Mülheim. Aufholen nach Corona: Ausflüge, AG, Nachhilfe – all das kann bis Jahresende finanziert werden. Manche Mülheimer Schulen kommen nicht in die Pötte.
Es ist Geld da, und zwar wirklich viel! Diesen Satz hört man im hoch verschuldeten Mülheim eher selten. Aus dem Bundesprogramm „Aufholen nach Corona“ stehen den Schulen der Stadt satte 2,2 Millionen Euro zur Verfügung, um pandemiebedingte Defizite beim Lernen oder im sozialen Miteinander von Kindern und Jugendlichen aufzuarbeiten. Erstaunlicherweise haben manche Schulen bislang kaum etwas von dem Geld abgerufen – dabei sind wirklich tolle Dinge möglich, sagt Brita Russack, Leiterin des städtischen Bildungsbüros.
Es sind drei Töpfe, aus denen sich die Lehrkräfte bedienen können. Da sind zum einen die sogenannten Jugendhilfemittel, die Mülheim in Höhe von 950.000 Euro gewährt wurden, und die den Schulen Projekte in Zusammenarbeit mit Jugendhilfeträgern ermöglichen. Der Kreativität sind dabei kaum Grenzen gesetzt – Hauptsache, die Generation Lockdown findet wieder zusammen. Vergnügliche Bewegungsspiele, aufregende Ausflüge, kunterbunte AGs – all das kann finanziert werden, sagt Russack, und erinnert an ein wunderbares Schulfest samt Zirkus der Brüder-Grimm-Schule. Andernorts wurden Kettcars für einen Kurs in Verkehrserziehung angeschafft. Sie bleiben der Schule dauerhaft erhalten. Wer gute Ideen hat, kann lang davon profitieren.
Schulbudgets: Auf Unterkonten der Mülheimer Schulen liegen bis zu 50.000 Euro bereit
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Des Weiteren gibt es die „Schulbudgets“ und die „Schulträgerbudgets“. Alle Einrichtungen wurden damit bedacht; abhängig von der jeweiligen Größe der Schule liegen zwischen 10.000 und 50.000 Euro auf Unterkonten bereit. 888.000 Euro sind dabei insgesamt im Spiel. Erneut sind viele, viele Ideen zur Förderung der jungen Menschen denkbar, so Russack. Sie weiß von Tanzpädagogen, die bereits eingesetzt wurden, und von Yogalehrern. Aber auch von anderen Dingen wie speziellen Nachhilfeangeboten. „Es geht darum, die Seelen der Kleinen wieder aufzuschließen, damit sie zurückzufinden zur Klassengemeinschaft.“
Wer Stoff aufholen muss, kann von den Bildungsgutscheinen profitieren, der dritten Fördersäule. Für diese Form der Unterstützung wurden 450.000 Euro bereitgestellt. Die Schulen können Eltern oder Schülern Gutscheine in Höhe von 200 Euro übergeben – für umgerechnet zehn Nachhilfe-Einheiten in egal welchem Fach. Oder sie können Lerngruppen von bis zu sechs Schülern bilden: Erfolgreich praktiziere dies etwa die Gesamtschule Saarn, sagt Russack. Andernorts dagegen hakt’s: Bis zum 30. Juni waren gerade ein Drittel der Gutscheine eingelöst; Nachhilfeinstitute hatten nur 140.000 Euro abgerechnet. Die Befürchtung: „Die Gutscheine gehen da verloren, wo sie am nötigsten wären.“
Wer den Bildungsgutschein nicht rechtzeitig einlöst, kann ihn verlieren
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Wer den Bildungsgutschein nicht rechtzeitig einlöst, kann ihn einbüßen, warnt Russack. „Nach Ablauf von drei Monaten können wir sie in Absprache mit der Schule ungültig machen.“ Dann könnten andere Schüler davon profitieren oder die Mittel in andere Förderideen fließen. Man spreche aktuell viel mit den Schulleitungen, um zu klären, wie es weitergehen soll mit den offenen Bons.
Auch von den Schulbudgets war zum Ende des zweiten Quartals 2022 erst ein Drittel aufgebraucht. Das ist traurig für die Kinder, die nicht davon profitieren – und für viele Erwachsene ist es ärgerlich. Am 31. Dezember 2022 nämlich verfallen die Mittel, wenn sie nicht abgerufen werden. „Diese Frist ist seit anderthalb Jahren bekannt und eine Verlängerung unwahrscheinlich.“ Russack und ihr Team führen auch darüber viele Gespräche mit den Schulen, sie wollen erklären, sie wollen motivieren.
Vor allem die weiterführenden Schulen haben bislang noch kaum Geld ausgegeben
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An Grundschulen sei das Problem nicht so groß, erklärt die Leiterin des Bildungsbüros. Offenbar falle es kleineren Einheiten leichter, sich Projekte zu überlegen und sie anzugehen. Die weiterführenden Schulen seien schwerfälliger – dabei sei es wirklich einfach, ans Geld zu kommen. Russack pflegt gute Beziehungen zu allen Schulleitern, manchmal aber ist da Unverständnis: „Erst kürzlich habe ich eine etwas provozierende Mail mit dem Titel ,Zu viel Geld?’ an alle geschickt. . .“
Sie hofft sehr, dass die Schulen, die bislang zurückhaltend waren, noch aktiv werden – „am besten nimmt das eine Person in die Hand und legt los“. Oder, falls tatsächlich kein Interesse an der Förderung besteht: „Dann müssen die Mittel freigegeben werden, um anderen Schulen zugutezukommen.“ Der einzige Fördertopf, der schon voll verplant ist, ist der der Jugendhilfemittel. „Auch da kann es aber noch passieren, dass irgendetwas nicht zustande kommt.“ Dann plane man zügig um. Russacks großes Ziel nämlich bleibt dieses: „Das ganze Geld soll an die Kinder gehen.“