Mülheim. Die neue App „Faire Klamotten“ legt strenge Maßstäbe an und nennt nur zwei Läden in Mülheim. Second-Hand-Shops kommen gar nicht vor. Warum?
Eine neue Einkaufs-App soll den Weg weisen zu fair produzierter Mode. Zum Start sind Geschäfte in zwölf NRW-Städten erfasst, darunter auch in Mülheim. Wer die kostenlose App „Faire Klamotten“ installiert hat, sieht auf dem Handy ein weißes Herzchen auf rotem Grund. Die Frage ist, ob hinter dem hübschen Symbol auch brauchbarer Inhalt steckt?
Tatsächlich ja. Die Läden sind sortiert nach Städten, sowie nach Frauen- beziehungsweise Männerkleidung. Für Mülheim gibt es aktuell gerade mal zwei Shopping-Adressen: Eterna im Rhein-Ruhr-Zentrum und den Weltladen an der Kaiserstraße. Während Eterna als Markenstore auf öko-faire Mode spezialisiert ist, führt der Weltladen nur eine kleine Auswahl an Kleidung, worauf die App auch deutlich hinweist.
„Faire Klamotten“: Nur zwei Läden in Mülheim erfüllen die strengen Kriterien
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Wer nun meint, dass es in Mülheim doch mehr als zwei Geschäfte mit fair produzierter Mode geben müsse, kennt die strengen Kriterien nicht, nach denen die App funktioniert. „Das komplette Sortiment muss zuverlässig aus nachhaltigen Produkten bestehen“, erläutert Henriette Volz, eine von zwei Redakteurinnen, die hinter dem Projekt stehen. Entscheidendes Auswahlkriterium, um in die App zu kommen, sei ein Gesamtsortiment aus zertifizierter fairer Produktion, „mit einem großen Anteil aus Ländern des Globalen Südens“.
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„Viele Geschäfte reißen sich ein Bein aus, um genau das zu leisten“, ergänzt Henriette Volz, „und das sollte auch belohnt werden.“ Die Adressen hat das Kölner Team selbst recherchiert, bittet aber ausdrücklich um weitere Hinweise: Lieblingsläden, die Nutzer direkt über die App melden können. Sie würden dann geprüft.
„Second-Hand-Kleidung bringt gar nichts - nur ein gutes Gewissen“
Second-Hand-Shops, von denen es auch in Mülheim immer mehr gibt, sucht man auf „Faire Klamotten“ vergeblich. Sie wurden nicht vergessen, sondern „bewusst ausgeschlossen“, erläutert die Redakteurin. Begründung: „Der sekundäre Kleidungsmarkt packt das Problem nicht an der Wurzel. Entscheidend ist, wie das Produkt hergestellt wurde.“ Erst dann sei es ökologisch und nachhaltig. „Second-Hand-Kleidung bringt gar nichts“, meint Henriette Volz sogar. „Nur ein gutes Gewissen.“
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Sie erkennt eine wachsende Bereitschaft, mehr Geld auszugeben für fair produzierte Kleidung. Doch bewusste Kundinnen und Kunden wüssten oft nicht, wo sie die Sachen finden. Die App ist im Juli an den Start gegangen und wurde mit Landesmitteln gefördert. Sie ist daher frei von bezahlter Werbung - das gilt auch für die Rubrik „Finde deinen Style“, in der einzelne Produkte samt Bezugsquelle präsentiert werden.
Produkt-Tipps, aber keine bezahlte Werbung
Hier soll den Nutzerinnen und Nutzern etwas Orientierungshilfe geboten werden, erläutert Henriette Volz, deren Büro bislang vorrangig Reiseführer erstellt hat. „Mag jemand eher Blümchenkleider oder eher einen Businesslook?“ Auch in der Stilberatung soll es fair zugehen. Jeder Laden ist mit typischen Teilen vertreten.
Kostenlos für die Händler
Die App „Faire Klamotten“ gibt es zum kostenlosen Download in den bekannten App-Stores, sowohl für Android als auch fürs iPhone.
Das Projekt wurde gefördert durch Mittel aus dem Sonderprogramm „Digitalen und stationären Einzelhandel zusammendenken“ des Landes NRW.
Geschäfte, die genannt werden, müssen nichts dafür zahlen.
Für Menschen aus Mülheim könnte interessant sein, dass auch die Nachbarstädte Essen (vier Geschäfte mit fairer Mode), Duisburg (drei Läden) und Düsseldorf (acht Shops) vertreten sind. „Faire Klamotten“ listet die Kleidungsstücke auf, die jedes Geschäft führt, nennt die angebotenen Marken (zu denen man in einem separatem Register detaillierte Informationen nachlesen kann) und auch exemplarische Preise. So kann sich die Nutzerin darauf einstellen, dass ein T-Shirt im Weltladen etwa 25 Euro kostet, eine Bluse bei Eterna im Rhein-Ruhr-Zentrum rund 70 Euro aufwärts.
Henriette Volz ist überzeugt, dass höhere Preise für nachhaltig hergestellte Mode gerechtfertigt sind: „Niemand gibt 80 Euro aus für einen Pullover, der nach zwei Wochen kaputt geht. Darum sind fair produzierte Produkte automatisch qualitativ besser“, meint sie. Ob dieses Logik aufgeht, zeigt allerdings nur der Praxistest.