Mülheim. Als „skandalös“ kritisiert die Mülheimer SPD die Unterbringung von 188 Geflüchteten in der Harbecke-Halle. Wurden Alternativen verschlafen?

Daniela Grobe wusste, dass sie sich im Sportausschuss nicht viele Freunde machen würde. Dennoch erläuterte die Leiterin des Ukraine-Krisenstabes noch einmal das städtische Vorgehen im Zusammenhang mit der Harbecke-Sporthalle. Entscheidende Fragen blieben aber offen.

Es kommt selten vor, dass fachfremde Dezernentinnen oder Dezernenten in Ausschüssen zu Gast sind. Als der (mittlerweile Ex-)Beigeordnete Peter Vermeulen zuletzt im Sportausschuss saß, bedeutete das Ungemach. Auch Grobes Besuch hatte am Montag eher unschöne Gründe.

Mülheimer Krisenstabsleiterin hofft auf Verständnis der Sportlerinnen und Sportler

Schließlich musste sie den Sportpolitikerinnen und -politikern erklären, weshalb mit der Harbecke-Sporthalle einmal mehr eine Mülheimer Sportstätte ihrem Zweck entfremdet wurde. „Ich hoffe, Verständnis zu wecken“, meinte die Sozialdezernentin zu Beginn ihres mehr als 20-minütigen Vortrags.

Dr. Daniela Grobe, Sozialdezernentin und Leiterin des Ukraine-Krisenstabes der Stadt Mülheim.
Dr. Daniela Grobe, Sozialdezernentin und Leiterin des Ukraine-Krisenstabes der Stadt Mülheim. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

188 aus der Ukraine geflüchtete Menschen sind aktuell in der Sporthalle an der Mintarder Straße untergebracht. „Noch 16 Betten sind zu belegen, dann ist sie voll“, erläuterte Grobe und schilderte überdies die Schwierigkeiten, anderweitige Unterbringungsmöglichkeiten zu generieren. Bei ehemaligen Hotelbetreibern aber auch Gewerbetreibenden habe man sich Absagen eingehandelt.

Wohnungsmarkt für geflüchtete Menschen scheint in Mülheim erschöpft

Auch durch den Aufruf des Mülheimer Sportbundes an seine Mitgliedsvereine sei nicht eine zusätzliche Wohnung zustande gekommen. „Das ist aber auch nicht verwunderlich, irgendwann ist dieser Markt eben auch endlich“, meinte Grobe. Generell sei man in der Verwaltungsspitze aber erstaunt, wie viele Menschen bereits privat untergebracht seien.

Acht Schulen, zählte Bildungs- und Sportdezernent David Lüngen auf, seien aktuell von der Umnutzung betroffen. Bis zu den Herbstferien würden viele stattdessen die Außenanlagen an der Mintarder Straße nutzen. Bei den Vereinen muss der Kahlenberger HTC als Hauptnutzer in den Hallen an der Lehner- und Ludwig-Wolker-Straße auf rund 30 Prozent seiner sonstigen Trainingszeiten verzichten.

Harbecke-Sporthalle: Bei der Mülheimer SPD herrscht Unverständnis

Auch deshalb hatte sich der Mülheimer Sportbund mit einem offenen Brief an die Verwaltung gewandt. Nach einem Gespräch mit dem Oberbürgermeister hatten sich die Wogen aber wieder geglättet.

Bei der SPD herrscht allerdings nach wie vor Unverständnis. Vor allem deswegen, weil weiterhin unklar blieb, wielange die Sportstätte nicht ihrem eigentlichen Zweck zur Verfügung steht. „Dass sich die Situation nicht vermeiden ließ, sehe ich anders“, meinte Laura Libera und brachte die frühere Tennishalle an der Broicher Holzstraße ins Spiel, in der nach 2015 bereits einmal Flüchtlinge untergebracht waren. „Ich finde es skandalös, dass die Verwaltung nicht aus der Vergangenheit gelernt hat“, legte Libera nach.

Stadtspitze schließt Rückkehr an die Holzstraße aus

Das Flüchtlingsdorf unweit des Steinbruchs Rauen sei aber in der Zwischenzeit entkernt und entrümpelt worden, dass es nur mit unverhältnismäßigem Aufwand wieder hergerichtet werden könne, hatte die Stadt schon zuvor bekanntgegeben.

Nach der Absage an die Dümptener Straße sei auch ein weiterer Ankauf der Container nicht mehr möglich, antwortete Daniela Grobe auf einen Vorschlag von SPD-Ratsherr Filip Fischer. „Die sind jetzt anderweitig verkauft worden, was ja auch kein Wunder ist, wenn man den zehnfachen Preis verlangen kann.“

Timo Spors (Grüne): „Wir müssen als Politik auch die dynamischen Situationen sehen“

Mehr Verständnis bekam die Dezernentin aus den Reihen der Grünen. „Die Unterbringung in Sporthallen ist nie eine gute Lösung, sondern nur eine Notlösung. Ich glaube aber auch, dass wir als Politik die dynamischen Situationen sehen müssen“, meinte Timo Spors. Die weltpolitische Lage lasse manchmal eben keine anderen Entscheidungen zu.