Mülheim. Die Mülheimer Kultstätte wurde versteigert. Der neue Chef baut die Immobilie um; bald steigen dort wieder Partys. Wie es jetzt vor Ort aussieht.

Die ehemalige Mülheimer Kult-Kneipe „Altes Schifferhaus“ erwacht aus dem Dornröschenschlaf: Ein 33-jähriger Mülheimer hat die Immobilien an der Löhstraße vor knapp einem Jahr für 225.000 Euro ersteigert und setzt seither alles dran, sie in „einen hippen Szene-Ort“ zu verwandeln. Mit Familie, Freunden und Künstlern baut er das geschichtsträchtige Haus um. Und so kann dort schon in einigen Wochen wieder gefeiert werden.

Der Gewölbekeller, der Anbau zur rechten des Haupthauses und der Innenhof unterhalb der Bahngleise können künftig für private Veranstaltungen mit bis zu 150 Gästen gebucht werden: Für Geburtstagspartys, für Hochzeiten und andere geschlossene Gesellschaften. Ins Schifferhaus, das lange Jahre ein besonderer Ort für Musikliebhaber war und zuletzt das kaukasische Restaurant Lezginka beherbergte, soll wieder Leben einziehen. Der neue Eigentümer, ein Künstler und Breakdancer, will sich namentlich erst zu erkennen geben, wenn alles fertig ist. Er will einen Treffpunkt schaffen, wie es ihn in der Stadt kein zweites Mal gibt.

Schon die Comic-Fliesen am Eingang der Mülheimer Institution machen Lust auf mehr

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Eine Ahnung davon, dass es dort künftig farbenfroh, fröhlich und fantasievoll zugehen wird, bekommt der Besucher schon am Eingang: Bunte Fliesen mit Comic-Motiven machen Lust auf mehr. Auch in den Räumen selbst gibt es erste Hingucker: Opulente Spiegel lehnen an der Wand und sollen bald aufgehängt werden, ein Toilettenraum ist knallrot gefliest, der andere schwarz. Leuchtstreifen und ein Mini-Kronleuchter weisen den Weg zum legendären Keller.

Opulente Spiegel lehnen an der Wand des Alten Schifferhauses, sollen bald wieder aufgehängt werden. Ein Toilettenraum ist knallrot gefliest, der andere schwarz.
Opulente Spiegel lehnen an der Wand des Alten Schifferhauses, sollen bald wieder aufgehängt werden. Ein Toilettenraum ist knallrot gefliest, der andere schwarz. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Noch sind die Arbeiten nicht abgeschlossen, letzte Handgriffe zu erledigen. Mächtiges Mauerwerk wurde freigelegt, eine Theke entsteht gerade. Anstoßen, Tanzen, Chillen: Im Kopf des neuen Chefs ist das schon alles möglich. „Hier kommt ein Stehtisch hin, dort drüben vier Lounge-Sitzecken. . .“ Ein denkbarer Name für die neue Location? „Underground“.

Der neue Besitzer verspricht: „Das hier wird kein Standard“

Kontakte in die Gastroszene und zu professionellen Künstlern

Schon in wenigen Wochen kann man die Veranstaltungsräume im Schifferhaus mieten. „Über Mund-zu-Mund-Propaganda“ macht der neue Besitzer sein Angebot aktuell publik. „Und die Leute interessieren sich jetzt schon. Mülheim ist ja klein, da spricht sich so was schnell herum“, glaubt er.

Er kenne viele Mülheimer aus der Gastroszene und viele professionelle Künstler und Künstlerinnen. Mit ihnen will er zusammenarbeiten: Wer seine Räume mietet, kann bei ihm auch Vorschläge fürs Catering bekommen, für DJs, Bauchtänzerinnen. . .

Einen Architekten braucht er für sein Projekt nicht, „ich bin Künstler – und Künstler haben Ideen, was passt und was nicht“. Zeugnisse von seiner, aber auch anderer Leuts Kreativität, soll es in seinem Haus bald überall geben: Länger schon sammelt er Kunstwerke und ungewöhnliche Möbel, streift durch hippe Läden, um Schätzchen aller Art zu finden. „Ich habe schon einiges gebunkert.“ Außerdem werde er Künstlern die Möglichkeit bieten, ihre Werke an den Wänden zu präsentieren. „Ganz klar: Das hier wird kein Standard. Das Objekt ist schließlich auch alles andere als Standard.“

Gefeiert werden kann auch unter freiem Himmel: Im Innenhof, den Steinmauern und das Tor zur Straße begrenzen. Dort soll es „viele gemütliche Ecken“ geben, „ausreichend Platz in Sonne und Schatten“. An die Mauern kommen noch Blumenkörbe, die Bar wurde schon überarbeitet und unter anderem mit LED-Leuchten versehen, die an Sternchen erinnern. „Das sieht nachts super aus“, findet der 33-Jährige. Dass es im Innenhof zu laut werden könnte, müsse in der Nachbarschaft keiner fürchten. „Um 22 Uhr ist die Musik draußen aus“, verspricht der Mülheimer. „Ich möchte hier mit allen klarkommen.“

Auch drei Wohnungen entstehen in dem Objekt: Chef will selbst einziehen

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Zu seinem Projekt gehört auch die Errichtung dreier Wohnungen: Die Stadt hat ihm dafür jüngst die Baugenehmigung erteilt. Der Schankraum des Lokals Lezginka, das bis 2016 dort untergebracht war, bleibt erhalten, wird in ein offenes Wohnzimmer samt Küche, Esszimmer und Garderobe umgewandelt. Der Chef selbst wird in diesem Loft leben, „weil’s wunderschön hier ist“. Ihn störe nicht, wenn im 110 Quadratmeter großen Gewölbekeller unterhalb seiner Wohnung immer wieder Party gemacht werde. Und den Innenhof will er selbst nutzen, wenn gerade keine Veranstaltung ansteht.

Was beim Rundgang durchs Schifferhaus zu allererst auffiel, waren die Fliesen mit Comic-Motiven, die jüngst am Eingang angebracht worden sind.
Was beim Rundgang durchs Schifferhaus zu allererst auffiel, waren die Fliesen mit Comic-Motiven, die jüngst am Eingang angebracht worden sind. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Nebenan, im schwarz geschieferten Gebäudeteil unweit der Unterführung, entstehen in den kommenden Monaten noch zwei Mietwohnungen, eine mit rund 60 Quadratmetern, die andere mit rund 90 Quadratmetern. „Ich bin voller Inspirationen“, sagt der künftige Vermieter, „ich brauche für die Umsetzung aber ein bisschen Zeit.“ Nach und nach, so ist er überzeugt, werde an der Löhstraße „ein wirklich cooler Ort“ heranwachsen.