Mülheim. In der Harbecke-Halle campieren die ersten Flüchtlinge. Mülheimer Sportvereine kritisieren die Zweckentfremdung: „Dabei gibt es nur Verlierer.“
Die größte Sporthalle der Stadt, die Harbecke-Halle, wird seit dieser Woche für die Unterbringung Geflüchteter aus der Ukraine genutzt. Das hat die Stadt Mülheim vor wenigen Tagen angekündigt und jetzt umgesetzt. Die Mülheimer Sportvereine sind gegen diese „Zweckentfremdung“. Aus ihrer Sicht gibt es dabei „nur Verlierer“.
In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Marc Buchholz und Sportdezernent David Lüngen, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, bittet der Mülheimer Sportbund (MSB) um rasche Rückgabe der Halle: „So schnell wie möglich muss eine bessere Lösung her.“ Dabei steht für den MSB außer Frage: „Es ist klar, dass diese Menschen Hilfe erhalten müssen.“ Aber auf andere Weise.
Seit April kein Schul- und Vereinssport in Mülheimer Harbecke-Halle möglich
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Die Harbecke-Sporthalle wurde bereits Anfang Mai als Notunterkunft für Ukraine-Flüchtlinge hergerichtet - mit Stockbetten und Spinden in jeweils 3,50 mal 3,50 Meter großen Parzellen. „Schon seit April sind durch die Zweckentfremdung nun schon kein Schulsport und kein Vereinssport möglich“, heißt es im offenen Brief des MSB, der fast 150 Sportclubs in Mülheim vertritt. Die rund 2000 Quadratmeter große Halle wurde zunächst nur als Notreserve frei gehalten. Nun ist der Ernstfall eingetreten.
Laut Sozialdezernentin Dr. Daniela Grobe, die zugleich den Krisenstab leitet, sind die ersten Ukraine-Flüchtlinge mittlerweile in die Sporthalle gezogen. „Alle Neuankömmlinge gehen dorthin, da die anderen Unterkünfte voll sind.“ Insgesamt sind - Stand Donnerstag - 1813 geflüchtete Menschen aus der Ukraine in Mülheim registriert, rund 360 leben aktuell im Flüchtlingsdorf an der Mintarder Straße. Wöchentlich kommen momentan nach Angaben der Stadt etwa 30 Ukrainerinnen und Ukrainer dazu, von denen weiterhin viele eine private Bleibe finden.
Die Harbecke-Halle soll den Geflüchteten als erste Anlaufstelle dienen, als Überbrückungsquartier. Dass dies keine Dauerlösung sein kann, hat Sportdezernent David Lüngen noch einmal ausdrücklich versichert und auch, dass den Mülheimer Vereinen keine übermäßige Einschränkungen zugemutet werden sollten. Außerdem hat die Stadt versprochen, Hallenzeiten umzuverteilen, um die Auswirkungen für Schulen und Sportvereine abzumildern.
Mülheimer Sportbund: Warnung vor zu schnellem Zugriff auf Sporthallen
Dem MSB, der nach Auskunft seines Vorsitzenden Frank Esser knapp 40.000 Vereinsmitglieder in Mülheim vertritt, genügt das nicht. Esser sagt zu den Beweggründen für den offenen Brief: „Jetzt mit Schulbeginn wird der Unterrichts- und Trainingsbetrieb wieder hochgefahren. Wir wollen davor warnen, dass zu schnell auf Sporthallen zugegriffen wird.“
Esser nennt den Kahlenberger HTC als besonders betroffenen Verein, der viele Trainingszeiten in der Harbecke-Halle habe, die nicht mehr zur Verfügung stehen. Teilweise könne man - mit Unterstützung des Mülheimer Sportservice - Ersatzflächen organisieren, teilweise seien aber auch Zeiten weggefallen. „Da wird gekämpft“, sagt Frank Esser, „doch die Öffentlichkeit bekommt es gar nicht mit.“
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In diesem Sinne soll der offene Brief aufrütteln, in dem der MSB mehrere Gründe gegen die Nutzung der Harbecke-Halle als Massenunterkunft anführt. So seien Sporthallen „niemals ein guter Unterbringungsort für Menschen, weil Privatsphäre und Sicherheit dort nur unzureichend gewährleistet sind“. Allein deswegen solle man sie nur im absoluten Notfall als Wohnstätte nutzen, schreibt der MSB.
Sogar Sportangebote für Geflüchtete müssen ausfallen
Weiter heißt es an die Adresse der Verwaltungsspitze: „Indem Sie die Harbecke-Halle in Beschlag nehmen, setzen Sie zudem auch die Schulen und Vereine in Mülheim unter erheblichen Druck.“ Gerade nach zwei Pandemiejahren mit psychischen und sozialen Belastungen seien Sport, Spiel und Bewegung „von herausragender Bedeutung“, so der MSB.
Die Mülheimer Sportvereine organisierten selber Hilfen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Sogar Angebote, die Sportclubs gezielt für Geflüchtete geschaffen haben, fänden teilweise keinen Platz mehr und müssten ausfallen. „So gibt es durch die erfolgte Zweckentfremdung aus unserer Sicht keine Gewinner, sondern nur Verlierer“, kritisiert der MSB. Die Mülheimer Vereine bitten die Verantwortlichen in der Stadt „eindringlich um eine genaue Prüfung aller möglichen Standorte zur Flüchtlingsunterbringung und baldige Freigebe der Harbecke-Halle“.
Mülheimer Verwaltungsspitze berät am Dienstag über den offenen Brief
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Oberbürgermeister Marc Buchholz erklärte am Donnerstag auf Anfrage, über den offenen Brief des MSB werde am kommenden Dienstag im Verwaltungsvorstand gesprochen. Von der im Frühjahr entwickelten Idee, die Container-Hochschule an der Dümptener Straße anzumieten und dort Flüchtlinge unterzubringen, hat sich die Stadt Mitte Juni verabschiedet. Die Miet- und Betriebskosten hätten sich auf rund 4,5 Millionen Euro jährlich belaufen.