Mülheim. Nur noch 30 Personen haben Platz: Die Mülheimer Harbecke-Sporthalle füllt sich mit Flüchtlingen. Mit welchen Entwicklungen die Stadt rechnet.

Die Zahl der geflüchteten Menschen und Asylbewerber in Mülheim hat sich in den vergangenen Monaten deutlich erhöht. Waren es am 31. Juli insgesamt 1313 Personen, die die Stadt unterbringen muss, so sind es aktuell (Stand: 29. September) 1581 Menschen. Dies geht aus einem Bericht der Verwaltung im jüngsten Sozialausschuss hervor, den Mülheims Sozialamtsleiter Thomas Konietzka am Freitag noch um neueste Zahlen ergänzte.

Unter den Geflüchteten in städtischer Unterbringung sind derzeit 741 Menschen aus der Ukraine. Es gebe aber deutlich mehr ukrainische Kriegsflüchtlinge in Mülheim, erläutert Konietzka, da ihnen bereits im Frühjahr relativ viele Wohnungen zur privaten Anmietung angeboten wurden. „Schon ganz zu Anfang haben rund 400 Menschen auf diesem Wege ein Dach über dem Kopf gefunden. Dadurch haben wir ein Mal Mintarder Straße weniger gebraucht“, ergänzt er in Bezug auf das große Mülheimer Flüchtlingsdorf.

Rund 145 Flüchtlinge leben momentan in der Mülheimer Harbecke-Halle

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Weiterhin gebraucht wird aber die Harbecke-Halle, sicher auch noch den gesamten Winter hindurch. Hier sind nach Auskunft des Sozialamtsleiters momentan etwa 100 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht, zusätzlich 45 Menschen aus anderen Teilen der Welt. Etwa 340 Personen wohnen in den Holzhäusern auf dem ehemaligen Kirmesplatz, weitere rund 300 Personen hat die Stadt Mülheim in Wohnungen untergebracht.

Thomas Konietzka erinnert daran, dass über Zuweisungen weiterhin auch Flüchtlinge aus anderen Ländern untergebracht werden müssen. Die größten Gruppen stellen Menschen aus Syrien (Ende August waren dies 116 Personen), aus Nigeria (104 Personen) und dem Irak (92 Personen). Die Kapazitäten etwa auch in der Unterkunft am Klöttschen seien ausgeschöpft.

Alternative zur Turnhalle gesucht: Momentan „nichts zu machen“

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In der Harbecke-Halle, gegen deren Belegung die Mülheimer Sportvereine anfangs laut protestiert hatten, haben theoretisch noch 30 Personen Platz. Thomas Konietzka versichert noch einmal, auch die Stadt wolle eigentlich keine Turnhallenunterbringung, doch die Suche nach einem Gebäude, in das kurzfristig mehrere Hundert Menschen einziehen können, sei bislang erfolglos gewesen. „Wir suchen permanent nach Alternativen, wir haben uns auch schon aufgelassene Hotels und Gewerbeimmobilien angeschaut, doch da ist nichts zu machen.“

Vom ehrlichen Bemühen der Mülheimer Sozialverwaltung zeigt sich mittlerweile auch die SPD demonstrativ überzeugt. Deren junge Vertreterin im Sportausschuss hatte sich kürzlich noch überaus kritisch zur Zweckentfremdung der geräumigen Halle geäußert. Im Sozialausschuss hätten SPD-Vertreter klargestellt, dass sie hinter der Verwaltung stehen und den beschrittenen Weg unterstützen, sagt der Ausschussvorsitzende Sascha Jurczyk (SPD). Die Äußerung im Sportausschuss müsse als „Einzelmeinung“ betrachtet werden. Man erkenne an, dass die Verwaltung versuche, „vor die Lage zu kommen“, was schwierig sei, „weil das Land die Kommunen hier sehr im Stich lässt“.

Auch Mülheimer SPD unterstützt demonstrativ den Weg der Verwaltung

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Die SPD erkenne deutlich: „Viele Menschen arbeiten hier am Limit, damit es gut funktioniert, auch Verbände und Ehrenamtliche. Wenn man über den Tellerrand der Stadt Mülheim schaut, sieht man, dass es nicht überall so gut läuft.“ Die geopolitischen Entwicklungen gäben allerdings Anlass zur Sorge, dass noch mehr Flüchtlinge kommen.

Unterkünfte fast vollständig ausgelastet

Die Mülheimer Flüchtlingsunterkünfte sind aktuell nach Angaben der Sozialverwaltung zu etwa drei Vierteln belegt. „Dies entspricht im Betrieb einer nahezu vollständigen Auslastung“, heißt es im Bericht für den Fachausschuss.

Warum eine hundertprozentige Belegung nicht möglich ist, erläutert Sozialamtsleiter Klaus Konietzka am Beispiel der Harbecke-Halle. Dort wurden Wohnparzellen mit Doppelstockbetten eingerichtet, in denen jeweils eine Familie lebt.

Einzelpersonen könne man nur sehr bedingt und „mit viel Fingerspitzengefühl“ gemeinsam einquartieren. Daher bleiben einige Betten leer.

Einen verstärkten Zulauf von Geflüchteten aus dem Iran, wo sich Repression und Proteste verschärfen, spürt die Stadt Mülheim noch nicht. Die Kommunen würde eine solche Entwicklung auch erst verspätet merken, erläutert der Chef des Sozialamtes, da Iraner nicht ohne Visum einreisen können und das reguläre Asylverfahren durchlaufen müssen. Auch die Mobilmachung in Russland habe nach Kenntnis der Sozialverwaltung noch nicht dazu geführt, dass Männer, denen die Einberufung droht, Unterkunft und Hilfe in Mülheim suchen.