Mülheim. . Teutonenbräu, Bergquell und Mölmscher Bock: Mülheim war einst eine Stadt mit über 30 Brauereien und unzähligen Biersorten – dann ging die heimische Industrie unter. Getrunken wurde aber bis heute gerne. Daher steigt vom 11. bis 13. Juli die erste Mülheimer Bierbörse. Ein Anlass, um zurückzublicken.
Ende des 19. Jahrhunderts dampfte es in Mülheim aus allen Kesseln. In den Kellern der Kneipen brauten die Wirte ihre Biere zusammen. Über 30 Brauereien gab es damals in der Stadt – viele davon stellten für den eigenen Hausausschank her, einige für den wirtschaftlichen Gewinn. Mülheim war Braustadt mit Bierkultur – typisch für das Ruhrgebiet! Und heute?
„Wird hier nicht mehr selbst gebraut“, weiß Bernd Brinkmann vom Mülheimer Geschichtsverein. Dafür aber gerne getrunken. Daher öffnet bald die erste Mülheimer Bierbörse im Stadthallengarten (s.u.). Ein Grund für uns, zurück zu blicken in die Geschichte des Mülheimer Brauwesens.
„Grut war die Würze“
Viele Jahre lang hat Bernd Brinkmann für sein Buch „Brauereien in Mülheim“ recherchiert. Was an sich eine ziemlich nüchterne Angelegenheit war – er studierte alte Zeitungen und forschte in Archiven. So beginnt die Geschichte der Mülheimer Brauereien vor 800 Jahren im Kloster Saarn. „Dort haben die Zisterzienserinnen in zwei Braukellern für den Eigenbedarf und für Gäste gebraut“, erklärt Brinkmann. Die ersten Kräuterbiermischungen entstanden damals. 1446 gab es in Schloß Broich ein Brauhaus, ebenso im Schloß Styrum. Gebraut wurde im Mittelalter vorwiegend Grutbier. „Grut war die Würze.“ Im 14. Jahrhundert verdrängte der Hopfen dann die Grut.
Die 70er und 80er Jahre des 19. Jahrhunderts waren die Hochzeit des Biergenusses – und damit der Brauereien. Immer mehr Krüge mit den Schaumkronen gingen über die Tresen der Schänken, vor allem das neue, untergärige Pils war beliebt. 1873 zählte Mülheim 31 Brauereien. Bis 1900 blieben nur zehn übrig. „Davon produzierten sieben nur für die Belieferung ihrer Wirte-Kundschaft“, so Brinkmann. Nach dem Ersten Weltkrieg halbierte sich die Zahl der Brauereien weiter. Übrig blieben in den 1920ern die Zonenbrauerei, Fuglsang, Ibing und Berg-Brauerei Mann. Auf großen Tafeln warb man in der Stadt um die Gunst des Mülheimer Gaumens. „Die Brauereien und Gaststätten hatten damit zu kämpfen, dass die Mülheimer lieber Dortmunder Bier tranken“, weiß Brinkmann. „Und Mülheim war eine Stadt, in der viel Bier getrunken wurde.“
Berg Pils oder Mölmscher Bock
Berg Pils, Mülheimer Pilsener, Mölmscher Bock – so hießen die Biere der Berg-Brauerei Mann in den 1970er-Jahren. Doch Hopfen und Malz schienen verloren, der Kampf gegen die modernen Großbrauereien war zu hart und der Untergang der heimischen Brauindustrie nicht mehr aufzuhalten. Bis 1991 braute die Berg-Brauerei Mann weiter, bevor die Firma an einen Essener Getränkehändler verkauft werden musste. Ebenso erging es bereits zuvor anderen Mülheimer Brauern, einige wurden aufgekauft, andere, wie die Zonenbrauerei, im Krieg zwangsenteignet und zur Schließung gezwungen.
Heute lebt nur Mölmsch als stadteigene Biermarke. Allerdings musste auch der Mülheimer Klassiker erst untergehen, bevor zwei Jungunternehmer ihn 2008 wiederbelebten. Auch wenn Mölmsch in Hagen gebraut wird – viele Mülheimer identifizieren sich mit der Marke. „Es ist eine Art Renaissance, dass man die alten Biere wieder schätzt.“
Ein Stück Mülheim perlt aber heute doch in vielen Biergläsern auf der Welt: Die Aspera Brauerei mit Sitz an der Rheinstraße stellt Extrakte und Konzentrate für Biere her. „Diese werden zwar an keiner Theke ausgeschenkt, sind aber in vielen Bieren in aller Welt enthalten“, so Brinkmann.
Anzapfen im Stadthallengarten
O’zapft is’ im Stadthallengarten: Vom 11. bis zum 13. Juli präsentieren rund 25 Anbieter auf der ersten Mülheimer Bierbörse über 300 Biersorten aus aller Welt. „Die Veranstaltung ist wie ein großer Biergarten“, sagt Sascha Dick, der die Börse mit dem Veranstaltungsbüro Werner Nolden organisiert. „Es gibt strenge Regeln wie ein Stand aussehen soll.“ So stoßen Besucher nicht mit Pappbechern, sondern mit Gläsern an, auch das Geschirr der Imbissstände ist echt. Schließlich sei die Börse keine Saufveranstaltung, sondern eine hochwertige Schau der Brauereien.
Neben den bekannten Biermarken sollen vor allem die kleineren Brauereien ein Forum bekommen, sagt Sascha Dick. Es wird also Abteibier aus dem Kloster geben oder Kirsch- und Starkbiere aus Belgien. Norddeutscher Gerstensaft wird aus einem Schiff serviert oder Mühlen-Kölsch aus einer Mühle ausgeschenkt. Auch Urlaubsbiere und Exoten wie Schokoladenbier gibt’s zum Probieren. Walking Acts sorgen für gute Stimmung auf den Bierbänken. Mölmsch ist übrigens nicht vertreten. „Die waren leider schon komplett ausgebucht“, bedauert Sascha Dick. Dafür konnte er die Essener Brauerei Stauder als Sponsor gewinnen.
Freitag und Samstag geht es um 15 Uhr los, am Sonntag wird um 11 Uhr angezapft. Eintritt frei. Info: www.bierboerse.com.