Mülheim. Auch in Apotheken soll alsbald gegen Covid-19 geimpft werden. Doch in Mülheim sagt schon mancher Pharmazeut ganz klar: „Wir machen da nicht mit.“

Schon Ende Januar könnten in NRW bis zu 4000 Apotheker und Apothekerinnen für Covid 19-Schutzimpfungen bereitstehen. Dies verkündete jüngst die Apothekerkammer Nordrhein, die entsprechende Schulungen anbietet. In Mülheim aber ist die Zurückhaltung groß beim Thema Impfen in Apotheken.

Patrick Marx, der in der Stadt drei Apotheken besitzt, sagt sogar deutlich: „Wir werden nicht mitmachen.“ Es gebe schon jetzt ausreichend Impfstellen in der Stadt und die Zahl der Impfwilligen sei seit Wochen rückläufig. „Es besteht kein Bedarf an zusätzlichen Stellen.“

Zehn Mitarbeiter von Marx dürften die Spritzen grundsätzlich setzen. Sie mussten dafür auch nicht extra an den Schulungen der Kammer teilnehmen, sondern waren schon früher entsprechend ausgebildet worden: für die Grippeschutzimpfung. Diese Kenntnis genügt fürs Corona-Impfen, sagt die Kammer, zumindest für die Versorgung von Volljährigen. Und es ist ein Kapital, das Marx in der Hinterhand hat – falls sich die Bedingungen doch noch drastisch ändern, zum Beispiel eine Impfpflicht eingeführt wird. Damit sein Team dann direkt bereitstünde, bereite man sich schon vor, sagt er. Zunächst aber überlasse man den Job gern den Ärzten; „das ist ihre ureigenste Aufgabe und sie machen das wunderbar“.

„Es geht nicht nur ums reine Impfen, sondern zum Teil auch um massive Aufklärung“

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Der leitende Mülheimer Impfarzt, Dr. Stephan von Lackum, hält schon von der grundsätzlichen Idee, dass auch Apotheker impfen dürfen, nicht viel: „Wir Mediziner mixen ja auch keine Medikamente zusammen. Und es geht ja nicht nur ums reine Impfen, sondern zum Teil auch um massive Aufklärung. Zum Beispiel beim Thema Vorerkrankungen.“ Gefragt seien da „ärztliche Expertise, Verantwortung und Vorkenntnisse“. Er habe im Übrigen mit mehreren Apothekern gesprochen, kenne aber keinen, der tätig werden will. „Alle, die darüber mal nachgedacht haben, haben einen Rückzieher gemacht.“

Die abnehmenden Impfzahlen sprechen laut von Lackum auch gegen die Ausweitung. Der Impfstoff kommt in Mehrfachgebinden; es müssten sich also auf einen Schlag mehrere Impfwillige in der jeweiligen Apotheke einfinden – „wenn nur zwei kommen, werfen sie alle anderen Dosen weg“. Er sehe die „Gefahr, dass Ressourcen verschwendet werden“ und sei schon von daher dagegen, Impfstellen „wie Kioske an jeder Ecke“ zu eröffnen.

Apothekerin Janka Liekfeld glaubt, dass das Angebot durchaus angenommen wird

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In der Hirsch-Apotheke an der Leineweberstraße denkt man trotzdem ernsthaft darüber nach, mitzumachen. „Wahrscheinlich ab Anfang Februar“, so Apothekerin Janka Liekfeld. „Wir haben die Berechtigung schon, ich will aber noch ein Seminar besuchen.“ Und es gelte noch einige Detailfragen zu klären. Liekfeld glaubt, dass das Angebot durchaus angenommen wird: „Es ist niederschwellig; man kann mal eben zur Apotheke zum Impfen gehen und braucht nicht extra einen Termin beim Arzt.“ Sie habe auch schon vereinzelt Nachfragen von Kunden gehabt.

Denkbar sei ein Angebot „im kleinen Maßstab“, vielleicht an einem oder zwei Nachmittagen pro Woche. So kämen genug Leute zusammen, damit nichts vergeudet wird. Fraglich sei aber, ob es überhaupt ausreichend Impfstoff geben wird: „Wir wollen den Ärzten ja nichts wegnehmen.“

„Im wahren Leben ist nicht alles so einfach, wie es seitens der Politik dargestellt wird“

Drei Voraussetzungen sind nötig, um impfen zu dürfen

Die Impf-Schulungen der Apothekerkammer Nordrhein, die jeder besuchen muss, der nicht schon für die Grippeschutz-Impfung zugelassen worden ist, sind kostenfrei. Die Nachfrage sei gut, sagt Jens A. Krömer, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. „Wir sind ausgebucht.“ Auch „elf Apotheker mit Bezug zu Mülheim“ hätten sich angemeldet.

Ein Apotheker habe bereits die Bescheinigung beantragt, die nötig ist, um die Impfungen tatsächlich durchführen zu dürfen. Erteilt wird diese nach Besuch der Schulung und wenn der entsprechende Apotheker nachweisen kann, dass er geeignete Räume für die Impfung hat und über eine Betriebshaftpflichtversicherung verfügt – „für den hoffentlich nie eintretenden Fall eventueller Impfschäden“.

Auch Tierärzte dürfen theoretisch gegen Covid-19 impfen. Voraussetzung ist ebenfalls die Teilnahme an einer Schulung. Unklar blieb am Freitag aber, wie sich die Mülheimer Veterinäre zum Thema verhalten.

Grundsätzlich bereit zum Impfen wären auch Jessica Küpper-Schmid, Inhaberin der Apotheke auf der Saarner Kuppe, und ihr Bruder Peter Küpper. Der Apotheker hält allerdings auch noch wesentliche Fragen für ungeklärt. „Prinzipiell möglich wäre das Impfen schon, aber im wahren Leben ist dann doch nicht alles so einfach, wie es seitens der Politik gern dargestellt wird.“ Die Versorgungslage könne zum Problem werden, „vor allem weil viele Menschen unbedingt Biontech haben wollen“. Und auch in Sachen „Abrechnung, Versicherung und Co.“ sei noch manches unklar. Es steht also noch in den Sternen, ob, wann und wie Familie Küpper beim Impfen mitmischt.

Patrick Marx hofft derweil, dass sich noch viele Ungeimpfte für den Pieks entscheiden – egal wo: „Die Dreifach-Impfung schützt gegen Omikron. Wenn alle dreimal geimpft wären, könnten die meisten Menschen frei sein. Und Corona wäre für sie nicht mehr als ein Schnupfen. . .“