Mülheim. Das Centrum für Bürgerliches Engagement (CBE) koordiniert die Hilfe für die Ukraine-Flüchtlinge in Mülheim. Warum vieles anders ist als 2015.
Die Bereitschaft zum Helfen ist groß in der Mülheimer Bevölkerung. Das Centrum für Bürgerliches Engagement (CBE) hat bereits über 400 Bürgerinnen und Bürger auf seiner Liste, die die Geflüchteten aus der Ukraine unterstützen wollen. Damit das auch – für beide Seiten – fruchtbar wird, koordiniert das CBE die ehrenamtliche Hilfe in der Stadt. Nach den Bedürfnissen der geflüchteten Menschen. Was für Ehrenamtler oft bedeutet, dass sie auf ihren Einsatz noch etwas warten müssen.
1279 Menschen aus der Ukraine waren Mitte vergangener Woche (4. Mai) in Mülheim angekommen, darunter 452 Minderjährige. Die Zahl dürfte allerdings höher liegen, denn der Stadtverwaltung sind ja nur jene Menschen bekannt, die sich bereits bei den Behörden gemeldet haben. Das CBE ist bei den Sitzungen des Ukraine-Krisenstabs stets mit dabei. „Wir wissen also, was die Zivilgesellschaft gerade braucht“, sagt Michael Schüring, CBE-Geschäftsführer. Die CBE-Mitarbeiterinnen Gilberte Driessen und Anna Maria Allegrezza koordinieren die Ukrainehilfe in Mülheim, Alina Kauert kümmert sich zudem um die Sprachvermittlung.
Mülheimer Bürgerinnen und Bürger zeigen große Hilfsbereitschaft
Das CBE berät und informiert grundsätzlich alle Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, egal wofür. Zur Unterstützung der geflohenen Ukrainer musste das CBE gar nicht extra aufrufen. „Die Leute haben sich einfach gemeldet“, so Schüring. Registrieren lassen kann man sich auch weiterhin unter https://www.cbe-mh.de/ukraine-hilfe.
Die Situation der Flüchtlinge ist auch für die Profis vom CBE heute ganz anders als noch 2015/16. Nicht nur, weil sehr viele Menschen auf einmal nach Mülheim kommen. Die Menschen kommen unter anderen Voraussetzungen, mit ihren Kindern, mit ganz anderen Flüchtlingsbiografien. Auch ihr Status sei ein anderer. So könnten Ukrainer drei Monate visumfrei bleiben. Sie dürfen arbeiten, bekommen Sozialleistungen. Der Zugang zu Integrationskursen sei sofort möglich, zählt Schüring auf. Für Kinder ab sechs Jahren gilt die Schulpflicht.
Die Bindung zur Heimat Ukraine sei bei den meisten eng, so Michael Schüring: „Wir wissen nicht, wie viele Menschen wie lange bei uns bleiben.“ Doch jetzt sind die Menschen auch für die Stadtverwaltung erst einmal ein große Herausforderung: Sozialamt, Ausländerbehörde, Kitas – „die Ämter werden mit Anträgen bombardiert, das ist ein Riesenaufwand.“ Auch nicht alle Bedürfnisse würden umgehend gedeckt werden können.
Ukrainer bringen ein hohes Bildungsniveau mit nach Mülheim
Die „europäische Prägung“ mache es Ukrainern jedoch vielfach leichter. Sie brächten ein hohes Bildungsniveau mit und seien höchst interessiert an allem, was sie weiterbringe: „Sprachkurse, Fortbildung und Infoveranstaltungen sind sehr gefragt. Das erste, was wir machen, ist, den Menschen zuzuhören“, so Schüring. Man wolle die Geflüchteten erst einmal ankommen lassen. Das sei der Fall, wenn man eine Wohnung habe, das Kind betreut oder in der Schule sei, der Alltag geregelt ist. Die konkreten Angebote sollen nicht an den Bedürfnissen der Menschen vorbeigehen. „Erst wenn wir die Bedarfe haben, vermitteln wir auch Ehrenamtliche“, so Schüring. Entscheidend sei, das passende Angebot zu machen – in Kooperation mit anderen Akteuren in der Stadt.
Angebote von Caritas, Diakoniewerk, Awo oder Vereinen wie Rolli Rockers Sprösslinge wurden den Geflüchteten schon vermittelt. Das CBE ist dabei, nach und nach Anlaufstellen dezentral in den Stadtteilen zu schaffen, auch für die Ehrenamtlichen. Es gibt die Idee, eine Liste mit Angeboten zu erstellen, auf die Geflüchtete und Ehrenamtliche zugreifen können: ob Sport, Freizeit, Sprache, ob Behördengänge, Kinderbetreuung, Alltagsbegleitung, Stadtteilspaziergänge und mehr.
Geflüchtete werden in Mülheim auch schon selbst aktiv
Auch interessant
„Die Ukrainer“, so die Erfahrung des CBE, „wollen sich selbst orientieren.“ Michael Schüring: „Geflüchtete fragen auch schon nach, wo sie selbst aktiv werden können.“ Ein ukrainische Yogalehrerin biete bereits Kurse für ukrainische Frauen an; ein ukrainischer Pfarrer gestalte eine sonntägliche Messe für orthodoxe Christen in Speldorf. Anna Maria Allegrezza: „Wir suchen immer Räume, wo wir etwas anbieten und das dann ehrenamtlich begleiten können.“ Ein gemeinsames Backen zu Ostern habe mit fast 40 Personen beim Mülheimer Verein Kanu- und Skifreunde stattgefunden. Michael Schüring betont, dass solche Angebote nicht ausschließlich für Menschen aus der Ukraine gedacht sind: „Wir wollen, dass diese Angebote für alle Geflüchteten offen sind.“
Wie unterschiedlich die Bedürfnisse sein können, erklärt Gilberte Driessen an einem Beispiel: So sind etwa neun junge Gaststudenten aus Kiew in Mülheim gelandet, die ursprünglich aus einem afrikanischen Land zum Studieren in die Ukraine gekommen waren. Das CBE hat für sie schon Kontakt zur HRW aufgenommen.
Neues CBE-Angebot zur Übersetzung
Ab Dienstag, 10. Mai, gibt es jede Woche dienstags das neue Übersetzungs-Angebot beim Centrum für Bürgerliches Engagement (CBE) in der Stadtmitte, Wallstraße 7. „Wohnungsgeber“ zum Beispiel, die Ukrainer aufgenommen haben, können sich dort von 12 bis 14 Uhr bei Übersetzungen helfen lassen.
Rund 20 Ehrenamtliche aus den Reihen des CBE sprechen ukrainisch und helfen abwechselnd am Dienstag gern bei der Verständigung. Das CBE versteht das neue Angebot als offene Anlaufstelle.
Diese regelmäßige Sprechstunde ist auch für alle Ukrainer offen, die Fragen haben, Hilfe bei der Übersetzung benötigen und allgemeine Informationen in ihrer eigenen Sprache bekommen möchten.