Mülheim. Mit einem Drei-Punkte-Plan wollen Mülheims und Düsseldorfs OB die deutschen Vallourec-Standorte retten. Was politisch auf den Weg gebracht ist.

Mülheims Oberbürgermeister Marc Buchholz und sein Düsseldorfer Amtskollege Dr. Stephan Keller (beide CDU) haben mit der Geschäftsleitung und den Betriebsräten von Vallourec sowie der IG Metall ein Drei-Punkte-Programm zur Erhaltung der beiden Standorte erarbeitet. Die genannten Parteien äußerten sich zudem am Dienstag im Wirtschaftsausschuss, der eine Industriekonferenz beschloss und den Beschäftigten eine allumfassende Unterstützung zusicherte.

Vereinbart haben die beiden Stadtoberhäupter regelmäßige Treffen mit den Betriebsräten und Gewerkschaftsvertretern – ergänzt durch Vertreter der Landesregierung oder weiterer Institutionen wie der IHK. „Wir wollen nicht nur die Geschäftsleitung in die Pflicht nehmen, sondern auch die Landes- und Bundesregierung zu Lösungspartnern machen, denn letztlich hängen von Vallourec auch weitere Arbeitsplätze bei Zulieferern in ganz Nordrhein-Westfalen ab“, sagt Stephan Keller.

Mülheimer und Düsseldorfer OB wollen Geschäftsleitung an ihr Versprechen erinnern

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An das Versprechen eines transparenten Prozesses wollen die Politiker die Geschäftsleitung des Stahlrohrproduzenten bei Bedarf erinnern.

Am wichtigsten findet Marc Buchholz den dritten Punkt, der den Blick über Mülheim und Düsseldorf hinaus weitet. „Ähnlich wie beim Fünf-Standorte-Programm für die Kohle-Regionen sollten auch Standorte mit energieintensiven Betrieben bei der Umstellung etwa auf Wasserstoff von Hilfen profitieren können. Einen Technologieverlust aufgrund der Energiewende darf es nicht geben“, fordert Mülheims OB.

Arbeitsdirektor Schaaff von politischem Austausch positiv überrascht

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Vallourec-Arbeitsdirektor Prof. Dr. Herbert Schaaff äußerte sich am Dienstag im Wirtschaftsausschuss positiv überrascht über den intensiven politischen Austausch. Auch IG-Metall-Sekretär Dirk Horstkamp fand es wichtig, „dass sich die Politik hier vor Ort zur Schlüsselindustrie bekennt“. Beide durften sich – ebenso wie Mülheims Betriebsratschef Andreas Peters – auf Initiative von Schwarz-Grün im Ausschuss zur aktuellen Situation äußern.

Schaaff wehrte sich noch einmal gegen den Vorwurf des Managementversagens. „Es gab externe Einschläge, die man vorher nicht absehen konnte“, so der Arbeitsdirektor. Zudem habe die Pandemie das Unternehmen um vier Jahre zurückgeworfen. „Dass sich die Firma nicht früh genug anders ausgerichtet hat, lasse ich gelten“, gestand Schaaff aber ein.

Herbert Schaaff: „Neuer Eigentümer braucht die Belegschaft"

Wirtschaftsausschuss bekundet Solidarität

Erwartungsgemäß einstimmig angenommen wurde auch ein Antrag von CDU und Grünen, der den Beschäftigten von Vallourec größtmögliche Unterstützung zusicherte – mit dem Ziel, die beiden Standorte sowie ihre Industriearbeitsplätze zu erhalten.

„Aufgrund der beunruhigenden Nachrichten ist es angebracht und notwendig, dass sich der zuständige Wirtschaftsausschuss mit den aktuellen Entwicklungen in angemessener Weise auseinandersetzt“, hieß es in der Begründung der beiden Fraktionen.

Er gehe "optimistisch, wenn auch nicht überoptimistisch" in den Verkaufsprozess, der einen Zeitplan von sieben Monaten hat. Zwar konnte Schaaff auch im Ausschuss den schlimmsten Fall eines Scheiterns der Verkaufsgespräche und damit eine Schließung der beiden Standorte nicht komplett ausschließen, von einem Personalabbau wollte er aber definitiv nicht sprechen. „Das haben wir in den letzten zehn Jahren hinreichend getan“, meinte der Geschäftsführer. „Will ein neuer Eigentümer die Werke voll ausschöpfen, braucht er die Belegschaft.“

Gewerkschaftssekretär Horstkamp betonte noch einmal, dass Vallourec ein wichtiger Domino-Stein in einem funktionierenden System sei. „Das ist eine Wertschöpfungskette, die bei HKM in Duisburg beginnt“, so Horstkamp, der ergänzte: „Wenn es so weitergeht, dann fürchte ich, dass auch die anderen beiden Mülheimer Betriebe, Mannesmann Grobblech und Europipe, irgendwann davon betroffen sein werden.“ Die Betriebe seien untereinander vernetzt, weil sie wüssten, dass sie Glied einer solchen Kette sind.

Mülheims OB Buchholz wirft SPD einen Schauantrag vor

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Auch deswegen bezeichnete Oberbürgermeister Marc Buchholz den Vorschlag der SPD zur Einberufung einer Mülheimer Industriekonferenz als Schauantrag. Eine reine Mülheimer Runde könne nur ein Annex, also ein Zusatz, sein. „Es ist nicht unbedingt zielführend, nur eine Konferenz in Mülheim einzuberufen“, meinte auch Oliver Linsel von den Grünen. „Es macht sicherlich mehr Sinn, das über Mülheim hinaus auszuweiten“, ergänzte Herbert Schaaff.

Für die Sozialdemokraten argumentierte Sven Deege, dass im Antrag auch Mitglieder der Landesregierung und des Initiativkreises Ruhr als mögliche Gesprächspartner genannt waren. Bevor die Abstimmung scheiterte, schlug der OB eine Mülheimer Konferenz als Vorbereitung für eine möglicherweise noch größere Runde vor. Wahrscheinlich im Januar. „Dafür hätte es aber keinen Antrag gebraucht, das hätte der Oberbürgermeister auch so gemacht“, unkte Buchholz. Einstimmig stimmte der Ausschuss zu.