Mülheim. Bereits die fünfte Generation führt Holz Jägers in Mülheim. Das Familienunternehmen besteht seit 150 Jahren. Wovon die Jahrzehnte geprägt waren.

Mit Klaus und Jörg Sanders führt aktuell die fünfte Generation den Fachhandel Holz Jägers an der Kölner Straße zwischen Saarn und Selbeck. Ebenfalls nach wie vor regelmäßig auf dem Hof und im Betrieb anzutreffen: der 83-jährige Hermann Sanders, dessen Vater in die Familie Jägers eingeheiratet hatte. Das Trio blickt auf die 150-jährige Firmengeschichte zurück. Klar scheint schon jetzt: Eine sechste Generation wird es bei Holz Jägers wohl nicht geben.

Als Heinrich Jägers am 1. Juni 1872 die Türen seines Holzhandels öffnete, fuhren noch Pferdekarren an der Kölner Straße 212 vor. Historische Fotos zeugen davon, wie hart die Menschen arbeiten mussten, um aus den riesigen Baumstämmen verwertbares Holz zu machen. „Damals“, blickt Hermann Sanders tief in die Familiengeschichte zurück, „kam das Holz noch hier direkt aus der Umgebung, etwa aus Ratingen und den Wäldern von Graf Spee.“ Vor allem Grubenholz war es damals, das Heinrich Jägers im ausgehenden 19. Jahrhundert vertrieb. Die Nachfrage danach war groß, in einer Zeit, als noch zig Zechen in der Stadt in Betrieb waren.

Holz aus Mülheim-Saarn für die Binnenschifffahrt in Duisburg-Ruhrort

1893 errichtete der Firmengründer ein Dampfsägewerk und spezialisierte sich auf den Bedarf der Binnenschifffahrt in Duisburg-Ruhrort. Anfang des 20. Jahrhunderts übernahm Heinrichs Sohn Hugo den Betrieb, 1946 stieg schließlich Schwiegersohn Hermann Sanders senior ein – der Vater von Hermann Sanders junior, der heute noch Gesellschafter ist.

Ein altes Firmenfoto aus dem Jahr 1946, das den neuen Inhaber des Sägewerks Jägers, Hermann Sanders senior (6. v.l.), mit seinen Mitarbeitern auf dem Firmengelände in Mülheim zeigt.
Ein altes Firmenfoto aus dem Jahr 1946, das den neuen Inhaber des Sägewerks Jägers, Hermann Sanders senior (6. v.l.), mit seinen Mitarbeitern auf dem Firmengelände in Mülheim zeigt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Seit fast 50 Jahren ist der heute 83-Jährige im Geschäft, hat Zeiten des Strukturwandels und des Facharbeitermangels durchlebt. „Wir haben Mitte der 70er-Jahre das Sägewerk stillgelegt, das lohnte sich nicht mehr“, erzählt Hermann Sanders junior, im gleichen Zug baute der Betrieb den Holzhandel weiter aus. Platten, Leisten, Hobelware, Kleineisenteile, später auch Türen und Parkett, – was Handwerker und private Häuslebauer eben so brauchen.

Anfang der 90er-Jahre kamen dann die Gartenausstellungen hinzu – Artikel aus der Reihe „Holz im Garten“ wurden zu einem Hauptstandbein der Firma. „Früher, da gab es ja nur den Jägerzaun“, erinnert sich der Senior an das überschaubare Angebot. Nicht erst seit der Pandemie verzeichnet der Holzfachhandel einen Ansturm auf Bauelemente, die das heimische Grün noch schöner werden lassen.

Materialknappheit und Lieferschwierigkeiten erschweren heute Holzgeschäft

Ob aber heute alle gewünschten Hölzer verfügbar sind, stehe auf einem anderen Blatt, berichtet Jörg Sanders, der die Firma inzwischen gemeinsam mit seinem Bruder Klaus führt. „Der Weltmarkt ist durch die USA und China leergekauft, das hat schon weit vor dem Krieg in der Ukraine angefangen“, ordnet der 55-Jährige ein. Nahezu jedes Material sei deutlich teurer geworden, Lieferzeiten hätten sich enorm verlängert, Angebote für seine Kunden könne er nur noch etwa zehn Tage vorhalten, weil sich die Preise am Markt heute so schnell änderten, sagt der studierte Holzfachmann. Zeitweise musste er Dachlatten, die sonst 50 Cent pro Meter gekostet haben, für bis zu 1,50 Euro pro Meter an seine Kunden weitergeben.

Im Gründungsjahr 1872 kamen die Holzstämme, die die Firma Jägers verarbeitete, noch aus der unmittelbaren Umgebung Mülheims – etwa aus den Wäldern des Grafen Spee. Heute sind es vor allem importierte Materialien, die an der Kölner Straße verwendet und vertrieben werden.
Im Gründungsjahr 1872 kamen die Holzstämme, die die Firma Jägers verarbeitete, noch aus der unmittelbaren Umgebung Mülheims – etwa aus den Wäldern des Grafen Spee. Heute sind es vor allem importierte Materialien, die an der Kölner Straße verwendet und vertrieben werden. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Aktuell zeigten sich zudem Folgen der kriegerischen Auseinandersetzung: „Sibirische Lärche, die oft für Terrassen und Fassaden verwendet wird, ist auf unabsehbare Zeit nicht lieferbar. Wir hatten noch was bestellt, aber das liegt jetzt in Russland fest“, schildert Jörg Sanders. Auch Holz aus Weißrussland falle derzeit aus. Teils seien die Holz-Preise um bis zu 50 Prozent gestiegen, hat Jörg Sanders in den zurückliegenden Wochen und Monaten beobachtet. Und er ist sicher: „Das wird sich noch verschärfen.“ Mit einem Beispiel verdeutlicht Sanders, welche Effekte durch das knappe und daher teure Material entstehen: „Ein Dachstuhl kostet heute dadurch doppelt so viel.“

Die Enkel von Hermann Sanders haben andere berufliche Pläne

Die Stimmung in der Kundschaft, auch das hat Sanders in letzter Zeit registriert, habe sich gedreht: „Da meckert keiner mehr, alle sind froh, wenn sie noch Material bekommen.“ Die angespannte Marktsituation sei auch ein Grund dafür, warum es keine große Feier für die Angestellten und auch keine Rabatte für die Kundinnen und Kunden geben wird, zeigt sich Sanders bedrückt. „Früher hat es immer Jubiläumsangebote gegeben“, blickt der Senior zurück.

Die Brüder Klaus und Jörg sind im mittlerweile weit über 100 Jahre alten Stammhaus der Familie an der Kölner Straße 212 groß geworden. „Ein echter Abenteuerspielplatz“, erinnert sich der 55-jährige Jörg Sanders. Auch seine Söhne kennen das Areal von klein auf. Dass sie aber eines Tages die Plätze an den Schreibtischen im Blockhaus-Büro übernehmen werden, hält ihr Vater für ausgeschlossen: „Der eine wird Lehrer, der andere Groß- und Außenhandelskaufmann.“ Andere Perspektiven, als sie der Betrieb an der Kölner Straße böte, sagt der Vater. Die sechste Generation also wird es wohl nicht mehr geben im Familienunternehmen Holz Jägers.