Mülheim. . Bei der Pro-Kopf-Verschuldung lässt Mülheim mittlerweile alle NRW-Großstädte hinter sich. Der Kämmerer mag nichts mehr schönrechnen.

Keine andere NRW-Großstadt hat in den vergangenen 15 Jahren ein höheres Verschuldungstempo hingelegt als Mülheim. Die Pro-Kopf-Verschuldung hat sich mehr als vervierfacht – das ist mit Abstand negative Spitze im Land. Allein 9665 Euro müsste jeder Bürger, egal ob Säugling oder Senior, auf den Tisch legen, damit die Stadt nur ihre Schulden im Kernhaushalt (ohne Stadttöchter) begleichen könnte.

Mülheim ist der Negativausreißer schlechthin unter den NRW-Großstädten, die seit der Jahrtausendwende durch eine hohe Pro-Kopf-Verschuldung auffällig sind. Betrug die Pro-Kopf-Verschuldung im Jahr 2002, dem seither letzten Jahr mit positivem Saldo in Mülheim, nur 2329 Euro, so waren es Ende 2017 besagte 9665 Euro (plus 415 Prozent). So hat es Mülheim vollbracht, hinsichtlich der Pro-Kopf-Verschuldung gar die unter vergleichsweise höheren Soziallasten leidenden Nachbarstädte zu überholen: Essen schon im Jahr 2009, Duisburg 2012 und Oberhausen im Jahr 2016. Mittlerweile liegt die Pro-Kopf-Verschuldung in Mülheim gar schon gut 650 Euro höher als beim langjährigen Negativrekordhalter Oberhausen.

Klar: Die Nachbarstädte haben schon über einige Jahre Mittel aus dem Stärkungspakt für ihre Haushaltskonsolidierung verwenden können. So ist es im Vorjahr den Nachbarn Essen, Oberhausen und Duisburg, auch den Revier-Großstädten Gelsenkirchen, Dortmund und Hagen gelungen, die Pro-Kopf-Verschuldung zu drücken.

Aufschwung ging an Mülheim vorüber

In ihrer aktuellen Kommunalstudie stellt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young fest, dass die deutschen Städte und Gemeinden dank sprudelnder Steuereinnahmen beim Schuldenabbau vorangekommen seien. Insgesamt schlägt 2017 über alle deutschen Kommunen ein Überschuss von 10,7 Milliarden Euro zu Buche; die Gesamtverschuldung aller Städte und Gemeinden sei um 3,5 Prozent gesunken. Doch an den zehn Städten mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung sei der Aufschwung vorübergegangen. Ihr Schuldenstand habe im Mittel um 0,7 Prozent zugelegt (Mülheim: 5,5 Prozent).

„Ich versuche erst gar nicht , das schönzurechnen“, kommentiert Kämmerer Frank Mendack die Zahlen. „Die Verschuldung ist exorbitant. Wir leisten uns zum Beispiel einen ÖPNV mit einem jährlichen Defizit von mehr als 30 Millionen Euro.“ Mehr als 300 Millionen Euro der Kassenkredite seien hierauf zurückzuführen. Hier müsse es nun gelingen, zu einer deutlichen Einsparung zu kommen, so Mendack, der bis Dezember noch die Politik hinter einen Haushaltsentwurf für 2019 bringen muss.

Kritisch blickt Mendack auch auf die Finanzierung von Schulsanierungen in öffentlich-privater Partnerschaft zurück. Die Stadt sei zwar dazu gezwungen gewesen, „weil es haushaltsrechtlich nicht anders ging“. Aber die ÖPP-Projekte seien eine „deutliche Belastung für den städtischen Haushalt“.

Gesamtverschuldung: 2,03 Milliarden Euro

Das Landesstatistikamt „IT NRW“ führt keine Statistik über die Gesamtverschuldung der Kommunen samt Schatten- und Nebenhaushalte.


Die im Text genannte Pro-Kopf-Verschuldung bezieht sich auf einen Schuldenstand der Kernverwaltung am 31. Dezember 2017 in Höhe von 1,55 Milliarden Euro. Die Gesamtverschuldung des Stadtkonzerns beträgt laut Stadtkämmerer Frank Mendack aktuell 2,03 Milliarden Euro (Stichtag: 30. September).