Mülheim. Zweimal hat die Polizei in Mülheim in diesem Jahr Reisebusse noch vor der Abfahrt zu einer Klassenfahrt stillgelegt. Auf welche Mängel sie stößt.

Endlich wieder auf Klassenfahrt gehen! Auch wenn Corona nicht völlig besiegt ist: Die Mülheimer Schulen trauen sich wieder Gruppenreisen zu. Damit alles gut geht, ist vorab einiges zu bedenken. Auch dies: Ist unser Bus fahrtauglich, hat er keine gravierenden Mängel? Fragen wie diese lassen die Schulen gern vor der Abfahrt durch eine Kontrolle der Polizei abklären. Zu Recht, wie neueste Zahlen aus dem Polizeipräsidium zeigen.

In den ersten acht Monaten des Jahres haben Beamte des Verkehrsdienstes allein in Mülheim sieben Beanstandungen ausgesprochen. 59-mal waren sie vor Gruppenreisen im Einsatz – in den meisten Fällen konnten sie rasch ihr „Go“ geben. Doch es gab auch andere Konstellationen, berichtet Polizei-Pressesprecher Matthias Werk: Fünfmal seien eher kleinere technische Mängel festgestellt worden, die für eine verspätete Abfahrt sorgten. In zwei Fällen musste der Bus stillgelegt werden.

Mülheimer Polizei stellt gravierende Mängel fest: Pause zu kurz, Notentriegelung defekt

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„Einmal lag ein Verstoß gegen die Ruhezeiten vor“, so Werk. Dies sei beim Auswerten des Fahrtenschreibers aufgefallen. „Das andere Mal war die Notentriegelung defekt.“ Das hätte im Falle eines Unfalls übel enden können. Fluchtwege wären blockiert gewesen.

Ein fehlender Nothammer, ein Feuerlöscher zu wenig, schadhafte Windschutzscheiben oder kaputte Birnchen in der Beleuchtung: All das decken die speziell geschulten Kollegen auf, berichtet Werk. „Und die Regeln sind dann strikt: Erst wenn der fehlende Feuerlöscher besorgt ist, darf die Fahrt beginnen.“ Kontrolliert werde auch jeder Sitzplatz. „Fehlt ein funktionsfähiger Gurt, muss er freibleiben.“ Bei voll ausgebuchtem Bus kann auch das zum Problem werden.

Notfalls muss ein Sachverständiger von Dekra oder Tüv eingeschaltet werden

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Werks Kollegen berichten auch von schwerwiegenden Fällen, die sich nicht vor Ort mit etwas Aufwand lösen lassen, „zum Beispiel von einer defekten Bremsanlage“. Mit dem Bus – so er denn noch fahrtauglich ist – gehe es dann zu einem Sachverständigen von Dekra oder Tüv für eine weitergehende Kontrolle.

Dass nicht jeder Bus im Top-Zustand ist, wissen die Lehrkräfte – und auch die Eltern. Daher ist es vielerorts gelebte Praxis, den Verkehrsdienst im Vorfeld eines Ausflugs zum Test von Bus und Fahrer zu bitten. „Wenn Klassenfahrten anstehen, tingeln unsere Kollegen von einer Schule zur nächsten“, weiß der Pressesprecher.

Die Polizei braucht zur Planung der Bus-Kontrolle mindestens zwei Wochen Vorlauf

Auf der Homepage essen.polizei.nrw lässt sich nachlesen, was für eine Anmeldung zur Kontrolle erforderlich ist. Mindestens zwei Wochen vor Abfahrt muss die Polizei kontaktiert werden. Eine Garantie, dass sie kommt, gibt es trotzdem nicht: Zum einen ist die Zahl der Kollegen, die entsprechend geschult sind, begrenzt. Zum anderen stehen manchmal größere Einsätze der angemeldeten Kontrolle entgegen. Doch eins sei natürlich klar, betont Matthias Werk: „Wer eine Gefahr erkennt, kann auf jeden Fall die 110 anrufen. Dann kommt der Streifendienst vorbei.“

Dass schon die bloße Ankündigung einer Überprüfung nervös machen kann, erfuhr jüngst eine Reisegruppe aus St. Mariae Geburt. Ende Juli sollte es losgehen zur Familienfreizeit mit 50 Teilnehmenden und einem Dutzend Betreuer und Betreuerinnen. Als der Fahrer von der Kontrolle hörte, sei er „unwirsch geworden“ und habe „dagegen gewettert“, berichtete Thomas Drews vom Orga-Team. „Er meinte, dass das unnötig sei und wir uns das lieber sparen sollten.“ Nach einem kurzen Telefonat sei er „ohne ein weiteres Wort weggefahren“. Zum Glück ermöglichte ein anderes Unternehmen später – gegen Aufpreis – die Reise.

Wenn Subunternehmer ins Spiel kommen, kann’s schwierig werden

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Ein ähnlich unerfreuliches Erlebnis dieser Art hatte 2021 Andreas Illigen, Leiter der Schildbergschule. Eine Fahrt seiner Viertklässler nach Neuss konnte erst mit anderthalb Stunden Verspätung starten, weil die Polizei an beiden eingesetzten Bussen etwas auszusetzen hatte. Busunternehmer, die eigentlich über gute Fahrzeuge verfügen, setzen laut Illigen häufiger Subunternehmer ein – mit der Gefahr, dass mangelhafte Fahrzeuge ins Spiel kommen. „Wir haben unserem Unternehmer klar gemacht, dass wir Subunternehmer auf keinen Fall mehr akzeptieren.“

„Auch wir nehmen die Polizei immer mit ins Boot“, sagt Grit Freiberg-Scheidt, Leiterin der Realschule an der Mellinghofer Straße. Man kündige die Kontrollen auch offensiv an. Die bloße Androhung wirke: Selbst wenn die Polizei mal keine Zeit habe, weil ein anderer Einsatz Vorrang hat, „wir hatten bislang immer Busse, die in Ordnung waren“.

Einmal allerdings, auf einer Reise nach Italien, habe ein Unternehmen einfach in München das Fahrzeug getauscht. „Das erste war von der Polizei kontrolliert worden, das zweite natürlich nicht mehr.“ Echte Mängel seien zwar nicht aufgefallen – „doch der zweite Bus war längst nicht so komfortabel wie der erste“.

„Hinweis auf bevorstehende Kontrolle der Busse lohnt immer“

Dass immer mal wieder Schmu betrieben wird, nicht verlässlich Top-Busse eingesetzt werden, beschäftigt auch Mülheims Politik und Verwaltung. Jüngst im Bildungsausschuss regten die Fraktionen von CDU und Grünen regelmäßige Absprachen zwischen Verwaltung, Schulen und Polizei an. Ein Erfahrungsaustausch sei wichtig, um auf schwarze Schafe aufmerksam zu machen. Problematisch könne allerdings der Datenschutz sein.

Peter Hofmann, Leiter der Schulverwaltung, hält Kontrollen für unerlässlich, Empfehlungen der Stadt zu einzelnen Unternehmen seien aber schwierig. Er versprach, das Thema „erneut bei der Polizei zu platzieren“. Einzelne Ausschussmitglieder berichteten davon, dass die Beamten trotz Anmeldung häufiger nicht zur Kontrolle erschienen. Der Hinweis auf die anstehende Überprüfung lohne sich im Gespräch mit dem Busunternehmer aber auf jeden Fall, so Norbert Mölders (SPD).