Die aktuell steigenden Preise bedrücken viele Menschen in Mülheim. Wie geht es Studenten, die seit jeher als knapp bei Kasse gelten aktuell?
Ob Lebensmittel, Energiekosten oder Mietpreise – alles wird teurer. Die Inflation trifft einige Bevölkerungsgruppen schwer, zum Beispiel die Studentinnen und Studenten. In Mülheim gibt es durch das Studentenwohnheim in Broich und die Hochschule Ruhr West einige von ihnen. Viele Mülheimer studieren aber auch in anderen Hochschulstädten. Um Studentinnen und Studenten von den hohen Energiepreisen zu entlasten, wurden entsprechende Entlastungspakete von Bund und Ländern geplant, jedoch kommen diese nicht immer beim Einzelnen an.
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Was sagen Mülheimer Studentinnen und Studenten?
Julian Schaa (19) studiert seit vergangenem Jahr in Bonn und zog für sein Studium dorthin. Ansonsten hätte er von Mülheim nach Bonn täglich zwei Stunden pendeln müssen. Er studiert Informatik. Von seinen Eltern bekomme er Kindergeld und Unterhalt gezahlt, damit er sich das Studieren leisten kann. Er sagt, bei ihm sei das Geld „relativ knapp“. Um zu sparen, versuche Julian Schaa, weniger auswärts essen zu gehen und weniger Essen zu bestellen. „Zum Glück hat meine Uni die Preise in der Mensa noch nicht angehoben“, erzählt er. Der 19-Jährige ist Vegetarier und hat oft vegetarische Ersatzprodukte gegessen. Auf diese verzichtet er jetzt meist, da sie verhältnismäßig teuer seien.
Die Entlastungspakete der Bundesregierung halfen ihm nicht viel, denn „außer dem Kindergeldzuschlag kam nichts an“, sagt er. Das Neun-Euro-Ticket habe ihm nur Nachteile gebracht, da er schon ein Semesterticket hatte und die Züge nur noch voller gewesen seien. Eine Rückerstattung findet hier über den nächsten Semesterbeitrag statt, der dann niedriger ausfällt. Jedoch zahlen den Semesterbeitrag seine Eltern, so dass Julian Schaa davon nicht profitiere. Den Heizkostenzuschuss oder die Energiepauschale bekomme er auch nicht, da er kein Bafög beziehe und auch keinen Nebenjob habe. Aktuell ist Julian Schaa auf der Suche nach einem Nebenjob, damit er sich wieder mehr leisten kann, zum Beispiel einen Urlaub. Sollte die Situation sich noch weiter verschlimmern, würde er am ehesten auf Freizeitaktivitäten verzichten, sagt er.
Inflation in Mülheim: Studierende sprechen über ihre Finanzen
Elena Clococeanu (21) studiert an der Hochschule Ruhr West in Mülheim Gesundheits- und Medizintechnologie. Sie wohnt alleine und empfängt Bafög, da ihre Mutter alleinerziehend ist. Obwohl sie die aktuelle Situation nur mäßig bedrücke und sie finanziell gut abgesichert sei, fühlt sie sich von der Bundesregierung nicht wirklich unterstützt, sagt sie.
Die 21-jährige sieht ein Problem aber nicht nur bei den Entlastungspaketen selbst, sondern auch bei den Informationen und der Kommunikation. Elena Clococeanu meint, die „Unterstützung wird nicht gut kommuniziert“ und komme deswegen oft nicht an. Bei solchen Angelegenheiten helfe ihr oft ihr Bruder, er sei da ziemlich gut informiert. Die Unis würden schlecht aufklären über diese Themen. Die Bafög-Anhebung empfindet Elena Clococeanu als nicht angemessen, es sei ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Der „monatliche Fixbetrag steigt enorm“, meint sie. Da helfe auch die Anhebung nicht mehr. Elena Clococeanu versuchte auch schon früher, bei den Heizkosten zu sparen, um so ihre Fixkosten zu senken. Aktuell spare sie mal hier und da beim Einkaufen, sagt sie. Um mehr zu sparen, würde sie zur Not auf Freizeitaktivitäten verzichten.
Mülheimer Studentin greift häufiger zu Fertiggerichten
Vanessa Wiedermann (23) studiert ebenfalls an der Hochschule Ruhr West. Sie ist fast fertig mit ihrem Bachelor in Betriebswirtschaftslehre. Ursprünglich kommt sie aus Bottrop. Um näher am Studentenleben zu sein, ist sie in ein Studentenwohnheim in Broich gezogen. Sie erzählt, dass sie momentan eher mal zu Fertiggerichten greife, weil sie günstiger im Einkauf und schneller zubereitet seien als frische Lebensmittel. Außerdem fahre sie viel weniger Auto: „Früher habe ich jeden Monat getankt, jetzt nur noch alle zwei Monate.“
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Die Studentin erhalte kein Bafög, hatte aber bis vor Kurzem einen Nebenjob und wolle sich auch wieder einen suchen. Im Notfall könne sie sich aber auf ihre Eltern verlassen. Als sie noch in einem Nebenjob beschäftigt war, habe sie rund 800 Euro monatlich zur Verfügung gehabt. Die „800 Euro waren am Ende des Monats weg“, erzählt die 23-Jährige. Sie meint, einen „Minijob braucht man“. In Zukunft will Vanessa Wiedermann ein zweites Bachelorstudium in Dortmund beginnen und ist daher auf der Suche nach einer Wohngemeinschaft dort. Die meisten Wohngemeinschaften seien vom Mietpreis her im Rahmen. Aber es gebe auch durchaus Angebote, die „manchmal unverhältnismäßig“ seien, sagt sie. Die steigenden Preise rückten für sie insofern in den Fokus, dass sie oft nach dem Einkaufen denke, dass dieser schon teuer gewesen sei. Aber sie fühle sich nicht dauerhaft bedrückt von der Situation. Mit einem Lachen fügt sie noch hinzu: „Es wird nur kritisch, wenn der Bierpreis steigt.“
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Studentenwohnheim in Mülheim: Stromkosten nicht im Fokus
Vincent Lehnert (22) wohnt im gleichen Studentenwohnheim wie Vanessa Wiedermann. Er studiert an der Universität Duisburg-Essen dual Maschinenbau. Die hohen Preise merke er beim Einkaufen am meisten. Er sagt, der Einkauf für die Woche kostete früher um die 40 Euro und aktuell müsse er gut 15 Euro mehr einplanen. Beim Einkaufen seien, wie bei Vanessa Wiedermann, dann „auch mal eher Fertiggerichte dabei“, da diese günstiger seien, sagt er. Auch Vincent versuche, das Autofahren möglichst zu vermeiden, um so Benzinkosten zu sparen. Er fügt hinzu, dass er „den Tankrabatt auch merkt“. Außer auf Benzin verzichte er noch auf nichts.
Da der 22-jährige seinen Semesterbeitrag selber zahle, kam ihm die Erstattung des Neun-Euro-Tickets zugute, denn er zahlte beim nächsten Semesterbeitrag weniger. Die Züge wären zwar voller gewesen, aber eine Verlängerung des Tickets „würde sich lohnen“, sagt er. Vincent Lehnert kann die „kategorische Ablehnung“ dieser Verlängerung von manchen Parteien nicht nachvollziehen.
Ein Vorteil am Studentenwohnheim sei, dass man die Stromerhöhungen nicht so direkt spüre wie andere. Außerdem müsse man sich nicht mit Strom- und Gasanbietern und deren Preisen auseinandersetzen. In seinem Freundeskreis seien aber auch manche zurück nach Hause gezogen, da das Studium in den vergangenen Jahren sowieso nur online stattgefunden hat und man sich so einige Kosten habe ersparen können.