Mülheim. Sivan Ben Yishai erhält den Mülheimer Dramatikpreis. Ausgezeichnet wird die Autorin für ihr Stück „Wounds Are Forever“. Die Gründe der Jury.

Für ihr Stück „Wounds Are Forever (Selbstportrait als Nationaldichterin)“ wird Sivan Ben Yishai mit dem Mülheimer Dramatikpreis 2022 ausgezeichnet. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert. Der Publikumspreis der „Stücke 2022“ geht an Akın Emanuel Şipal für „Mutter Vater Land“.

Das Stück sei „das kühnste“, „ein Parforceritt einer modernen Schamanin durch die letzten 100 Jahre“, begründete die Jury am späten Donnerstagabend ihre Entscheidung. Beeindruckend sei, wie die Autorin sich in das Stück eingeschrieben habe.

Verstrickungen und Verbrechen der deutsch-israelisch-palästinensischen Geschichte

Sie schaffe eine „Verbindung jüdischer Selbstermächtigung und feministischer Vergeltung“. Die Autorin verknüpfe Aktivismus und Kunst und finde damit eine neue Form. Gezeigt wurde bei den 47. Mülheimer Theatertagen die Uraufführung des Nationaltheaters Mannheim in der Regie von Marie Bues.

Sivan Ben Yishai erhält den  Mülheimer Dramatikpreis. Ausgezeichnet wird die Autorin für ihr Stück „Wounds Are Forever“.
Sivan Ben Yishai erhält den Mülheimer Dramatikpreis. Ausgezeichnet wird die Autorin für ihr Stück „Wounds Are Forever“. © Max Zerrahn

Der Jury gehörten dieses Jahr die Schauspielerin Leila Abdullah, der Regisseur Robert Borgmann, die Kulturjournalistin Dorte Lena Eilers, Wolfgang Kralicek als Vertreter des Auswahlgremiums und die Dramaturgin Felicitas Zürcher an. Sie votierten nach zweistündiger Debatte mit vier von fünf Stimmen für das Stück. Dorte Lena Eilers gab ihre Stimme „Monte Rosa“ von Teresa Dopler.

Das mit dem Mülheimer Dramatikpreis geehrte Stück ist eine Spurensuche

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„Wounds Are Forever (Selbstportrait als Nationaldichterin)“ nimmt das Publikum mit durch die Abgründe, Verstrickungen und Verbrechen der deutsch-israelisch-palästinensischen Geschichte. Die Figur der Autorin verwandelt sich ständig: in eine Holocaustüberlebende, in eine sowjetische Partisanin, in eine Asylsuchende unter Wasser, in eine überzeugte Zionistin. Das Stück ist Spurensuche und Selbstbefragung zugleich; das Offenlegen individueller Wunden macht dabei die kollektiven Wunden sichtbar.

Die Dramatikerin, Regisseurin und Performerin Sivan Ben Yishai war das zweite Mal zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Ben Yishai lebt in Berlin und arbeitet eng mit der Autorin und Übersetzerin Maren Kames zusammen.

Publikumspreis der Mülheimer Theatertage geht an Akın Emanuel Şipal

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Der Publikumspreis der „Stücke 2022“ geht an Akın Emanuel Şipal für „Mutter Vater Land“, uraufgeführt vom Theater Bremen in der Regie von Frank Abt.

Erstmals wurde dieses Jahr auch der Gordana-Kosanović-SchauspielerInnenpreis des Fördervereins des Theater an der Ruhr im Rahmen der Mülheimer Theatertage vergeben. Er geht an Julia Wieninger für ihre Leistung in Elfriede Jelineks „Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!“. Der Gordana-Kosanović-SchauspielerInnenpreis zeichnet eine Schauspielerin oder einen Schauspieler der gastierenden Ensembles aus, die durch besondere darstellerische Leistungen ins Auge fallen.

Der Jury der 47. Mülheimer Theatertage gehörten dieses Jahr die Schauspielerin Leila Abdullah, der Regisseur Robert Borgmann, die Kulturjournalistin Dorte Lena Eilers, Wolfgang Kralicek als Vertreter des Auswahlgremiums und die Dramaturgin Felicitas Zürcher an.
Der Jury der 47. Mülheimer Theatertage gehörten dieses Jahr die Schauspielerin Leila Abdullah, der Regisseur Robert Borgmann, die Kulturjournalistin Dorte Lena Eilers, Wolfgang Kralicek als Vertreter des Auswahlgremiums und die Dramaturgin Felicitas Zürcher an. © Daniela Motzkus

Preisträgerinnen und Preisträger werden bei nächsten Mülheimer Theatertage geehrt

Damit enden die 47. Mülheimer Theatertage. Sivan Ben Yishai, Akın Emanuel Şipal, Julia Wieninger und Milan Gather, der den Mülheimer KinderStückePreis 2022 gewann, werden bei der Eröffnung der 48. Mülheimer Theatertage am 13. Mai 2023 geehrt.

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Nominiert für den Mülheimer Dramatikpreis waren diesmal sechs Autorinnen und nur ein Autor – und damit so viele Frauen wie nie zuvor. Unter den Nominierten fanden sich zudem drei Mülheim-Debütantinnen. Der Altersdurchschnitt der Wettbewerbsteilnehmer liegt bei 43 Jahren.

Die Auswahlgremien für die 47. Mülheimer Theatertage hatten es mit einer Rekordzahl an Uraufführungen zu tun. 170 Stücke für Erwachsene gab es zu sichten – fast 40 mehr als in den meisten anderen Jahren. Außerdem standen 35 Kinder-Stücke für die Nominierung zum Wettbewerb zur Wahl. (kab)