Beim Jazz ist Mülheim heute noch tonangebend. Den Takt gab der Trompeter Helmut Schlitt vor, als er 1953 die „Woodhouse Stompers“ gründete, eine der ältesten deutschen Jazzbands, deren Nachfahren als „Woodhouse“ noch immer touren. Zu den damals neuen Klängen tanzte Mülheims Jugend im Handelshof, später in der Stadthalle.
Jazz, als „Negermusik“ von den Nazis verboten, kam in den Wirtschaftswunderjahren richtig in Auf-Schwung, wurde danach von neuen Richtungen, Elvis und den Beatles, ausgebremst und nahm in den 70ern wieder Fahrt auf. Mit Jazz-Konzerten in der „Alten Lampe“ an der Aktienstraße, dann in der „Müller-Flora“ am Ruhrufer, und schließlich schaffte es der „Swing in den Mai“ im Rhein-Ruhr-Zentrum zu einem international bekannten Festival der Jazzmusik und prägte die gesamte westdeutsche Szene.
Als die Lichter in der „Alten Lampe“ und bei „Müller-Flora“ ausgingen, waren es junge Musiker, die auf der Suche nach Spielmöglichkeiten Mülheims ersten Jazzkeller aus den 60ern, den Kohlenkeller des Schifferhauses, sogar wieder als feste Adresse dingfest machten: Den Mülheimer Jazzclub haben Manfred Mons (Ruhr-River Jazzband) und Helmut Schmidt (Basement Jazz) ins Leben gerufen. „Der Wirt hat uns angerufen und gefragt, ob wir Jazz machen wollen“, erinnert sich Manfred Mons. Er sagte unter der Bedingung zu: „Aber nur, wenn wir einen richtigen Club bekommen.“
Sofort nach dem Telefonat ist er mit Helmut Schmidt zum Schifferhaus gefahren, und „da haben wir das gleich klargemacht“. Für die Ruhr-River-Musiker war es Ehrensache, die Eröffnung des Jazzclubs am 9. Juni 1989 mit einem Konzert zu bestreiten. 25 Jahre und gefühlte tausende Veranstaltungen später, spielt immer noch jeden Freitagabend die Musik im Jazzclub, der 1994 dann in den Hopfensack an die Kalkstraße umgezogen ist.
Dass Mülheim eine Jazz-Bastion ist, hatte sich schnell herumposaunt: Internationale Größen aus der ganzen Welt sind in den 25 Jahren in der Stadt an der Ruhr aufgetreten: darunter Benny Waters (USA), Rod Maison (GB), Axel Zwingenberger oder die legendäre Dutch Swing College Band aus den Niederlanden, die Partner bei den Konzerten für Schulen in der Stadthalle ist. Mit der Großveranstaltung und weiteren Förderprojekten wird versucht, den Rhythmus in die junge Szene weiterzutragen und dort zu verankern. Die Jugendarbeit treibt zarte Blüten: „Es kommen schon mal junge Leute von Schulen, die in Big Bands spielen“, sagt Mons. Und so hofft die Handvoll der Aktiven des Jazzclubs, alle über 70, „irgendwann, wenn wir das nicht mehr können“, dass die lange Jazz-Tradition in Mülheim von Jüngeren beherzt und beswingt weitergespielt wird.