Mülheim. Eine Mülheimer Reisegruppe wurde kurz vor Abreise vom Busfahrer versetzt, kommentarlos. Der Grund offenbar: Eine angekündigte Polizeikontrolle.
Es ist 9 Uhr, als am Montagmorgen die ersten Kinder und Jugendlichen am Kreisverkehr bei der St. Theresia Kirche auf der Heimaterde eintrudeln, die meisten von ihren Eltern gebracht. Um 10 Uhr soll es mit dem Bus losgehen in Richtung Meetzen bei Schwerin, zu einer zweiwöchigen Ferienfreizeit. Organisatorin ist die Pfarrei St. Mariae Geburt, 13 Betreuerinnen und Betreuer begleiten die rund 50 Teilnehmenden. Was dann passiert, nimmt im Nachhinein ein ungeahntes Ausmaß an und lässt das Organisations-Team zunächst ratlos zurück. Einer von ihnen ist Thomas Drews. Er begleitet die Ferienfreizeiten der Pfarrei bereits seit Jahren, so etwas aber habe er noch nie erlebt.
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„Der Bus kam überpünktlich um Viertel nach neun am verabredeten Ort an und wir haben kurz mit dem Fahrer gesprochen“, erzählt der 23-Jährige. So weit, so normal. „Als wir dann aber die Polizei erwähnt haben, wurde er nervös.“ Eine polizeiliche Kontrolle des Busses vor vergleichbaren Fahrten – gerade mit Schutzbefohlenen – sei gängige Praxis, schildert Drews. „Das machen wir schon immer so und es gab eigentlich nie Probleme.“ Dieses Mal läuft aber alles anders.
Mülheimer Reisegruppe bleibt verdutzt zurück
„Der Fahrer wurde dann ziemlich unwirsch und hat gegen die Kontrolle und uns gewettert“, so der Betreuer der Ferienfreizeit. „Er meinte, dass das unnötig sei und wir uns das lieber sparen sollten.“ Nach der Ansprache habe sich der Busfahrer ab- und einem Telefonat zugewendet. „Danach ist er, ohne ein Wort zu uns zu sagen, in den Bus gestiegen und weggefahren.“ Verdutzte Betreuerinnen und Betreuer, Eltern und Jugendliche bleiben zurück. „Wir konnten erstmal gar nicht so richtig begreifen, was gerade passiert ist“, sagt Drews.
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Timing ist manchmal alles; die Polizeibeamten für die Kontrolle treffen den Schilderungen des Betreuers zufolge nur wenige Minuten nach dem ominösen Verschwinden des Busses samt Fahrer ein – auch sie: verdutzt. „Nachdem wir erzählt haben, was passiert ist, sind die Polizisten losgefahren, um den Bus vielleicht noch einzuholen.“ Doch der Abfahrtsort auf der Heimaterde ist günstig gelegen, mehrere Autobahnauffahrten liegen nur wenige Fahrminuten entfernt – von dem Bus fehlt jede Spur. Die Polizei Essen/Mülheim bestätigt auf Nachfrage, im Nahbereich der Kleiststraße nach dem Bus gefahndet zu haben, allerdings erfolglos.
Das Betreuungsteam eruiert seine Möglichkeiten, „da gab es aber nicht so viele“. Eine der Betreuerinnen ruft beim Bielefelder Busunternehmen an, landet sogar beim Chef. „Wir konnten alles mithören“, erzählt Thomas Drews. „Er fühlte sich von uns schlecht behandelt und solche Kontrollen kenne er sonst nicht.“ Der Bus sei jetzt auf dem Heimweg in die Zentrale – ein Kompromiss dennoch möglich. „Wenn wir die Polizei-Kontrolle absagen, käme der Bus zurück.“ Keine Option für die Truppe, das Misstrauen dem Busunternehmen gegenüber ist mittlerweile unermesslich.
Mülheimer Pfarrei leistete keine Anzahlung an das Unternehmen
Auf dem Vergleichsportal „bustreff.de“ war die Mülheimer Reisegruppe auf das Unternehmen und dessen Angebot für die Reise aufmerksam geworden. „Klar ist sowas auch immer eine Kostenfrage“, sagt Drews. „Wir hatten verschiedene Angebote, das aus Bielefeld war eines der günstigeren.“ Dass das Unternehmen bei Google mitunter Bewertungen mit nur einem Stern hat, sei ihnen bewusst gewesen, „aber es gab auch gute Bewertungen“. Man habe auf das Beste gehofft und das Schlimmste erlebt. Dabei hatte das Unternehmen bereits drei Wochen vor der geplanten Fahrt für Unmut gesorgt: „Da haben sie wegen der hohen Spritkosten einen Aufpreis von 500 Euro verlangt.“ Glück im Unglück: Eine Anzahlung gab es nicht.
Mehrkosten erwarten die Pfarrei St. Maria Geburt aber doch, denn durch viel Telefoniererei und gute Verbindungen sprang das Herner Busunternehmen „Respect-Tours“ spontan für die Fahrt in den Norden ein. Aufpreis: etwa 2000 Euro. „Wie wir das abrechnen, müssen wir noch schauen“, so Drews. „Aber die Eltern vor Ort haben grünes Licht gegeben.“ Und auch die Rückfahrt ist noch nicht gebucht. „Das neue Unternehmen hat signalisiert, dass sie einspringen können.“
Das Bielefelder Unternehmen war im telefonischen Gespräch mit dieser Redaktion nicht zu einer Stellungnahme bereit.