Mülheim. Die Stadt Mülheim als eine der Schuldenköniginnen deutscher Kommunen: Diese Nachricht geht durchs Land. Zu Recht? Ein zweiter Blick tut Not.
Landauf, landab verbreiten sich aktuell Statistiken, die die Stadt Mülheim als eine der Schuldenköniginnen unter Deutschlands Kommunen führen. Dabei versichert Mülheims Kämmerer Frank Mendack, mit den Millionen-Hilfen aus dem NRW-Stärkungspakt ganz gut die Kurve bekommen zu haben. Ist also wirklich alles so düster, wie es die Statistiken vorgeben?
„Pirmasens, Mülheim, Oberhausen, Sylt: Deutschlands Schuldenkönige“ – diese Nachricht ging im Juni durch Deutschland. Jüngst war es das Landesstatistikamt IT.NRW, das Mülheim als Spitzenreiter in der Pro-Kopf-Verschuldung kreisfreier Städte in Nordrhein-Westfalen führte. Ende 2021 summiere sich der Schuldenstand in der Ruhrstadt demnach auf 10.006 Euro und 25 Cent pro Einwohner. In diesem Negativ-Ranking folgte an zweiter Stelle Oberhausen schon mit einem größeren Abstand (9555,67 Euro). Noch höher als Mülheim verschuldet ist demnach nur noch Siegburg im Rhein-Sieg-Kreis (11.577 Euro/Kopf).
Pro-Kopf-Verschuldung nur in Pirmasens höher als in Mülheim?
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Betrachtet hatten die Landesstatistiker Schulden im Kernhaushalt, in Eigenbetrieben, eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen und Anstalten öffentlichen Rechts. Für das Jahr 2020 hatte das Wertpapierinstitut EDS (European Debt Solutions) gar in einem bundesweiten Vergleich Mülheim als Stadt mit der zweithöchsten Pro-Kopf-Verschuldung in ganz Deutschland hingestellt, nur das rheinland-pfälzische Pirmasens stehe schlechter dar, hieß es.
Mülheims Finanzlage ist trotz der Hilfen und eigenen Konsolidierungsanstrengungen zweifelsohne prekär, die Vergleiche hinken jedoch, denn nicht berücksichtigt sind in den Rankings Schattenhaushalte, in denen Kommunen mitunter Schulden in schwindelerregenden Höhen „verstecken“. Das hat 2018 etwa das „NRW Magazin“ des Deutschen Beamtenbundes offengelegt.
Mülheim „versteckt“ deutlich weniger Schulden als andere Städte in Schattenhaushalten
Es hatte dabei Mülheim mit Düsseldorf verglichen und aufgezeigt, dass die Landeshauptstadt im Jahr zuvor 91,2 Prozent ihrer Gesamtverschuldung in ausgelagerten Haushalten angehäuft hatte – also außerhalb des Kernhaushaltes, auf dem die Statistiken regelmäßig basieren und der öffentlich transparent einsehbar ist. Mülheim hingegen wurde seinerzeit als Beispiel für relativ hohe Transparenz angeführt. Hier seien nur 11,1 Prozent der kommunalen Verschuldung in Schattenhaushalten verborgen, wurde aufgezeigt.
Diese Mülheimer Schulden, die im Kernhaushalt nicht auftauchen (385 Millionen von insgesamt rund 2,1 Milliarden Euro) verteilen sich laut Auskunft von Stadtkämmerer Frank Mendack im Wesentlichen auf Kreditverbindlichkeiten folgender städtischen Beteiligungen: auf die städtische Wohnungsbaugesellschaft SWB (rund 315 Millionen Euro), die Ruhrbahn (32 Millionen) und die Seniorendienste (18 Millionen).