Mülheim. Nach dem BGH-Urteil zu unzulässigen Bankgebühren will die Sparkasse Mülheim Gebühren nicht pauschal erstatten. Andere Banken zahlen bereits.

Kein Widerspruch bedeutet nicht mehr Ja. Nach der Schweigen-ist-Zustimmung-Regelung haben Banken und Sparkassen in der Vergangenheit zwar häufig Gebühren erhöht. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte diese auch bei Mülheimer Geldinstituten übliche Praxis im Frühjahr in einem Fall der Postbank für unwirksam. Für Verbraucherschützer ist deshalb klar: Das höchstrichterliche Urteil gilt auch für alle anderen Banken. Während aber die ersten Banken und Sparkassen in anderen Städten ihren Kunden bereits Gebühren erstatten, hat die Sparkasse Mülheim entschieden, dass es keine pauschale Gebührenerstattung geben wird. Stattdessen arbeite man an neuen AGB.

Die Sparkasse Mülheim, die nach eigenen Angaben rund 80.000 Kunden betreut, hatte im Sommer angekündigt, die Urteilsbegründung zur möglichen Rückerstattung von zu viel gezahlten Kontogebühren genau prüfen zu wollen. Jetzt ist man einige Schritte weiter. „Grundsätzlich wurde entschieden, dass es keine Gebührenerstattung gibt. Per 30. September haben wir allerdings unseren Kunden die alten Preise in Rechnung gestellt, die bis zur Veröffentlichung der neuen AGB ihre Gültigkeit behalten“, heißt es aus der Kommunikationsabteilung am Berliner Platz.

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Die neuen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sollen Ende Oktober veröffentlicht werden. „Diese rund 130 Seiten lange Information muss von gut 80.000 Kunden gelesen und aktiv zugestimmt werden. Das ist ein noch nie da gewesener Prozess für Kunde und Sparkasse, den aufgrund des BGH-Urteils nun jedes Kreditinstitut gehen muss“, erklärt eine Sprecherin.

Commerzbank hat entsprechende AGB-Klausel bereits angepasst

Bei der Commerzbank, die in Mülheim nach eigenen Angaben mehr als 20.000 Kunden zählt, ist es nach Aussage einer Pressesprecherin zu ersten Rückerstattungen gekommen. Mit umfangreicheren Erstattungen von unwirksam vereinnahmten Entgelten nach dem BGH-Urteil soll voraussichtlich Mitte Dezember begonnen werden. „Insgesamt ist dieser Prozess sehr aufwendig. Die dafür notwendigen Analysen und Abstimmungen benötigen eine gewisse Vorlaufzeit“, beschreibt die Sprecherin und führt aus: „Für den Zeitraum vor dem BGH-Urteil erfolgt die Rückerstattung individuell – das heißt abhängig von der jeweiligen Situation des Kunden. Es wird geschaut, seit wann er Kunde ist und welche Produkte er abgeschlossen hat.“

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Wolle ein Commerzbank-Kunde seine möglichen Erstattungsansprüche prüfen lassen, könne er sich mit der Bank in Verbindung setzen. Nach dem Urteil des BGH holt die Commerzbank seit Mitte August die aktive Zustimmung ihrer Kunden ein. Davon betroffen seien alle, die bereits vor Mai 2021 Kunden der Commerzbank waren. „Denn seit Mai 2021 entsprechen die AGB dem BGH-Urteil vom Frühjahr dieses Jahres“, betont die Pressesprecherin.

Sparda-Bank West spricht von „sehr wenigen“ Anfragen zur Gebührenerstattung

Für vergleichsweise wenig Arbeit sorgt bislang die Rückerstattung zu viel gezahlter Bankgebühren bei der Sparda-Bank West, die in Mülheim rund 12.800 Kunden hat. „Gemessen an unserer Kundenanzahl haben nur sehr wenige Kundinnen und Kunden bisher eine Gebührenerstattung verlangt“, ordnet Pressesprecherin Ulrike Hüneburg ein.

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Gang und gäbe war die Schweigen-ist-Zustimmung-Regelung auch bei der National-Bank. „Wir haben in der Vergangenheit für Entgeltanpassungen, ebenso wie die gesamte deutsche Kreditwirtschaft, den AGB-Änderungsmechanismus verwendet“, verdeutlicht Gregor Stricker, Leiter des Vorstandsstabs National-Bank mit Sitz in Essen.

Die National-Bank hat in Mülheim Rückerstattungen in einer Größenordnung zwischen 15 und 30 Euro geleistet

Mit Veröffentlichung des BGH-Urteils habe die National-Bank, die keine Angaben zur Anzahl ihrer Kunden in einzelnen Niederlassungen machen will, von der Nutzung dieser AGB abgesehen und stattdessen seit Ende September um eine aktive Zustimmung ihrer Kunden zu den modifizierten AGB sowie zum Preis- und Leistungsverzeichnis gebeten.

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„Nach nur rund drei Wochen bewegt sich die aktuelle Zustimmungsquote der Kunden der Niederlassung Mülheim bereits bei etwa 40 Prozent“, schildert der Vorstandsstabsleiter den aktuellen Stand. Bislang haben sich nach Aussage Strickers sechs Mülheimer Kunden an die Bank gewandt und um Erstattung von Entgeltanpassungen gebeten. Stricker: „Dem ist die Bank mit erstattungsfähigen Beträgen in einer Größenordnung zwischen 15 und 30 Euro nachgekommen.“

Ex-BAMH-Chef Hartmann will Gewinnausschüttung der Sparkasse reglementieren

Über einen Bürgerantrag hatte Jochen Hartmann, ehemals parteiunabhängiger Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters und ehemaliger BAMH-Fraktionschef, als Anregung in den Hauptausschuss eingebracht, über die künftige Verteilung der Gewinnausschüttung der Sparkasse nachzudenken. „Die Kundenunfreundlichkeit der Mülheimer Sparkasse ist hinlänglich bekannt. Beispielhaft seien die Kündigungen der Prämiensparverträge bei langjährigen Kunden, die Schließung von Filialen und die Erhöhung von Gebühren genannt“, schreibt Hartmann in seinem Antrag.

Jochen Hartmann, ehemals parteiunabhängiger Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters und ehemaliger BAMH-Fraktionschef
Jochen Hartmann, ehemals parteiunabhängiger Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters und ehemaliger BAMH-Fraktionschef © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Es sei „nicht sicher davon auszugehen, dass die Sparkasse Mülheim den Kunden die Gebühren erstattet und auf die Kündigung der Girokonten im Falle einer Einforderung der Erstattung verzichtet“, so Hartmann weiter.

Stadt: Sparkasse ist selbstständige Anstalt des Öffentlichen Rechts

Er rege daher an, „die Entscheidung über die Verteilung der Gewinnausschüttung der Sparkasse, die der Rat zu treffen hat, daran zu koppeln, dass die Sparkasse sich verpflichtet, sowohl die Gebühren unverzüglich zu erstatten und auf die Kündigung von Konten infolge der Geltendmachung der Rückforderung verzichten zu wollen.“

Aus Sicht der Stadt sei aber die Koppelung der Entscheidung über die Ausschüttung oder Einstellung der Rücklage an ein konkretes Geschäftsverhalten der Sparkasse nicht zulässig. Das geht aus einer Stellungnahme der Verwaltung dazu hervor. Das Geschäftsverhalten der Sparkasse im Umgang mit ihren Kunden betreffe allein den Aufgabenbereich der Sparkasse als selbstständige Anstalt des Öffentlichen Rechts, heißt es darin. Überdies sei über den Sparkassen-Jahresüberschuss 2020 bereits in der Ratssitzung im Juli dieses Jahres entschieden worden.