhalb weniger Monate gleich drei Teenager infolge von Drogen- und Medikamentenmissbrauch zu Tode gekommen sind, hat am Donnerstag unter Federführung von Jugenddezernent David Lüngen ein runder Tisch zur Drogenprävention im Rathaus getagt. Gegen Vorwürfe, die Stadt agiere angesichts der jüngst alarmierenden Drogenproblematik zu lasch, verwehrte sich Lüngen.
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Knapp zwei Stunden habe der runde Tisch am Donnerstag getagt, hieß es. Zusammengekommen waren insbesondere Vertreter allerlei städtischer Ämter, dazu der Polizei und der Ginko-Fachstelle für Suchtvorbeugung, die als Partnerin der Stadt Hilfen koordiniert. Weitere Runden werde es geben, so Lüngen, auch mit Politikern aus dem Jugendhilfeausschuss und Vertretern des Jugendstadtrates, der sich jüngst „empört und besorgt über den laschen Umgang der Stadt mit der Drogenproblematik“ gezeigt hatte. Auch kündigte Lüngen an, die Drogen-Thematik in der kommenden Woche in einer Runde mit den Leitungen der weiterführenden Schulen auf die Tagesordnung zu setzen.
Stadt Mülheim verteidigt sich: Bestehendes Netzwerk funktioniere „sehr, sehr gut“
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Zur Bilanz des Runden-Tisch-Gesprächs blieb Lüngen bei der Einschätzung der Stadtverwaltung: Suchtprävention sei in Mülheim als Querschnittsaufgabe vielfacher Akteure organisiert und funktioniere „sehr, sehr gut“. Etwa gebe es zur Abstimmung einen Arbeitskreis mit rund 60 Akteuren, der noch zuletzt am 14. September getagt habe und von der Ginko geleitet werde. Die Stadt gebe im Jahr zusammen nahezu eine halbe Million Euro an Zuschüssen für die Arbeit von Suchtberatung und -prävention; allein 80.000 Euro für eine bei Ginko verortete Jugendberatungsstelle.
Man müsse sich aber sehr wohl Gedanken machen, mehr in die Öffentlichkeit zu transportieren, auf welchen Pfaden die Mülheimer Suchtvorbeugung unterwegs sei, so Lüngen. Das reiche von Beratungen bis zu Informationsveranstaltungen an Schulen. Die Luisenschule etwa biete regelmäßig Sprechstunden für Eltern und Heranwachsende. Die Beratung der Ginko könne auch anonym genutzt werden. Die Suchtprävention sei auf der Agenda aktuell „nach oben gerutscht, war aber nie weg“, so Lüngen.
Stadt Mülheim will mehr Präsenz im Skatepark an der Südstraße zeigen
Der Dezernent kündigte an, dass die Stadt noch mehr Präsenz in der Jugendszene im Skatepark an der Südstraße zeigen wolle, wo Anfang des Monats ein 17-jähriger Drogenkonsument tot aufgefunden worden war. Ohnehin suche dort schon einmal in der Woche ein Streetworker Kontakt zu den Jugendlichen.
In Rede steht laut Lüngen auch, die ohnehin nach den Corona-Lockdowns wieder aufgenommenen Jugendangebote im Skatepark weiter zu intensivieren. Insgesamt sei davor zu warnen, den Skatepark nun als Hort für Drogenkonsumenten und -dealer zu stigmatisieren, so Lüngen und Polizeioberrat Alexander Prim als Mülheims Polizei-Chef. Vertreibung von Jugendlichen mit Kontakten zu Drogen aus dem Skatepark darf laut Lüngen nicht das Ziel sein: „Dann tauchen sie woanders auf.“ Vielmehr seien die Jugendlichen dort anzusprechen „mit den Angeboten, die wir haben“. Suchtprävention sei gleichwohl ein stadtweites Thema, für jede Schule und Jugendeinrichtung.
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In der Drogenpräventionsarbeit von Polizei, Verwaltung und Organisationen nun den Schuldigen für die tragischen Todesfälle zu suchen, sei nicht sachgerecht, so Polizei-Chef Prim. „Alle geben hier nach ihren Kräften das Beste.“ Sicher werde aber auch die Polizei nach den aktuellen tragischen Ereignissen „intensivere Maßnahmen folgen lassen“, blieb Prim aber noch unbestimmt zum Wie und Was.
SPD: „Die Stadt darf sich nicht wegducken“
Offene Kontrollen bei bekannten Konsumenten oder auffälligen Jugendlichen, aber auch verdeckte Erkundungen dienten immer dazu, auch an Händler und Hintermänner ranzukommen. In Mülheim sei da nicht nur der Skatepark im Fokus, sondern auch Bereiche rund um Hauptbahnhof und Eppinghofer Straße, in Sommermonaten auch der Radschnellweg und die Müga. „Die Kontrolldichte in allen uns bekannten Bereichen ist gegeben“, so Prim. Täglich sei Polizei präsent, ein- bis zweimal pro Woche komme es dort auch zu repressiven Kontrollen.
„Die Stadt darf sich nicht wegducken“, forderte die SPD jetzt und beklagte, die ersten Reaktionen der Stadtverwaltung auf die jüngsten Todesfälle junger Drogenkonsumenten. „Das darf uns nicht kalt und nach kurzen Beileidsbekundungen zur Tagesordnung übergehen lassen“, so die SPD-Vorsitzende Nadia Khalaf. „Hier sind wir alle, als Gesellschaft und Politik, gefragt und gefordert, dem Verkauf von Drogen und auch dem Konsum bei jungen Menschen entschieden entgegenzutreten und alles in unserer Macht Mögliche zu tun, dass nicht weitere Jugendliche auf dramatische Weise ihr Leben verlieren.“
Drogenhandel rund um Schulen: Für die SPD „schlichtweg nicht hinnehmbar“
Die SPD will das Thema in die Ratsausschüsse tragen, auch zum Parteitag im November werde es einen Antrag geben, heißt es. Der Skatepark an der Südstraße mit seinen Grünzonen, der Spielplatz an der Charlottenstraße und das an die Luisenschule angrenzende Wäldchen seien in Mülheim bereits länger Orte des Drogenverkaufs und -konsums. Auch im Umfeld anderer weiterführender Schulen werde mit Drogen gehandelt – das sei „schlichtweg nicht hinnehmbar“. Sowohl der Skatepark als auch Spielplätze und Schulen müssten sichere Orte für Kinder und Jugendliche sein, „in denen sie nicht noch der zusätzlichen Gefahr ausgesetzt werden, in die ,Drogenfalle’ zu tappen“, so die SPD.
Die Kritik der SPD, die Stadtverwaltung ducke sich weg, wies Jugenddezernent Lüngen zurück. „Wir machen unsere Arbeit“, sagte er mit Verweis etwa darauf, dass die Verwaltung die Gespräche am runden Tisch fortsetzen will.