Mülheim. Die Dürre hat Baumkrankheiten in Mülheim begünstigt. Am Raffelberg müssen nun elf Bäume gefällt werden. Dabei stünden Mittel für Ersatz bereit.
Nicht nur die Dürre während der Sommermonate in den vergangenen Jahren hat vielen Mülheimer Bäumen zu schaffen gemacht. Der Wassermangel schwächt Bäume und begünstigt damit Baumkrankheiten. In Kürze sollen rund elf Bäume am Raffelbergpark gefällt werden, weil ihnen der Rindenkugelpilz auf den Leib gerückt ist. Was den Mülheimer Baumbestand auch anderswo gefährdet.
Das hat Ulrike Bresa, kommissarische Leiterin des Amtes für Umweltschutz, zuletzt im August 2021 durch die Forstverwaltung erheben lassen. Untersucht hatte man städtische Buchenbestände, die älter als 120 Jahre sind auf einer Fläche von 168,4 Hektar. Auf rund einem Drittel der Fläche fand man 54 Waldabschnitte, in denen massive Schäden sichtbar waren.
54 Waldabschnitte zeigen massive Schäden durch Trockenheit und Erkrankungen
Auch interessant
So waren dort die Baumkronen zum Teil oder komplett vertrocknet, am Stamm waren Schleimfluss und auch schwarze Pilzfruchtkörper zu finden. Auch zeigten sich durch ausgetriebenes und vertrocknetes Laub Hinweise auf Buchenprachtkäfer. Dessen Larven entwickeln sich in der Regel in geschädigten Laubhölzern.
„Pilze gehören grundsätzlich zum Lebensraum Wald und übernehmen dort wichtige Aufgaben im Ökosystem“, schränkt Bresa eine Gefahr durch Pilze ein. Manche aber wirkten sich durchaus pathologisch aus wie die Russrindenkrankheit bei Ahornbäumen, das Eschentriebsterben oder die Massariakrankheit bei Platanen.
Tückische Bakterien plagen Kastanien
Auch Rosskastanien, die im Mülheimer Wald weit verbreitet sind, sind immer wieder Opfer der Miniermotte. Und nicht nur dort, sondern auch im Stadtraum und etwa an wertvollen Exemplaren, die die Stadt unter Naturdenkmalschutz stellt. 2020 etwa musste ein stattliches Denkmal an der Kappenstraße gefällt werden. Die Trockenheit schwäche Bäume eben derart, dass Pilze, Motte und Co. leichtes Spiel haben.
Oder auch das Bakterium Pseudomonas Syringae, das 2014 an der Allee am Steinknappen an etlichen Kastanien für aufplatzende Rinden sorgte. Tückisch daran ist, dass es sich optisch nur schwer feststellen lässt, erläutert Bresa. Normalerweise könne man dies nur im Labor nachweisen. So hat die Stadt eben ein besonderes pflegerisches Auge auf Bäume, die aufgrund verschiedener Krankheitsbilder ein Risiko darstellen.
Auf öffentlichen Grünflächen sterben besonders Birken und Nadelgehölze ab
Auch Sylvia Waage, die als Leiterin im Amt für Grünflächenmanagement für die öffentlichen Grünflächen zuständig ist, kennt die Problemlage durch das Zusammenspiel aus von Trockenheit geschwächten Bäumen und Krankheitserregern. „Infolge der lang anhaltenden Trockenperioden der letzten Jahre sterben insbesondere Birken und Nadelgehölze verstärkt ab“, sagt Waage. Dies sei bislang die größte Problematik in den Grünanlagen.
Doch auch die Kastanienminiermotte sei an den weißblühenden Kastanien im gesamten Stadtgebiet verbreitet. Ebenso seien einige der Kastanien mit dem Bakterium Pseudomonas Syringae befallen. „Zum jetzigen Zeitpunkt sind die betroffenen Bäume jedoch verkehrssicher“, kann Waage entwarnen.
Der Rindenkugelpilz ist, so die Grünflächenmanagerin, in öffentlichen Grünanlagen zum Glück bisher nicht festgestellt worden. Dass sie den neusten Fall dieser Krankheit im Raffelbergpark nicht dazu zählt, liegt an einer besonderen Teilung: Während der so genannte untere Bereich hinter dem Theater an der Ruhr zum Pflegebereich von Waages Amt zählt, gehört der „obere“ – und vom Pilz betroffene Teil – in die Hände des Forstbetriebs.
Am Raffelbergpark ist der Rindenkugelpilz am Werk
Auch interessant
Die Schäden ließen sich bereits über den Sommer beobachten, heißt es. Die Vitalität einiger Bäume habe im Bereich der Zufahrt des Theaters an der Ruhr immer mehr nachgelassen. Im Herbst seien daraufhin starke Äste mit Pilzbefall neben die Einfahrt gestürzt. So bestätigte sich der Verdacht, dass die betroffenen Bäume an der Buchenkomplexkrankheit erkrankt sind. „Nach heutigem Stand des Wissens steht diese Erkrankung in Zusammenhang mit Unregelmäßigkeiten im Wasserhaushalt der Bäume“, sagt die Stadt.
Der Verein zur Erhaltung des Parks am Solbad Raffelberg kennt den problematischen Zustand des Waldes seit Jahren an der Stelle. Der hat jedoch viele Gründe – nicht nur die Trockenheit und das durchaus ehrwürdige Alter der Bäume: „Es gibt einen enormen Pflegeunterschied zwischen dem oberen und unteren Bereich“, sagt die Vereinsvorsitzende Alexandra Klesty. Der zeige sich schon monetär: Für den unteren stünden 2,40 Euro pro Quadratmeter an Pflegezuschuss zur Verfügung, für den oberen hingegen nur 40 Cent.
Warum Zehntausende an Spendengeldern nicht abgerufen werden
„Natürlich geht die Verkehrssicherheit vor“, sagt Klesty, da hier aber eine waldtypische natürliche Bewirtschaftung ohne eine aktive Nachpflanzung verfolgt werde, hinterlasse eine Fällung von elf Bäumen einen erschütternden Eindruck. Dabei würde eine Nachpflanzung nicht einmal am chronisch fehlenden Geld im Mülheimer Haushalt scheitern, macht die Vereinsvorsitzende deutlich.
Vielmehr bleibe der Verein seit Jahren auf mehreren Zehntausend Euro an Spenden sitzen, die er für die Verbesserung der Wege und auch Anpflanzungen im oberen wie unteren Bereich gesammelt habe. Und kommt somit langsam in die Bredouille, denn als gemeinnütziger Verein darf er eigentlich kein Vermögen anhäufen. Die Mitglieder wären wohl bereit, noch mehr zu spenden. Doch offenbar scheitert es bei der Verwaltung am Zuständigkeits- und Kommunikationsproblem. „Wir haben keine festen Ansprechpartner, mit denen wir die Ausgaben planen und umsetzen können“, sagt Klesty.