Mülheim. Chipkrise und Lieferprobleme beherrschen das Weihnachtsgeschäft 2021. Mülheimer Händlerinnen und Händler berichten, wo es bei ihnen hakt.

Die derzeitigen Lieferprobleme machen auch vor Weihnachten nicht Halt. Spezielle Ausfertigungen oder gar Sonderwünsche können oft nicht mehr pünktlich erfüllt werden. Voraussichtliche Lieferzeiten verschieben sich immer weiter nach hinten, zum Teil schon ins Jahr 2023.

Selbst beim Buchhandel zeichnen sich allmählich Lieferschwierigkeiten ab, berichtet Michael Fehst, Inhaber der Buchhandlung am Löhberg. Bislang kam es zwar nur zu verzögerten Lieferungen, doch bei Produkten aus China wird es problematisch.

Mülheimer Buchhändler bekommt kaum noch Pop-up-Karten aus China

„Das habe ich erst später erfahren, dass die aus China kommen“, gibt Fehst zu. Er spricht von den beliebten Pop-up-Karten, also Klappkarten, die zu besonderen Anlässen wie Hochzeit, Geburt oder Examen beim Aufklappen ein aufwändig gestaltetes, dreidimensionales Papierwunder präsentieren. „Aus China ist es gerade schwierig, die lassen nichts rein und nichts raus“, sagt Fehst. Er will zukünftig noch mehr darauf achten, bei Herstellern aus dem Inland zu bestellen.

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Auch Jutta Pfeiffer, Inhaberin der Papeterie „Papierwerk“ in Mülheim-Broich, bezieht ihre Ware hauptsächlich aus Deutschland. Das garantiert allerdings nichts, erzählt sie. Sie arbeitet hauptsächlich mit kleinen Manufakturen zusammen, wenn da jemand erkrankt, wird’s halt eng.

Papierwerk: Schokolade aus Bayern wird wegen Corona verspätet geliefert

Schokolade aus Bayern zum Beispiel kann aufgrund der dortigen Corona-Krankheitslage erst in vier Wochen geliefert werden. Voraussichtlich. Dann jedoch ist Weihnachten schon fast vorbei. „Aber die Kunden stehen nicht vor leeren Regalen“, betont Jutta Pfeiffer. „Es kommt ständige Neuware.“ Die aber wird eben verzögert geliefert und ist auch etwas teurer.

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Rohstoffe sind teurer geworden, Lieferwege ebenso, dauern dazu auch noch länger. Panikkäufe nach dem Motto „jetzt kaufen, sonst krieg’ ich nichts mehr“ sind nach Ansicht von Jutta Pfeiffer nicht notwendig. Solange die Kundschaft sich offen zeige, finde sich für jeden Geschmack etwas. „Es ist genügend Schönes da.“

Torsten Lennermann, Inhaber von Lenny’s Bahnshop in Styrum, freute sich in jüngster Vergangenheit über ein erstarktes Interesse an seinen Modelleisenbahnen und Carrera-Bahnen. Einige seiner 50plus Kunden entdeckten während des Lockdowns ihr altes Hobby wieder. „Lenny’s Bahnshop“ bot ihnen eine immense Auswahl.

Bahnshop-Inhaber: „Schwierige Zeit“ - Ware steckt in Containern fest

Jetzt aber, gut sechs Wochen vor Weihnachten, rät Lennermann, sich frühzeitig um Geschenke zu kümmern; reservieren, bestellen, wenn es geht, gleich kaufen. „Voraussichtliche“ Liefertermine würden inzwischen immer weiter nach hinten geschoben, „das kann bei einigen Loks auch Februar oder März werden“.

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„Es ist eine sehr schwierige Zeit“, bedauert Lennermann. Hauptsächlich alles, was mit Decodern und Platinen zu tun hat, wird knapp. Die Ware steckt in Containern und damit in Häfen fest. Teilweise informieren ihn die Hersteller über Versuche, diese wichtigen Bestandteile anderweitig einzukaufen. „Doch das wird teurer“. Frühzeitig bestellen, rät Lennermann immer wieder.

Lieferzeiten für Möbel verlängern sich auf bis zu 14 Wochen

Für Möbel verlängern sich die Lieferzeiten inzwischen um mindestens zwei Wochen, auf bis zu 14 Wochen, wenn die Ware nicht aus Europa kommt. Doch Frank Klein, Inhaber vom „Möbelhaus an der Ruhr“ in der Leineweberstraße, ist zufrieden: „Wir hatten ein gutes Jahr.“

Außerdem handelt er zu 95 Prozent mit Herstellern aus Europa, darüber hinaus viel mit kleinen Betrieben. „Die Abholung klappt zu 90 Prozent perfekt“, fügt er stolz hinzu. Klar sind die Liefertermine unverbindlich, aber manchmal werden sie auch unterschritten. Quasi als vorgezogene Weihnachtsüberraschung.

Bei Firmen, die zwar in Europa ihren Sitz haben, doch in Asien produzieren lassen, ordert Frank Klein kaum noch. „Wir wollen den europäischen Markt stärken, und der funktioniert hervorragend und hat deutlich bessere Qualität.“ Alle Deko-Artikel im Möbelhaus sind natürlich zum Mitnehmen.

Geduld und Gelassenheit sind gefragt

„Ja, es gibt erhebliche Lieferprobleme“, sagt auch Erich Beekmann, Inhaber der Geschäfte „Prüssmann Bürobedarf“ in der Innenstadt und in Saarn. Bei manchen Produkten kann er nicht herausfinden, warum sie nicht lieferbar sind. Blaue Pelikan-Tinte zum Beispiel. „Ob es die Tinte ist oder das Glas, wissen wir nicht.“

Die vielen Schreibgeräte aus Japan in seinem Sortiment sind zur Zeit statt der bislang üblichen acht Wochen zehn bis zwölf Wochen unterwegs. Manche Ware ist gar nicht lieferbar, auch wenn sie in der Bundesrepublik hergestellt wird. „Es wird immer schwieriger“, gesteht Beekmann, betont aber: „Noch ein Lockdown vor Weihnachten wäre viel schlimmer.“

Die Kundschaft zeigt sich mal verständnisvoll, insbesondere gilt das für Geschäftskunden; manche Privatkunden dagegen akzeptieren die Fakten nicht. Büroware mit verbauter Elektronik, wie Taschenrechner oder Aktenvernichter, kann nur so lange produziert werden, wie die dafür benötigten Rohstoffe vorhanden sind.

Fahrradhändler: Auch Ersatzteile für Reparaturen fehlen

„Wir haben Fahrräder da, und es kommen auch immer noch welche, aber das sind alte Bestellungen. Kurzfristige Wünsche äußern, geht gar nicht!“ So klar drückt sich Markus Sebold aus, Inhaber des Fahrradladens „Zweirad Sebold“. Er setzt aber gewitzt hinzu: „Ich könnte da noch was für nächstes Jahr Weihnachten ermöglichen.“

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Humor benötigt er leider ab und an, wenn enttäuschte Kundschaft ihm nicht glauben will, dass er das gewünschte Rad nicht hat. Ob E-Bike oder klassisches Fahrrad, beide Bereiche sind betroffen. Auch Reparaturarbeiten werden immer schwieriger, weil die Ersatzteile fehlen, obwohl Sebold und sein Team sehr erfinderisch darin sind, sich anderweitig zu behelfen. Die Lage wird wohl noch einige Zeit schwierig bleiben, vermutet er.