Mülheim. Um Corona in den Griff zu bekommen, sollen bald auch Apotheker, Zahn- und Tierärzte impfen dürfen. In Mülheim gibt’s nicht nur Anhänger der Idee.
Um den Kampf gegen Corona voranzutreiben, hat der Bundestag entschieden, dass auch Tierärzte, Zahnärzte und Apotheker impfen dürfen. Stimmt der Bundesrat dem erneut geänderten Infektionsschutzgesetz am Samstag zu, könnte es auch vor Ort bald losgehen: Auch in Mülheim sollen so viele Kräfte wie möglich beim Impfen gegen Corona mit anpacken, lautet der Wunsch. Das sei auch deshalb nötig, weil bald alle Beschäftigten von Pflegeheime, Arztpraxen und Kliniken geimpft oder genesen sein müssen. In Mülheims Praxen und Apotheken findet das Vorhaben aber nicht nur Anhänger.
Das sagt die Apothekenkammer Nord Rhein
„1000 Apotheken sind im Kammerbezirk Nordrhein bereits zum Impfen geschult worden“, sagt der Sprecher der Apothekerkammer Nordrhein, Jens A. Krömer. Sie könnten Grippeschutzimpfungen selbst durchführen, und seien daher theoretisch auch bereit, zur Corona-Spritze zu greifen. Die Schulung berechtige die Angehörigen dieser medizinischen Berufe, alle Volljährigen gegen Corona zu impfen, betont auch der Apothekerverband Nordrhein.
Das sagt Apotheker Peter Küpper
„Wir kriegen das im Leben nicht hin“, hält aber zum Beispiel Apotheker Peter Küpper von der Apotheke auf der Saarner Kuppe dagegen. Er hat Bedenken, neben dem aktuellen Praxisbetrieb auch das Impfen noch gestemmt zu bekommen. Es sei schwierig zeitlich umzusetzen, da man nur außerhalb der Arbeitszeit zur Spritze greifen könne, so Küpper. Und auch logistisch gebe es noch Fragezeichen: zum Beispiel zu den Impfzertifikaten und zur Aufklärung der Patienten. Für den Mülheimer Apotheker ist die Idee „prinzipiell nicht schlecht“ – doch „für kleine und mittelgroße Apotheken ist das Vorhaben nahezu unmöglich“.
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Das sagt Apothekerin Meike Selke
In der Bären-Apotheke fragen erste Kunden schon nach Impfmöglichkeiten. Der Vorschlag ist gut, sagt auch Inhaberin Meike Selke, doch auch sie äußert Bedenken: Es sei personell schwierig umzusetzen, in den Apotheken gebe es immer viel zu tun. Das Impfpersonal müsse gut vorbereitet sein und ausreichend Räumlichkeiten müssten zur Verfügung stehen. Selke macht sich aber schon mal auf den Weg und nimmt in der kommenden Woche an einem ersten Info-Seminar teil. Sie sei zwar geschult zum Grippeschutz-Impfen, „aber eigentlich war das zeitlich nie umsetzbar“, so die Apothekerin.
Das sagt Tierärztin Martina Merkt
Martina Merkt, die eine Kleintierpraxis am Schultenberg betreibt, ist uneingeschränkt bereit zu impfen. Sie würde ihre Freizeit dafür opfern, sagt sie, egal ob vor oder nach der Arbeit und ganz egal, ob es am Wochenende ist. Merkt blickt auf die Pandemie aus „rein medizinischer Sicht“, ihrem Gebiet entsprechend. „Nur das Impfen hilft uns aus der Pandemie zu kommen“, betont sie.
Das sagt die Zahnärztekammer Nordrhein
„Jeder Mann und Maus, der impfen kann, soll jetzt gefälligst impfen. Sonst kriegen wir diese Krise nicht in den Griff“, hatte Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, jüngst gesagt. Die Zahnärztekammer Nordrhein unterstützt diese Aussage, sie hat jedoch noch mit unklaren Bedingungen zu kämpfen. „Es muss eine intensive Schulung stattfinden“, fordert Susanne Prapotny, Ressortleiterin der Pressearbeit. Zahnärzte dürften schließlich bisher „nur im Mund arbeiten“, schildert sie das Problem. Prapotny hat eine klare Position zur Notlage: „Wir müssen das Ganze beschleunigen, damit wir es in den Griff bekommen.“
Das sagt ein Mülheimer Zahnarzt
Ein Mülheimer Zahnarzt, der anonym bleiben will, bleibt skeptisch. Erst einmal müssten alle offenen Fragen geklärt werden, findet er, „vor allem, was die Haftpflicht angeht“. Wenn Zahnärzte zukünftig auch dabei unterstützen solle, die Zahl der Geimpften hochzutreiben, dann werde er wohl nur bei eigenen Patienten aktiv. Unklar sei, wie groß die Nachfrage überhaupt ist: „Leute, die zum Impfen woanders nicht hingehen, würden auch nicht zum Zahnarzt kommen“, glaubt der Dentist.
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Das sagt Zahnarzt Marc Michael Sabbagh
Wenn Hilfe benötigt wird, sei das Impfen durch ihn als Zahnarzt selbstverständlich, sagt Marc Michael Sabbagh. Für entsprechende Schulung und Software müsse aber gesorgt sein. „Mal eben mit einer Box Impfstoff geht das nicht“, so Sabbagh. Solange das Impfen seiner Praxis an der Luxemburger Allee nicht schade, seien das Team und er „die Letzten, die Nein sagen“. Der Saarner Zahnarzt erklärt sich bereit, „zwei bis drei Tage in der Woche“ zur Spritze zu greifen, gegebenenfalls auch in einem Impfzentrum.