Mülheim. Die Easy Software AG kehrt dem Standort Mülheim den Rücken. Das börsennotierte Unternehmen will nach Essen ziehen. Was zu dem Umzug bekannt ist.

Mit der Easy Software AG verliert Mülheim absehbar ein weiteres namhaftes Unternehmen. Das Unternehmen verlagert seinen Sitz in die Nachbarstadt Essen, nachdem es 2019 noch Expansionspläne an seinem Standort neben der Hauptpost hatte.

Die Software-Schmiede, die sich auf die Digitalisierung von Geschäftsprozessen spezialisiert hat und seit 1990 am Markt ist, wird ihre Räumlichkeiten im sogenannten Easy Tower zwischen Hauptbahnhof und Forum in Mülheims Innenstadt dem Vernehmen nach im kommenden Jahr verlassen. Während das Unternehmen diese Nachricht aktuell nicht bestätigen mag, ist die Rede davon, dass sich „Easy“ in einem modernen Bürobau in Essens Innenstadt eine Etage angemietet haben soll – in Schlagdistanz zum Limbecker Platz und so erneut ganz in der Nähe des Radschnellweges. Die Mietfläche soll in Zeiten des florierenden Homeoffice’ einiges kleiner als am aktuellen Standort sein.

Wirtschaftsförderer zum Easy-Umzug: „Das ist für Mülheim natürlich nicht schön“

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„Das ist für Mülheim natürlich nicht schön“, sagte dieser Tage auf Anfrage der Redaktion Mülheims Chef-Wirtschaftsförderer Felix Blasch. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft habe Easy Software einige andere Immobilien in Mülheim angeboten, doch die Wahl sei bedauerlicherweise auf Essen gefallen. „Was ausschlaggebend dafür war, weiß ich nicht“, so Blasch. Einige Städte ringsum hätten um die Ansiedlung der Aktiengesellschaft geworben. Gefordert gewesen seien flexibel nutzbare Büroräumlichkeiten für ein „Arbeiten der Zukunft“.

Die Easy Software AG, 1990 in Düsseldorf gegründet und zwei Jahre später nach Mülheim umgezogen, ist mit über 13.600 branchenübergreifenden Installationen auf ihrem Geschäftsfeld nach eigenen Angaben eines der marktführenden Unternehmen für Softwareprodukte und Softwarelösungen in Deutschland. Das Unternehmen ist in 60 Ländern aktiv und beschäftigt aktuell fast 400 Mitarbeitende. Tochterunternehmen gibt es in Europa, Asien und den USA. Im Geschäftsjahr 2020 erzielte die Unternehmensgruppe Umsatzerlöse in Höhe von 49,2 Millionen Euro.

Easy Software blickt auf turbulente Zeiten mit allerlei internen Querelen zurück

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Die AG blickt auf turbulente Zeiten mit allerlei internen Querelen zurück. Im Frühjahr 2020 musste ein Vorstandsvorsitzender gehen, gegen den Vorwürfe laut geworden waren, die die AG am Ende zurückzog.Expansionspläne wurden auf Eis gelegt. Wieder stand eine Neuaufstellung an, die erst Anfang dieses Monats mit der Berufung von Heino Erdmann zum neuen Finanzvorstand zumindest personell abgeschlossen wurde.

International tätige Investmentgesellschaft strebt Übernahme von Easy Software an

Das ist Battery Ventures

Battery Ventures hat seit seiner Gründung im Jahr 1983 mehr als 400 Investitionen mit einem Volumen von knapp 9 Milliarden US-Dollar getätigt. Dabei liegt der Schwerpunkt der Aktivitäten auf Investitionen bei Anbietern von Software-Technologien.

Mehr Informationen zu Battery Ventures finden sich auf der Webseite battery.com.

Und auch die Eigentümerstrukturen sind im rasanten Wandel. Die global tätige Investmentgesellschaft Battery Ventures strebt über seine Holdinggesellschaft „deltus 36“ eine Beherrschung des Unternehmens an und hat sich bereits fast 75 Prozent der Anteile gesichert. Aktuell sind verbliebene Aktionäre aufgefordert, sich mit einem sogenannten Delisting-Erwerbsangebot des Investors auseinandersetzen. Dieses zielt darauf ab, ihnen samt üppiger Prämie weitere Aktien zu einem Stückpreis von 11,50 Euro abzukaufen und die Zulassung der Easy-Aktien am regulierten Markt zu widerrufen.

Vorstand und Aufsichtsrat von Easy Software haben den Aktionären bereits empfohlen, das Angebot anzunehmen. Battery sei ein Investor, der erfahren darin sei, technologieorientierten Unternehmen Wachstum zu ermöglichen. Battery könne hierfür aktuell nach eigenen Angaben auf Investitionsmittel von bis zu zwei Milliarden US-Dollar zurückgreifen. Die Easy-Führungsgremien glauben, dass ihr Unternehmen „von neuen und stabilen langfristigen Eigentumsverhältnissen profitieren kann“. Zukäufe und Innovationen verspreche man sich, insbesondere mehr Kraft für eine mögliche Verlagerung des Geschäftsmodells in die Cloud, auch Künstliche Intelligenz ist ein Thema.

Betriebsrat äußert Sorgen vor einem Stellenabbau bei Easy Software

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Als Risiko bewerten sowohl die Easy-Führung als auch der Betriebsrat, dass die Investorin versucht sein könnte, ihr finanzielles Engagement schon in naher Zukunft über das Unternehmen refinanziert zu bekommen. Zwar bewertet auch der Betriebsrat den Einstieg von Battery Ventures „grundsätzlich positiv“. Er zeigt sich aber besorgt ob der Ankündigung des Investors, „Easy“ nach Effizienzpotenzialen durchleuchten zu wollen, „insbesondere hinsichtlich einer Analyse der Personalsituation“, wie Betriebsratschef Michael Endter die Angst vor einem Stellenabbau in seiner Wertung zum bevorstehenden Deal ausdrückt.

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Anmerkung der Redaktion:

Am 29.11.2021 haben wir unter der Überschrift ,Mülheim verliert eine AG: Easy Software zieht es nach Essen‘ in einer früheren Fassung dieses Artikels berichtet, der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende und damalige Großaktionär Manfred A. Wagner soll den Erlös des Verkaufs einer Unternehmensbeteiligung in Höhe von drei Millionen privat eingestrichen haben. Wir stellen richtig, dass ein solcher Verdacht gegen Wagner nicht bestand. Wir bedauern diesen Fehler.